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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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kürzester Zeit mehr Geschick bei der Brautschau beweisen.
    Er streckte den Arm aus. Eine wunderschöne Schneeflocke landete weich auf seinem Handrücken. Noch bevor er nach ihr greifen konnte, schmolz sie und hinterließ nur einen feuchten Fleck, der wie eine zerplatzte Träne aussah.

10
    H AMBURG , S ANTA F U
    Kurz hatte Henri überlegt, auf dem Weg zum Verkaufstresen in der Anstaltskirche links abzubiegen und einfach wieder in den Zellentrakt zurückzugehen, ohne sich noch einmal umzuschauen. Doch irgendetwas, mehr Gefühl als Gedanke, hatte ihn davon abgehalten, und nun stand er mit zwei dampfenden Kaffeebechern in den Händen wieder vor dem Mönch.
    Jetzt, wo er ihn ein zweites Mal betrachtete, erinnerte ihn der Ordensbruder mit seinem gedrungenen Rumpf, den kurzen Armen und dem mächtigen Bauch, der sich unter der Kutte wölbte, an eine braun gefärbte Kopie des Michelin-Männchens. Wieder versuchte Henri, in dem rundlichen Gesicht zu lesen, konnte es aber nicht. Einen Augenblick lang entdeckte er darin die fast kindlichen Züge eines dicklichen Jungens, die sich jedoch im nächsten Moment in das von Furchen durchzogene Antlitz eines alten Mannes verwandelten. Dieser Effekt ließ seinen Puls schneller schlagen, und er fühlte sich an eine dieser mit schwarzer Tusche gemalten Zeichnungen erinnert, die je nach Perspektive des Betrachters eine alte Hexe oder eine junge Frau zeigten. Aufs Neue irritiert, ließ er sich wieder nieder und pustete verlegen über seinen Kaffeebecher hinweg.
    Sein Leben lang hatte Henri Freihold zu denjenigen gehört, die ihre Gesprächspartner dominierten. Sowohl als promovierter Jurist in Freiheit als auch als sicherheitsverwahrter Anwalt im Knast. Er war einer der wenigen, denen der Gefängnisdirektor auf Augenhöhe begegnete. Und nun kam plötzlich dieser Kuttenträger und behandelte ihn wie ein kleines Kind; und was noch schlimmer war – er fühlte sich in dessen Gegenwart auch so. Henri blickte auf und bemerkte, dass der Mönch ihn mit einem milden Lächeln musterte, ohne Anstalten zu machen, etwas zu sagen. Es war an der Zeit, dass er sich zusammenriss und die Sache klärte.
    »Was ist das für ein –«
    »Angebot, das ich dir unterbreiten will?« Der Mönch hatte ihn sofort unterbrochen, ohne dabei das wohlwollende Schmunzeln zu verlieren.
    Henri nickte. Er konnte sich wirklich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal überhaupt geduzt worden war.
    Der Mönch beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf den Tisch und faltete die Hände vor seiner Brust wie zum Gebet. »Es geht um die Teilnahme an einer Lotterie.«
    Henri stöhnte auf und stellte den Becher so hart auf dem Tisch ab, dass ein Schwall Kaffee überschwappte und auf der Tischplatte landete. Also doch jemand, der ihm etwas verkaufen wollte. Konnte das möglich sein? Ihm, dem Knacki. Dreißig Jahre nachdem er seinen Vater besucht hatte? Ein als Diener Gottes verkleideter Glücksspielvertreter, der über Jahrzehnte und Generationen hinweg sein Adressbuch abarbeitete.
    Ärger stieg in Henri auf. Plötzlich spürte er die fleischige Hand des Mönchs auf der seinen. Sie fühlte sich warm und weich an. Schon wollte er seine Hand zurückziehen, doch irgendetwas hinderte ihn daran. Sie war wie gelähmt.
    »Hör mich an, bis ich fertiggesprochen habe, und dann triff deine Entscheidung.« Der Mönch sprach nicht wie ein Verkäufer, sondern eher wie ein Missionar.
    Henri verharrte, ohne sich zu bewegen. Im Geiste erhob er sich und verließ den Raum, doch nun gehorchten auch seine Beine nicht mehr seinem Willen.
    Der Mönch griff mit der anderen Hand unter sein Gewand und beförderte einen Umschlag heraus, den er zwischen ihnen auf den Tisch legte.
    »Das ist dein Los«, sagte er und deutete mit einem Nicken auf den Umschlag.
    Henri blickte sich nach dem Wärter um, der einige Meter entfernt an der Wand lehnte und gelangweilt die Gespräche an den Nachbartischen beobachtete. Er war sich nicht sicher, ob Besucher Gefangenen überhaupt etwas übergeben durften.
    »Sie haben es am Eingang durchleuchtet – alles okay«, beruhigte ihn der Mönch, als habe er die Gedanken seines Gegenübers gelesen.
    Endlich gehorchte Henris Hand ihm wieder, und er entzog sie dem Griff des Mönchs. Er tastete sie mit der anderen Hand ab und knetete sie, als gelte es, sie wieder zum Leben zu erwecken.
    »Es handelt sich um eine sehr alte Lotterie. Ein Schweigegelübde hindert mich daran, dir alle Details zu nennen. So viel sei aber gesagt: 1764 hat

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