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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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herumerzählt.«
    »Nein, nein.« Sie winkte ab. »So ist es nicht. Ich denke nur, jeder Genosse, der aus Russland kommt, muss einen Auftrag haben.«
    Log sie oder war sie wirklich so naiv? Was hatte Friesland erzählt? Hatten sie in einer Fraktionssitzung über ihn gesprochen, und Sonja hatte sich gerade verplappert?
    »Na ja, der Genosse Friesland hat offenbar einen Auftrag, von wem auch immer. Die Frage ist nur, wie der Auftrag heißt.« Er verkniff es sich, auf Bronskis Andeutungen anzuspielen. Ob Friesland beteiligt war an diesen Überlegungen, an deren Ende ein wirklicher Mordanschlag auf Rosa Luxemburg stehen konnte? Hatten sie ausprobieren wollen, was ein Attentat auf die Revolutionsführerin bewirkte? Das wäre verrückt, aber Verrücktheit war die beste Freundin dieser Revolution.
    »Lass uns zur Zentrale fahren.« Es war zu früh, aber er wollte sich nicht mehr anlügen lassen. So viel Anmut, so viel Lüge. Wie passte das zusammen?
    »Du erzählst mir nicht alles«, sagte Sonja. Sie hörte sich an wie ein eifersüchtiges Mädchen.
    »Warum sollte ich?« erwiderte er grob.
    Sie stand auf. Ihr Gesicht spiegelte ihren Missmut. »Ich dachte, wir hätten eine« – sie zögerte einen Augenblick, dann betonte sie – »besondere Beziehung, weil wir doch zusammen in Todesgefahr waren. Das schweißt zusammen, sagt man.«
    Sie stieg vor ihm die Treppe hinunter, so konnte er ihr Gesicht nicht sehen. Wie weit würde sie gehen, um ihn zu bearbeiten? Das war ihr Auftrag, dessen war Zacharias sich sicher. Und auch dass Friesland dahintersteckte. Handelte er im Auftrag Moskaus? Wenn ja, für wen? Für die neue Internationale, also für Sinowjew und seinen Adlatus Kamenew? Für Lenin? Was hatte Bronski nach Moskau gemeldet über ihn?
    »Das ist dir anscheinend egal«, sagte sie.
    »Was soll mir egal sein?«
    »Dass wir gemeinsam in Todesgefahr geschwebt haben.«
    »Ich bin froh, dass wir es hinter uns haben.« Er fror, kalte Luft zog ins Auto hinein, obwohl er langsam fuhr auf der glatten Straße.
    Sie schwieg eine Weile, Zacharias hatte den Eindruck, sie sei beleidigt, weil er sie absichtlich missverstand. Was sollte dieses Gerede von der Todesgefahr, die einen zusammenschweißt?
    »Überleg dir gut, was du in der Sitzung sagst.«
    »Das tue ich immer.« Er hätte fast gelacht. Sie wollte ihn dazu bringen, über Hintermänner zu spekulieren und zu fordern, dass Schluss gemacht werde mit den Freiheiten für die Feinde der Freiheit.
    Vor dem Sitzungssaal stank es nach Tabakqualm. Gerade als Sonja und Zacharias angekommen waren, liefen sie Friesland und Pieck über den Weg. Friesland warf Sonja einen Blick zu, in dem eine Frage lag. Wollte er wissen, ob ich funktioniere? Sonja schüttelte kaum sichtbar den Kopf. Oder bildete sich Zacharias das ein? Sah er, was er sehen wollte?
    Friesland eilte auf Zacharias zu. »Kommen Sie einen Augenblick mit, die Sitzung beginnt in wenigen Minuten.« Er zog ihn in ein Zimmer. Darin standen nur ein Tisch und drei Stühle. Friesland setzte sich auf die Tischkante.
    »Wir müssen den Anschlag für unsere Sache ausnutzen. Wenn wir so weitermachen, wird die Konterrevolution uns zerquetschen.« Er drückte Daumen und Zeigefinger zusammen und starrte Zacharias böse an. »Das sind hier keine Spielchen, es geht um Leben und Tod. Ich gebe Ihnen den Befehl, das Attentat als das hinzustellen, was es ist: ein Verbrechen der Reaktion. Die ist ermutigt worden durch die Hetze in sogenannten sozialistischen Zeitungen und Flugblättern, deren Herausgebern es nur darum geht, die Revolution zu zersetzen, die Massen zu verwirren und den Freikorps und der Reichswehr eine Bresche zu schießen. Die Sozialdemokratie ist die Speerspitze der Konterrevolution, und deshalb müssen wir sie vernichten. Alles, was diesem Ziel dient, ist wahr. Alles, was diesem Ziel widerspricht, ist Lüge. Das ist kein Befehl von mir, sondern vom Genossen Dserschinski. Er sagt: Wenn der Genosse Zacharias eine andere Darstellung gibt als diese, dann werden zwei Dinge geschehen. Erstens werden die Phantasien des Genossen Bronski Wirklichkeit werden, um doch noch zu erreichen, was wir bisher zur Freude der Feinde nicht erreicht haben. Und zweitens wird der Genosse Zacharias dann als Deserteur angesehen und entsprechend behandelt. Der Genosse Dserschinski hat hinzugefügt, er bezweifle natürlich nicht, dass der Genosse sich seiner revolutionären Pflicht bewusst sei und demgemäß handeln werde.«
    Friesland stellte sich vor Zacharias

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