Das Los: Thriller (German Edition)
bräuchte ich …«
»Einen Moment. Die habe ich gerade einem jungen Mann gegeben … 1828.«
Trisha war beeindruckt. Chad musste schnell unten gewesen sein.
»Vielen Dank. Hat er schon ausgecheckt?«, fragte sie nach. Ihr Herz klopfte aufgeregt.
»Noch nicht«, antwortete die Frau.
Trisha legte auf. Dann hob sie den Hörer erneut auf und wählte die Zimmernummer des Mönchs. Ein nervöses Besetztzeichen schmerzte in ihren Ohren.
Sie ergriff das Los und eilte zur Tür der Hotelsuite. Auf dem dort angebrachten Fluchtplan des Hotels konnte sie erkennen, dass das Zimmer 1828 drei Stockwerke unter ihrem lag. Schnell zog sie sich ein paar Schuhe an und eilte über den Hotelflur zum Fahrstuhl. Die Anzeige verriet, dass der nächste Fahrstuhl noch zwölf Stockwerke entfernt war. Rasch wandte sie sich dem Treppenhaus zu und lief hinab. Nachdem sie die richtige Etage erreicht und mit Mühe die schwere Brandschutztür geöffnet hatte, orientierte sie sich an den kleinen Schildern, die den Weg zu der von ihr gesuchten Zimmernummer wiesen. Der weiß gestrichene Korridor, dessen Seiten alle paar Meter zwei aneinandergrenzende Zimmertüren säumten, schien kein Ende nehmen zu wollen, und schon geriet sie außer Atem.
Endlich stand sie vor dem ovalen roten Schild mit der Zimmernummer »1828«. Als Trisha klopfte, glaubte sie, dahinter ein Geräusch zu vernehmen. Schon wollte sie ein weiteres Mal klopfen, als sie bemerkte, dass die Tür einen Spalt offen stand.
»Hallo?«
Als niemand antwortete, drückte sie vorsichtig die Tür auf, die Zentimeter um Zentimeter den Blick ins Hotelzimmer freigab.
»Hallo? Ist da jemand?«, rief sie.
Sie fühlte, wie ihr Hals trocken wurde. Jeder Herzschlag tat ihr im Schädel weh. Vielleicht hörte der Mönch schlecht, wenngleich sie sich nicht erinnern konnte, dass er an Schwerhörigkeit litt.
Mit vorsichtigen Schritten trat sie ein. Sie war, nachdem sie bei der Poker-WM die ersten Runden überstanden und sich somit ein ordentliches Preisgeld gesichert hatte, in eine der Suiten gewechselt. Der Raum, in dem sie sich jetzt befand, war eines der Standardzimmer. Trisha ging an der geschlossenen Tür vorbei, die, wie sie wusste, ins Bad führte. Sie hatte keine Lust, einen Mönch womöglich beim Duschen zu überraschen.
Vielleicht sollte sie einfach wieder umkehren und draußen warten. Oder jemanden vom Room Service holen. Während sie in Gedanken rückwärts aus dem Zimmer marschierte, taten ihre Beine das Gegenteil und durchquerten den dunklen Flur. Die Vorhänge waren halb geöffnet, und das Licht war schummrig. Trishas Blick fiel auf ein zerwühltes Bett, auf dem ein großer, eckiger Lederkoffer mit goldenen Beschlägen lag. Um ihn herum waren einige Kleidungsstücke wild verstreut, alle weiß oder braun. Trishas erster Gedanke war, dass jemand den Inhalt des Koffers ausgeschüttet hatte. Vielleicht aber wollte der Mönch gleich den Koffer packen. Auf dem Nachttisch stand eine leere Flasche Orangensaft, daneben ein halb volles Glas.
»Hallo?« Trisha erschrak über ihre eigenen Worte.
Immer noch antwortete niemand. Vielleicht war der Mönch tatsächlich noch im Bad. Hoffentlich würde er nicht glauben, sie hätte in seinen Sachen gewühlt. Plötzlich unterbrach etwas die Stille. Es klang wie ein Gurgeln und schien irgendwo links neben dem Bett seinen Ursprung zu haben, wo Trisha noch nicht hingegangen war. Dann hörte sie einen zischenden Laut, der sie an eine schlecht belüftete Heizung erinnerte. Langsam ging sie auf die linke Bettseite zu.
Bei dem Anblick, der sich ihr bot, wollte Trisha schreien. Doch der Schrei blieb ihr im Halse stecken. In dem schmalen Gang zwischen Bett und Fensterfront lag ein Mensch, und um seinen Kopf herum schimmerte es feucht auf dem Teppichboden. Erst allmählich erkannte Trisha das blutverschmierte Gesicht des Mönchs. Die rasch größer werdende Lache unter seinem Kopf war Blut.
»Was …«, stammelte sie.
Im nächsten Moment zwängte sie sich neben den in einen braunen Umhang gekleideten Körper und kniete sich nieder. Auf dem Boden sah sie den unteren Teil einer zerbrochenen Nachttischlampe, mit der nackten Glühbirne in der Fassung. Daneben hing, an einem grauen Kabel, der Telefonhörer vom Nachttisch herab.
»Können … Sie mich hören?«, krächzte sie mühsam.
Das Gesicht des Mönchs schien eine einzige blutige Masse zu sein, in der sie den Mann von gestern Abend kaum wiedererkannte. Gerade wollte sie sich erheben, um Hilfe zu holen, als
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