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Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Titel: Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Fischer , Manfred Maurenbrecher
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für die harte Zeit. Es war eine Tour der Sonderklasse, einfach schön.
    Unterwegs zu mir
    Sechs Jahre vor diesem Desaster war ich mit Benjamin von Zehlendorf nach Kleinmachnow gezogen. Wir hatten aus unserer Wohnung herausgemusst, und auf der Suche nach einer Alternative kam uns mein Steuerberater zu Hilfe. Er schlug mir vor, wir könnten doch in eine Wohnung in seinem neu erbauten Haus in Kleinmachnow ziehen. Auf den ersten Blick eine gute Lösung. Auf den zweiten Blick ein Fehler.
    Benjamin und ich hatten eigentlich beide in unserem Kiez Zehlendorf bleiben wollen. Mit dem Einleben in Kleinmachnow taten wir uns schwer, Benjamin litt unter den langen Strecken, und mir als Single bereitete es irgendwie Probleme, Anschluss in der Nachbarschaft zu finden. Ein fremder Ort auf dem Land. Erinnerungen an meine Mutter kamen hoch. Sie lebte sich ihr Leben lang nicht ein auf dem Land.
    Als mein Sohn dann eine feste Freundin hatte, kam etwas mehr Leben in die Bude. Gleichzeitig wusste ich: Wir spielten auf Zeit, Benjamin würde eines nicht allzu fernen Tages seinen eigenen Weg gehen.
    Dieser Tag war im Jahr 2004 gekommen. Mein Sohn zog aus und ins Zentrum der Stadt. Er war voller Tatendrang. Nach dem Abitur hatte er erfolgreich ein Studium an einer Privatuni absolviert, Medieninformatik, und wollte sich nun mit einer eigenen Agentur selbstständig machen. Ich war froh, dass er mutig seine Vorstellungen verwirklichte. Gleichzeitig war es für mich wieder eine schmerzhafte Trennung. Und ein Prozess der Gewöhnung, der nur langsam voranschritt. Manchmal überkam mich das Gefühl, dass es jetzt auf den Schlussakt zuging. Zum Glück war das nur vorübergehend.
    Ohne Benjamin wollte ich nicht länger in Kleinmachnow bleiben. Ich fand eine schöne Wohnung zwischen Steglitz, Dahlem und Schmargendorf – eine Ecke im Süden Berlins, die mir gleich gefiel. Hier ist Stadt und trotzdem Grün, zum ersten Mal dachte ich: So könnte es bleiben.
    Ich war noch nicht richtig eingezogen, als ich die Nachricht erhielt, ich solle mich bei Ulrich Mühe melden. Bei dem Schauspieler? Gespannt wählte ich die Nummer, die ich erhalten hatte.
    Ulrich Mühe erzählte mir, er kümmere sich seit Jahren um sein sächsisches Heimatstädtchen Grimma und das Gelingen des dortigen Stadtfestes, er unterstütze die Betreiber vor Ort, das sei ihm eine Herzensangelegenheit. Und diesmal habe er erfahren, dass ich mit meiner Band eingeladen sei. Das habe ihn auf die Idee gebracht, wir könnten dort doch zusammen ein Duett singen.
    Klar, gern! Ich schlug ihm »In deiner Hand« vor, ein Stück, das ich mit Holger Biege 2001 bei meiner Jubiläumstour gesungen hatte, es bot sich irgendwie an. Ulrich Mühe war einverstanden. Das Lied gefiel ihm.
    Bei der Probe begegnete ich einem sehr netten, tiefsinnigen Künstler, der mir gleich bei der ersten Begegnung gestand, dass er die Musik von mir und Manfred Krug immer gemocht habe. Meine Freude machte die Zusammenarbeit mit ihm noch leichter. Fast alle Schauspieler singen gern, aber im Unterschied zu uns Sängern legen sie eher Wert auf den Text als auf die Stimmgebung; Ulrich wollte seinen Heimatort würdigen, er war ein erfolgreicher Sohn der Stadt, der es später zu einem Oscar bringen sollte – für seine Rolle in dem Film »Das Leben der Anderen«. Seine Motivation für unser Duett war berührend.
    Andreas (am Klavier), Ulli und ich probten, bis das Lied saß und es keine Schwächen mehr gab.
    Es war ein sonniger Herbst, wir genossen nach den Proben die gemeinsame Zeit im Freien. Ulli war wirklich ein feiner und intelligenter Mann, ich freute mich auf unseren Auftritt.
    Während ganz Grimma bereits in Feierlaune war, bekam aber Ulli hinter den Kulissen das Flattern. Er war aufgeregt, weil er so selten live auf der Bühne sang. Er, der ganze Theater mit seiner Bühnenpräsenz in den Bann schlagen konnte! Aber Stadtfeste folgen ihren eigenen Gesetzen, das Publikum ist bunt gemischt, jeder hat unterschiedliche Erwartungen. Es ist etwas völlig anderes, wenn man vor »eingefleischten« Fans spielt. Bei unserem Auftritt passierte dann trotz unserer guten Vorbereitung, was leider immer passieren kann: Ulli hatte einen Blackout. Alles war weg, er verpasste seinen Einsatz, die Worte waren im Niemandsland verschwunden. Ich versuchte so gut es ging zu soufflieren, er hing mir regelrecht an den Lippen, konnte bei dem Lärm aber kaum etwas verstehen. In seinen Augen pure Verzweiflung, ich war hilflos. Mir war das Lied ja vertraut,

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