Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
Vom Netzwerk:
reiner Zufall, wenn er eines im Gedächtnis behielt. Da waren Kämpfer gekommen und gegangen, oft sah man nur ihre Rücken, wenn sie sich im Haus verteilten. Und alles war verstaubt und verraucht gewesen. Wenn der Unbekannte tatsächlich in Lichtenberg gekämpft hatte, wurde die Annahme unwahrscheinlich, es habe sich um einen Mordanschlag auf Rosa gehandelt. Aber was bezweckte die Aktion dann?
    »Hat irgend jemand erwähnt, diese Leute seien betrunken gewesen?« fragte Zacharias in die Runde. Er schaute in die Gesichter. Lohmeier schüttelte leicht den Kopf, er war bleich, vielleicht von der Anstrengung. Oder er plagte sich mit gefährlichen Ideen. Gennat runzelte die Stirn seines feisten Gesichts, seine klugen und flinken Augen irrten über die Runde. »Nein«, sagte er. »Die waren nicht betrunken. Ich habe danach gefragt.«
    Zacharias hob die Augenbrauen. »Sehr gut«, sagte er. Die Anerkennung hatte sich Gennat verdient. Zacharias hatte nicht daran gedacht, nach Trunkenheit zu fragen.
    Gennat lächelte, und es lag nichts Falsches darin, wie Zacharias es von Lohmeier erwartet hätte. Lohmeier würde noch Schwierigkeiten bereiten, er ahnte es. Aber er brauchte diese Leute.
    Dunkelbier sagte müde: »Meiner Meinung nach war das kein Anschlag auf Frau Luxemburg.«
    Kramer schlug mit der Faust auf den Tisch und wollte losbrüllen, als Zacharias die Hand hob. »Hier sagt jeder, was er denkt.«
    »Aber wir müssen uns nicht von einem kaiserlichen Arbeiterfeind dummes Zeug aufschwatzen lassen.«
    »Das ist kein dummes Zeug«, sagte Zacharias bemüht gelassen. »Darüber denke ich schon eine Weile nach. Welchen Zweck kann der Anschlag haben, wenn er nicht der Genossin Luxemburg galt?«
    Es klopfte an der Tür, Sonja trat ein. Sie hielt ihren Mund an sein Ohr und flüsterte: »Du sollst nachher in die Zentrale kommen. Die Genossen erwarten einen Bericht. Und danach sollst du zur USP, damit diese Genossen sich nicht vernachlässigt fühlen. Ich warte draußen auf dich.« Sie roch aufregend.
    Die anderen Männer starrten Sonja an. Als sie die Tür geschlossen hatte, pfiff einer leise.
    »Meine Herren, lassen Sie das Bild drucken, dann gehen Sie auf die Suche. Aber ich will nicht, dass dieser Mann etwas davon mitbekommt. Seien Sie also vorsichtig. Wenn Sie ihn finden, verhaften sie ihn nicht, sondern folgen ihm und unterrichten mich unverzüglich. Verstanden? Herr Gennat, Sie teilen dann unsere Leute für die Suche auf.«
    Gennat machte große Augen, dann nickte er. »Ja wohl, Chef«, sagte er mit einem kaum sichtbaren Lächeln.
    Sonja saß im Flur auf einer Bank. Sie lächelte ihn an und stand auf, als er die Bank erreichte. Sie hakte sich ein, und Zacharias spürte die Blicke seiner Leute im Rücken.
    »Wir haben noch ein bisschen Zeit, und ich habe etwas zu essen.«
    »Gut«, sagte Zacharias. Jetzt spürte er seinen Hunger. Sie nahmen einen Wagen und fuhren zu Sonjas Wohnung.
    »Gut, dass du mitkommst«, sagte sie.
    Zacharias antwortete nicht.
    Als sie in der Küche saßen und Sonja Brot und Butter – wo immer die herstammte – auf den Tisch gestellt hatte, sagte sie: »Das war also deine Kommission.«
    Er nickte.
    »Du bist nicht sehr redselig heute.«
    »Ich bin es nie.«
    Über ihrer Nase vertiefte sich ein Grübchen. »Na, manchmal redest du mehr.«
    »Dann denke ich weniger nach.«
    »Und was denkst du jetzt?«
    »Ich überlege, welcher Mistkerl sich dieses Pseudoattentat auf Rosa Luxemburg ausgedacht hat. Sooft ich darüber nachdenke, ich komme auf das gleiche Ergebnis. Ich sehe es wie der Genosse Jogiches. Es war einer, der uns zwingen will, noch schärfer gegen alle vorzugehen, die anders denken als wir. Dafür haben die Leute umgebracht. Ganz einfache Leute, die für die neue Regierung gearbeitet haben.«
    »Und das willst du auf der Sitzung der Zentrale sagen.«
    »Wenn mich jemand fragt.« Er wich aus, hatte sich noch nicht entschieden. Schließlich gab es keinen Beweis für die These, nur Vermutungen, aber die zeigten alle in die gleiche Richtung. Er wusste, es würde Ärger geben, wenn er sich darüber ausließ.
    »Das gibt Krach«, sagte Sonja. »Besser wäre, du würdest nichts sagen, bevor deine Ermittlungen beendet sind.«
    »Mal sehen.« Ob sie etwas wusste? Sie gehörte zur Leninfraktion, war irgendwie verbandelt mit Friesland, kannte Radek immerhin so gut, dass sie ihn gefunden hatte, als er illegal in Deutschland war. Er überlegte, ob er sie fragen sollte. Aber dann fand er es besser, sie wusste

Weitere Kostenlose Bücher