Das Lustschiff
deshalb, weil er selbst einer war und einen Gegenpol gesucht hatte. Doch in Carolins Fall gefiel es ihm, dass sie sich ähnlich waren, Seelenverwandte. Das schaffte das Vertrauen, das er in seinen früheren Beziehungen immer vermisst hatte. Vor allem in seiner Ehe mit Veronika, die sein größter Fehler gewesen war. Ein Fehler, den er korrigieren musste, wollte er jemals wieder glücklich werden.
Er zog Carolin an sich, küsste sie. Ihr Widerstand schwand fast im selben Augenblick. Ihr Körper gab nach, wurde ganz weich, ihre Hände drückten nicht länger gegen seine Brust, sondern legten sich stattdessen auf seine Schultern.
Sie öffnete die Lippen, und seine Zunge erkundete ihren Mund. Sie schmeckte einfach köstlich. Er war wie berauscht von dieser Frau.
Aber dann blitzte plötzlich etwas vor seinen Augen auf, und er ließ Carolin abrupt los. Sie verlor fast das Gleichgewicht.
»Was ist denn los?«, fragte sie überrascht.
Jemand hatte ein Foto gemacht! Von ihrem Kuss! Wenn das durch die Presse ging oder Veronika in die Hände fiel, dann wäre das eine Katastrophe. Es wäre genau das, was Veronika brauchte, um ihm die Niederlage vor dem Scheidungsgericht beizufügen, die sie händeringend brauchte. Ein Beweis für seine Untreue.
Angespannt blickte er sich in dem Restaurant um, doch niemand hatte einen Fotoapparat in der Hand. Alle waren mit sich selbst beschäftigt, beachteten ihn nicht einmal. Und von dem Cody-Verschnitt fehlte zudem jede Spur. Hatte er sich das Blitzlicht lediglich eingebildet?
Er atmete tief durch, versuchte sich zu beruhigen, aber das war alles andere als einfach.
»Geht es dir nicht gut? Soll ich dich zu Dr. Meinhardt bringen?«, fragte Carolin. Seine Sorge spiegelte sich in ihrem Blick.
Josh schüttelte benommen den Kopf. »Mir geht es gut. Alles in Ordnung«, versicherte er ihr, doch sie schien ihm nicht zu glauben.
»Du hast doch was, lass mich dir helfen. Ich bin für die Sicherheit an Bord zuständig. Vergiss das nicht.«
»Ich weiß. Und es bedeutet mir viel, dass du mir helfen willst.« Ihre Nähe und Fürsorge besänftigten ihn. Wahrscheinlich hatte ihn nur die Sonne geblendet. Es war dennoch gut zu wissen, dass jemand für ihn da war, sich um ihn sorgte. Aber würde er tatsächlich ihre Hilfe in Anspruch nehmen, so war nicht sichergestellt, ob er vor ihr weiterhin inkognito bleiben konnte. Josh hatte nicht vergessen, wie Carolin auf Erik Osburne zu sprechen gewesen war.
Er zog es vor, sein Pseudonym nicht zu lüften, weil er den Trubel um seine Person nicht ertrug. Nur wenige waren eingeweiht, dass er überhaupt an Bord war, wie Kapitän Zeissner, der darüber Stillschweigen bewahren musste. Die meisten Leute kannten nur seinen Namen, nicht aber sein Gesicht, was es ihm sehr erleichterte, sich unerkannt zu bewegen. Doch es war niemals auszuschließen, dass nicht doch ein Reporter auf ihn aufmerksam wurde.
Langsam beruhigte er sich wieder. »Lass uns einfach reingehen und unser Mittagessen genießen.«
»Das ist eine gute Idee.« Sie lächelte ihm aufmunternd zu.
Der Nachthimmel wirkte wie eine Spiegelung des Ozeans. In der Ferne, wo das Meer in den Horizont überging, schienen sich beide Welten zu berühren, zu vermischen. Lena Gruber genoss den atemberaubenden Anblick in ihrem Liegestuhl auf dem Sonnendeck. Es war nachts kalt geworden, also hatte sie sich in eine Wolldecke gehüllt. Andrea schlief längst, sie aber war noch viel zu aufgedreht und wollte die Zeit ein wenig für sich selbst nutzen, zur Ruhe kommen.
Im Moment war sie die Einzige auf dem Sonnendeck, wenn man von dem jungen Mann absah, der an der Reling stand und unentwegt Fotos schoss. Auch ihm war wohl die sanfte Schönheit dieser unendlichen Weite nicht entgangen. Vielleicht war aber auch er der Grund, weshalb Lena bisher nicht in ihre Kabine zurückgekehrt war.
»Und? Haben Sie schon das Foto geschossen?«, fragte sie ihn, als er nahe genug bei ihr stand.
Erschrocken fuhr der junge Mann herum, blinzelte ihr entgegen. »Ich habe gar nicht gewusst, dass hier noch jemand ist.«
Lena lachte leise. »Sie waren offenbar sehr in Ihre Arbeit vertieft.«
Er nickte und setzte sich spontan zu ihr. » Das Foto ist wohl leider nicht dabei. Es gehört auch nicht zu meinem Auftrag, Sternenkonstellationen zu fotografieren.«
»Was ist dann Ihr Auftrag?«
»Reisefotos.« Er schmunzelte.
»Aha!«
»Die Sternenfotos sind ein Hobby von mir«, fügte er hinzu.
Der junge Mann gefiel ihr. Zugegeben, er war
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