Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Titel: Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Fischer , Manfred Maurenbrecher
Vom Netzwerk:
Entstehung beteiligt, noch hatte ich sonst irgendetwas zu sagen. Aber vorerst nahm ich das hin, ich hatte schließlich lange genug mit Franz gearbeitet und vertraute seinem Können und seinem Gefühl für meine Art von Musik.
    Michael Kunze und Bernd Meinunger hatten sich erfreulicherweise über unser bisheriges Schaffen informiert. Ich reiste nach München für ein erstes Kennenlernen und um mir ihre Textvorschläge anzuschauen. Was mir dort erst klar wurde – das sollten gar keine Vorschläge sein, es waren feste Vorgaben. Allerdings entsprachen diese Texte weder meinem Lebensgefühl noch meinem Verständnis von Sprache für meine Musik. Ich lehnte den Großteil ab. Das habe ich, wenn ein Text meinem Grundgefühl völlig widersprach, schon immer getan. Die Kraft zu entscheiden, was mir entspricht und was nicht, ist Teil meiner Berufsfähigkeit, meiner Professionalität. Auch Kurt Demmler hatte gleich am Anfang unserer Zusammenarbeit erfahren müssen, dass sein Bild von mir zu der Wirklichkeit, wie ich sie lebte, nicht passte. Doch er hatte rasch dazugelernt. Die erfolgsverwöhnten Westtexter aber waren irritiert, dass ich es wagte, Nein zu sagen. Noch dazu als frisch aus dem Osten »Rübergemachte«. Sie gingen zum Gegenangriff über und stellten mein letztes Album Goldene Brücken infrage; sie bezeichneten es als Bandwerk, einer Solistin nicht dienlich. Ich hielt dagegen, nur im Team könne sich etwas Größeres entwickeln. Dieser Meinung bin ich übrigens immer noch.
    Ich konnte es zu jener Zeit nur schwer erkennen, aber damals wurde für mich eine entscheidende Weiche falsch gestellt. Zwar könnte man aus unserem letzten gemeinsamen DDR-Album Bombast und musikalische Selbstverliebtheit heraushören, so wie das meine neuen Berater und Begleiter im Westen taten. Man kann aber auch die rockmusikalische Energie, den ungewöhnlichen Brückenschlag zwischen Sinnlichkeit und Härte wahrnehmen wie in einem meiner Lieblingssongs »Vagabund«. Hier war etwas entstanden, das ganz frisch war, ein neuer Gesamtsound, den ich als Sängerin in allen Facetten tragen und anführen konnte. Diesen Sound entwickelte meine Ostberliner Begleitband übrigens weiter, nachdem sie zu Pankow geworden war. Verwandt damit war auch die Musik von Silly – unversehens wurden beide Bands dann im Westen als Teil einer neuen DDR-Generation wahrgenommen: die der Kinder vom Mont Klamott, wie Tamara Danz von Silly sang. Goldene Brücken war ein Vorreiter.
    Diese jüngeren DDR-Bands bekamen von ihrem Staat jetzt plötzlich auch andere Möglichkeiten zugedacht, durften widerständiger klingen und trotzdem reisen, im Westen Platten veröffentlichen, waren Exportartikel und gepflegte Neinsager. Im Vergleich zu ihnen war unsere Band das ältere Geschwisterkind gewesen, das gegen viel mehr Verbote anzukämpfen hatte als die Kleinen.
    Mit dem heutigen Durchblick hätte es für Franz und mich nahegelegen, uns allen Engstirnigkeiten zum Trotz in Westberlin ein neues Team zu suchen und dort weiterzumachen, wo wir mit Goldene Brücken stehen geblieben waren. Wir hatten doch im Osten einen erfolgreichen Trend angebahnt! Ich hätte das liebend gern fortgesetzt. Aber dieser Weg wurde nicht mehr weiterverfolgt, Franz war auf anderen Boden ausgewichen, auf ausgetretene Pfade.
    Mit der WEA und den beiden Startextern folgten Auseinandersetzungen. Wir kamen nicht miteinander klar, sie beschwerten sich bei der Firma über mich: Die will nicht singen, was wir wollen. Ich wurde zu Kompromissen gedrängt, während Franz sich aus den Diskussionen heraushielt, und sortierte das Material in zwei Kategorien: Songs, die ich mit mir vereinbaren konnte, und solche, die ich auf keinen Fall singen würde.
    Da war sie, die künstlerische Krise. Stagnation. Eine Frau um die dreißig mit Kind und Ehemann wird in die Abteilung heile Welt eingetütet, ist plötzlich nur noch in der Rubrik Schlager zugelassen. Ganz egal, was sie vorher gemacht hat, welches Potenzial in ihr steckt.
    Doch es half nichts, ich musste meinen Vertrag erfüllen. Mit Michael Kunze fand ich mit der Zeit einen Weg. Aber mit Bernd Meinunger lief nichts zusammen, ich lehnte alle seine Texte ab. Seine Frau und er nahmen mich bei einem Besuch in München einmal in ihre Mitte und raunten mir suggestiv zu: »Du willst doch Erfolg…« Natürlich wollte ich den, nur nicht um jeden Preis!
    Erst später hatte ich das Selbstvertrauen, meiner Plattenfirma eigene Vorschläge zu machen. Songs, die aus Begegnungen mit dem

Weitere Kostenlose Bücher