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Das Los: Thriller (German Edition)

Das Los: Thriller (German Edition)

Titel: Das Los: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Spiel, bei dem man unter der Hitze der TV-Scheinwerfer schnell dehydrierte.
    Sie brauchte ein Zeichen. Irgendeins.
    Sie spielte mit dem Anhänger um ihren Hals. Er war kalt. Mit den Fingern fuhr sie die Narbe an ihrem Unterarm entlang.
    Gewöhnlich schaute sie nicht ins Publikum, doch plötzlich erregte ein Zuschauer ihre Aufmerksamkeit, der zwischen dem bunt gekleideten Pokervolk durch sein Äußeres hervorstach. Von Weitem sah er tatsächlich aus wie ein kleiner Mönch. Ein Bild von einem Mönchlein, wie man es auf Etiketten von Bierflaschen fand. Gerade wollte sie sich abwenden, als er wie zum Gruß die Hand hob.
    »Was ist, Kleines. Glück hin oder her. Spielst du mit mir?«, fragte Maurizio provozierend.
    Kurz wandte sie sich zu ihm, dann wieder zu dem Mann im Publikum, der eine Mönchskutte trug. Wieder hob er seine Hand, als wolle er ihr zuwinken.
    »Ich gehe mit«, sagte Trisha entschlossen, und ein Raunen erhob sich.
    Maurizio warf seine Karten offen auf den Spieltisch und stand auf. Auch Trisha erhob sich. Maurizios Pik-Ass und Karo-König gegen ihre Herz-Dame und den Kreuz-Buben.
    Die anderen Spieler am Tisch hielt es kaum auf den Plätzen. Würde Trisha gewinnen, müsste Maurizio ausscheiden. Dann stünde es fest, dass alle anderen sich im Oktober beim großen Finale wiedersehen würden.
    Trisha schaute konzentriert auf die bereits aufgedeckten Karten.
    Der Geber drehte die nächste Karte um. Herz-Drei. Die nützte niemandem. Dann die letzte Karte. Karo-Zehn.
    Das laute Johlen aller Spieler am Tisch übertönte Maurizios »Fuck«. Die letzte Karte bedeutete für Trisha eine Straße. Eine Straße ins Finale im Oktober. Trisha bahnte sich den Weg zu Maurizio und umarmte ihn kurz.
    »Du hast siebenhunderttausend Dollar gewonnen«, raunte sie ihm ins Ohr.
    »Fuck!«, antwortete er. Nur mühsam hielt er seine Tränen zurück.
    Dann drehte sie sich zu den anderen Spielern um und beobachtete, wie das Gemälde um sie herum durcheinandergeriet, Farben ineinander verliefen, lachende Gesichter weiße Tupfer auf der Leinwand darstellen.
    Plötzlich erinnerte sie sich an den Zuschauer in der Kutte und stellte sich auf die Zehenspitzen, um an den sich abklatschenden Mitspielern vorbei ins Publikum zu schauen. Dort, wo eben noch der Mönch gesessen hatte, erkannte sie nur noch eine Lücke auf der Tribüne. Sie legte ihre Hände an den Hinterkopf und atmete tief durch.
    Zum ersten Mal seit Monaten, ja vielleicht sogar zum ersten Mal in ihrem ganzen Leben fühlte sie sich wirklich erleichtert. Wie der zweite Augenblick nach dem Erwachen aus einem Albtraum. Eine Million Dollar waren ihr sicher. Mit jedem Platz, den sie sich in drei Monaten im Finale nach vorne kämpfte, würde sie einige hunderttausend, vielleicht sogar Millionen Dollar mehr gewinnen. Sie würde ihren Eltern alles beichten und ihnen ein Vielfaches des von ihnen geliehenen Geldes zurückgeben. Die hohen Zinsen, die sie ihnen dabei zu zahlen gedachte, würden es ihnen leichter machen, ihr zu verzeihen.
    Sie war nun reich.
    Und niemand, wirklich nichts und niemand würde ihr diesen neuen Reichtum mehr nehmen können.

26
    H AMBURG , S ANTA F U
    Sein Gehör war extrem sensibilisiert. Es war wie bei einem Blinden, nur dass er nicht durch einen Sehfehler in der Dunkelheit gefangen war. In seiner Zelle kannte er jedes Geräusch. Zu viele Stunden seines Lebens hatte er auf diesen sieben Quadratmetern verbracht. Er erhob sich von dem Stuhl, auf dem er gerade gesessen und an dem Fall für den Geldbüßer gearbeitet hatte, ging zu seinem Bett, hob die Matratze an und griff nach dem darunter versteckten Mobiltelefon. Es war auf Vibrieren gestellt, aber er hatte das Summen durch den Schaumstoff der Auflage wahrgenommen. Er schaute auf das Display. Verbeeck.
    »Hallo«, meldete er sich im Flüsterton, denn Mobiltelefone waren hier drin streng verboten. Es hatte ihn einige Paketmarken gekostet.
    »Das Los scheint echt zu sein – echt alt«, sagte eine Stimme mit belgischem Akzent. »Oder aber sehr gut gemacht. Mehr kann ich bei einem bloßen Foto nicht sagen.«
    »Wie geht es dir da draußen?«, fragte Henri, die Zellentür stets im Blick.
    »Wie neugeboren. Oder frisch ausgeschissen. Ich weiß noch nicht so recht.«
    Henri fragte sich, ob der Belgier dies nur sagte, damit er sich im Knast nicht so schlecht fühlte.
    »Aber ich weiß, wo dein Pater Pius steckt.« In Verbeecks Stimme schwang Triumph mit.
    »Wie das?«, rief Henri erstaunt und biss sich auf die Lippen. Er

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