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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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dem Kellner einen Zwanzigmarkschein. »Stimmt so.« Der Kellner wollte etwas sagen, ließ es dann aber. Es war viel zu viel Geld. Sie legten Radek die Handschellen wieder an.
    Vor der Tür wartete eine Grüne Minna. Die Gefangenen wurden hineingeführt, drei Schupos setzten sich zwischen sie. »Keinen Mucks!« sagte einer.
    Der Wagen fuhr an. Es waren nur wenige Minuten bis zum Polizeipräsidium. Sie wurden in den Keller geführt und einzeln in Zellen eingeschlossen. Vorher tippte der Kommissar Zacharias auf die Schulter. »Wieder reiner Zufall, nicht wahr?« Dann lachte er hämisch. »Wir kriegen euch alle.«
    Es musste der Ton des Lachens gewesen sein, Zacharias spürte plötzlich Angst. Und wenn einer in die Zelle kam und ihn tötete? Auf der Flucht erschossen? Da gab es viele in dieser Zeit. Wenn ein Soldat oder Polizist hinter einem stand und man Spartakist war, hatte man schnell eine Kugel im Rücken. Und der Staatsanwalt freute sich, Angeklagter tot, Akte geschlossen.
    Zacharias schaute sich um. Die Zelle war ockerfarben gestrichen, da stand eine Pritsche mit einer grauen Decke darauf. An der anderen Wand ein Tisch und ein Stuhl. In der Ecke neben der Tür ein Kübel mit Deckel. Das vergitterte Fenster führte auf den Innenhof, es war jedenfalls kein Verkehrslärm zu hören. Das Fenster war dicht unter der Decke, wenn er sich auf den Stuhl stellte, konnte er hinausschauen. Aber er setzte sich auf den Stuhl und versuchte sich zu beruhigen. Tausende von Revolutionären waren schon verhaftet worden, und sie hatten die Nerven behalten. Du musst dich dem Schicksal stellen. Er war froh, dass Lohmeier diesen Augenblick der Schwäche nicht nutzte. Zacharias empfand es als seinen ersten Sieg gegen den Staat, als er merkte, wie die Unruhe nachließ. Du darfst keine Schwäche zeigen, keine Angst, auch wenn du dir fast in die Hose machst. Er betrachtete seine Hände. Hör auf zu zittern, hör auf.
    Auf dem Gang Schritte. Eine andere Tür wurde geöffnet, erst klackte das Schloss, dann quietschte der Riegel. Zacharias hörte gedämpft Stimmen. Ob sie Radek holten? Oder Sonja? Die Schritte entfernten sich. Zacharias versuchte seine Gedanken zu ordnen. Was können sie dir vorwerfen? Nichts. Halte dich an Radeks Sprachregelung, auch Sonja weiß, was sie zu sagen hat. Das ist zwar nicht sonderlich glaubwürdig, aber auch nicht zu widerlegen.
    Wieder Schritte, dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss, der Riegel ratschte, die Tür öffnete sich. Ein Schupo kam herein. »Hände vor!«
    Zacharias streckte die Hände vor. Der Schupo legte ihm Handschellen an.
    »Mitkommen!« Der Schupo griff Zacharias am Arm und führte ihn die Treppen hoch. Im Erdgeschoss gingen sie einen langen Flur entlang, bis der Schupo vor einer Tür hielt. Er klopfte, es tönte: »Herein!« Der Schupo öffnete die Tür und schob Zacharias in das Zimmer. Zigarettenrauch schlug ihm entgegen.
    Lohmeier saß hinter einem mächtigen Schreibtisch und las in einer Akte. Ohne den Kopf zu heben, befahl er: »Setzen!« Der Schupo drückte Zacharias in den Stuhl vor dem Schreibtisch. Dann stellte er sich an die Tür. Lohmeier las weiter, dann legte er die Akte weg und schaute Zacharias kalt an. »Sie sind also der Genosse Zacharias!«
    »Ich bin Herr Zacharias.«
    Lohmeier grinste kurz. »Genossen sind keine Herren. Schon gar nicht solche, die aus Russland kommen, um den Bolschewismus auch hier an die Macht zu bringen. Hunger, Mord und Totschlag, das wollen Sie.«
    »Ich war in Russland in Kriegsgefangenschaft.«
    »Und wann sind Sie zurückgekommen in die Heimat?«
    »Vor drei Wochen etwa.«
    »Vor drei Wochen etwa!« Lohmeier tat erstaunt.
    Zacharias überlegte, ob er besser gelogen hätte. Aber die Grenzer hatten seine Einreise gewiss notiert. Nein, lieber so lange, wie es möglich war, bei der Wahrheit bleiben. Keine Widersprüche. Zacharias nickte.
    »Wissen Sie, wie lange der Krieg zu Ende ist? Heute ist der 12. Februar 1919, rechnen Sie mal.«
    »Die haben vergessen, das Kriegsgefangenenlager aufzulösen. Oder sie haben es nicht vergessen. Jedenfalls mussten wir arbeiten.«
    »Das ist doch Quatsch. Deine Bolschewistenfreunde haben sich im Brester Vertrag verpflichtet, die Kriegsgefangenen zu entlassen. Dieser Vertrag wurde im März 1918 unterzeichnet. Du hast dich fast ein Jahr in Russland rumgetrieben. Du hast deine vaterländische Pflicht vernachlässigt. Du hättest heimkommen müssen, um an der Westfront zu kämpfen. Selbst wenn wir einrechnen, dass du

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