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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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Akzent. Er zündete eine Zigarette an. »In Berlin verfügt die Kommunistische Partei gerade über eine Handvoll Mitglieder, sagen wir dreißig oder vierzig.« Er schaute Sonja an.
    Die sagte: »Vielleicht fünfzig.«
    »Meinetwegen. Und der Genosse Friesland soll unseren Bezirksverband hier aufbauen. Selbst bei seinen unbestritten großen Fähigkeiten wird das seine Zeit dauern. Die revolutionäre Sozialdemokratie Bebels hatte Hunderttausende von Mitgliedern und Millionen von Wählern. Und doch hat es nicht gereicht. Als die Macht auf der Straße lag, hat Ebert sie der Bourgeoisie geschenkt. Die Bolschewiki waren immerhin ein paar zehntausend, vor allem aber waren sie straff organisiert, eine Kampfpartei. Und was ist Spartakus? Ein Haufen von Krakeelern mit einer genialen Führung. Auf dem Parteitag am Jahreswechsel haben sich die Ultraradikalen durchgesetzt, Leute, die in den letzten Monaten zur Bewegung gestoßen sind und jetzt alles kurz und klein schlagen wollen. Die geniale Führung hat es nicht einmal verstanden, die Beteiligung an den Wahlen zur Nationalversammlung durchzusetzen.« Er kratzte sich am Kopf, setzte die Brille ab, seine Augen schweiften in die Ferne. »Vielleicht war das gut so.«
    Er setzte die Brille wieder auf. »Hätten wir uns beteiligt, wir hätten kein Prozent der Stimmen gekriegt. Auf dem Rätekongress im Dezember, da durften Liebknecht und Luxemburg nicht mal als Gäste reden. Aber dann mit ein paar Wirrköpfen ein Revolutionskomitee gründen, weil ein paar Arbeiter auf die Straße gehen. Unter uns, Genosse Zacharias, Liebknecht ist ein schwieriger Fall. Fühlt sich als der deutsche Lenin. Entscheidet einfach, was zu tun ist, berät sich bestenfalls mit der Genossin Luxemburg, auf andere hört er nicht. Er braust auf, wenn jemand widerspricht. Ich hatte einige unerfreuliche Begegnungen mit ihm. Sie haben es erlebt, Wladimir Iljitsch wird nicht geliebt, weil er ein Genie ist. Dafür bewundern ihn die Proletarier. Geliebt wird er, weil er zuhört, weil er sich nicht für unfehlbar hält, weil er Fehler zugibt. Sogar solche, die andere machen. Wladimir Iljitsch unterwirft sich selbstverständlich der Mehrheit des Zentralkomitees, wenn er sich nicht durchsetzen kann, auch wenn er sicher ist, im Recht zu sein. Denken Sie an den Streit um den Brester Vertrag.« Er schnaufte. »Aber Liebknecht, das ist ein Albtraum. Der beschließt, was zu tun ist, da kann die eigene Partei sagen, was sie will. Das ist ein selbstverliebter Anarchist. Von Marx hat er auch keine Ahnung. Liebknecht wollte im Gefängnis unsere Geschichtsauffassung neu erfinden, man stelle sich das nur vor!«
    Zacharias schaute Sonja an. Sie hörte zu, schien Radeks Vorlesung zu genießen. »Mein Auftrag ist Ihnen bekannt, Genosse Radek?«
    Radek schaute ihn erstaunt an. Er wollte etwas erwidern, aber dann sagte er doch nichts. Nur: »Natürlich.« Er ging fünf Schritte zwischen Fenster und Tisch, immer hin und her. »Und mein Auftrag ist es, Ihnen die Lage zu schildern. Ich habe die Genossen Spartakisten immer wieder gewarnt, die Wirklichkeit nicht zu verlassen. Aber sie schweben irgendwo im Himmel. Reden von einem revolutionären Proletariat, das es nicht gibt. Die Massen folgen nicht uns, sondern Ebert, wenigstens in ihrer Mehrheit. Eine starke Minderheit folgt den Unabhängigen. Mag sein, dass die USPD stärker wird, je deutlicher der Verrat der Mehrheitssozialdemokratie sich zeigt. Aber machen Sie mit Haase, Dittmann und Genossen mal eine Revolution. Das ist lächerlich. In ihren Phrasen sind sie die größten Revolutionäre, aber sie tun nichts. Wenn es uns gelänge, die Unabhängigen mitzureißen, dann sähe die Lage anders aus. Dann könnten wir die Anhänger von der Führung trennen. Ich glaube aber, Liebknecht und Luxemburg finden es viel revolutionärer, die Unabhängigen als Waschlappen zu verprügeln. Und der Genosse Friesland gewiss auch.« Er starrte Sonja durch seine dicken Brillengläser an.
    Sie nickte.
    »Sie müssen zu Jogiches, um Kontakt mit Rosa zu bekommen. Seit diese Bürgerwehr sie verhaftet hat, sieht sie wenigstens ein, dass sie zur Zeit abgeschirmt werden muss. Nur Jogiches und Pieck wissen, wo sie ist. Pieck ist ein junger Genosse, der es noch weit bringen wird. Wenn er überlebt. Ein Organisationstalent. Ist ein Schüler des Genossen Jogiches. Jogiches ist ein Revolutionär der alten russischen Schule. Arbeitet konspirativ. War früher Rosas Lehrer und ein bisschen mehr. Heute ist er der Organisator

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