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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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kroch zum Hinterzimmer. Dessen Tür war offen, Rosa stand darin und starrte Zacharias an.
    »Gehen Sie in Deckung!« brüllte er.
    »Sie haben die einfach erschossen, das waren Unterhändler. Mit weißer Fahne!«
    Zacharias nahm sie am Arm und zog sie ins Zimmer hinein, dann schloss er die Tür. »Das waren Spione, die sich als Parlamentäre getarnt hatten. Als sie Sie gesehen haben, war mir klar, dass die nicht lebend zurückkehren dürfen. Denn wenn die drüben sagen, die Luxemburg sei in dem Haus da vorn, dann ziehen sie alles zusammen, was sie haben, und in einer oder vielleicht zwei Stunden sind wir alle tot. Davon abgesehen, sind die mit Parlamentären von uns genauso umgesprungen.«
    Rosa schüttelte den Kopf. »Wir sind doch nicht wie die. Es gibt einen Unterschied zwischen den kämpfenden Proletariern und den Schießbütteln der Bourgeoisie. Wir vertreten eine höhere Moral. Und außerdem, jetzt bringen sie uns erst recht um, wenn sie uns kriegen.«
    »Entschuldigen Sie, Genossin Luxemburg, das hätten sie vorher auch getan. Und im Krieg gibt es keine höhe re Moral. Da gibt es nur das Gebot, länger zu leben als der Feind. Und jedes Mittel, das diesem Ziel nutzt, ist richtig.«
    Sie setzte sich auf einen Stuhl und starrte vor sich hin. »Wir werden das jetzt nicht zu Ende diskutieren können. In einem Punkt haben Sie recht, nämlich dass wir überleben sollten. In allen anderen irren Sie, Genosse Zacharias. Wenn wir Zeit und Gelegenheit haben, wird die Zentrale entscheiden, ob Sie richtig gehandelt haben.«
    Zacharias verließ das Zimmer und schloss die Tür von außen. Das Schießen hatte nachgelassen. »Sie rücken immer näher«, sagte ein Genosse. »Jetzt bringen sie die Kanone in eine bessere Stellung.« Das MG feuerte. »Wir wollen es ihnen nicht zu leicht machen.«
    Zacharias stieg die Treppe im Hinterhaus hoch. An den Fenstern standen Bewaffnete, noch hatten sie das Hauptquartier in ihrer Gewalt. Aber Zacharias wusste nicht, wie die Lage in den Nebenhäusern war. Sie mussten es erfahren, um vielleicht einen Fluchtweg zu finden. Er nahm aus jedem Stockwerk einen Mann mit. Als sie im Erdgeschoss waren, tat es einen lauten Knall, eine Artilleriegranate waren nebenan eingeschlagen. »Das halten wir nicht mehr lange durch«, sagte der MG-Schütze.
    Zacharias führte die vier Genossen zum Hinterausgang. Sie sicherten nach allen Seiten, als sie den Hinterhof erreichten. Hier war niemand. Sie rannten zum Hintereingang des gegenüberliegenden Mietshauses und betraten vorsichtig den Flur. Da wurde die Tür des Vordereingangs aufgebrochen, Zacharias hörte das metallische Klappern von Waffen. Er gab das Zeichen zum Rückzug. Jetzt waren sie eingeschlossen.
    Als sie über den Hinterhof liefen, hörten sie Geschrei. Dann wurden sie beschossen. Ein Genosse schrie laut und brach zusammen. Die drei anderen zogen ihn ins Haus. Draußen feuerte wieder das Geschütz.
    Nichts kann uns mehr helfen. Sie werden immer stärker, und dann werden sie uns abschlachten. Jeder, der mit der Waffe in der Hand angetroffen wird, wird erschossen. Noske hatte ihren Tod beschlossen. Zacharias fühlte seine Zuversicht schwinden. Verzagtheit trat an ihre Stelle. Das also war das Ende. Von Bohn war nichts zu hören. Vermutlich hatten die Freikorps ihn längst erwischt und erschossen.
    Sie schleppten den Verletzten in die erste Etage und legten ihn auf einen Teppich im Wohnzimmer einer Wohnung, die übersät war mit Glassplittern und Mörtelstaub. Zacharias eilte wieder hinunter und befahl, das Erdgeschoss zu räumen. Alle nach oben. Irgendwo jammerte ein Verletzter. Zacharias suchte, aber fand ihn nicht. Er rannte nach oben, wenige Augenblicke später detonierte eine Granate in dem Raum, den er gerade verlassen hatte. Das Jammern hörte auf.
    Sie schossen nun nur noch aus den oberen Stockwerken. Es war eine Frage der Zeit, wann das Geschütz nach oben gerichtet wurde. Bald würden die Freikorpssoldaten unten ins Haus eindringen. Zacharias stellte eine Wache an die Treppe. Im Geknatter der Gewehre drängte sich ihm der Gedanke auf, es sei alles sinnlos. Das Sterben hier, der politische Kampf gegen einen Gegner, der sich immer als stärker erwies und dessen Wandlungen sie ratlos machten. Kämpften sie gestern gegen das Kaiserreich, dann heute gegen die Sozialdemokraten, die so selbstverständlich in die Rolle der Obrigkeit geschlüpft waren.
    Die Wache an der Treppe brüllte: »Sie kommen!« Er warf eine Handgranate hinunter. Nachdem sie

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