Das Luxemburg-Komplott
Maschinengewehr trug, und befahl, es hinter einem Fenster aufzustellen. Drei Mann schickte er in den obersten Stock des Hauses. Sie sollten Handgranaten mitnehmen und den Feind von oben bekämpfen. Einen jungen Kerl winkte er zu sich. »Wie heißen Sie?«
»Oswald Bohn.«
»Können Sie rennen, Genosse Bohn?«
Der Mann nickte. Er war kreidebleich.
»Trauen Sie es sich zu, etwas zur Druckerei zu bringen? Es ist lebenswichtig.« Er beobachtete, wie die Männer an der Tür und an den Fenstern in Stellung gingen. Dann ratterte das Maschinengewehr los. Zacharias schaute vorsichtig hinaus, die Soldaten waren in Deckung gegangen. Dann sah er eine Stielhandgranate fliegen von oben. Ein trockener Knall, dann Schmer zensschreie. Sie hatten eine Atempause gewonnen. Wahrscheinlich würden die Feinde Artillerie heranholen. Das kostete Zeit, aber wenn die Kanonen zu feuern begannen, war das Hauptquartier nicht mehr zu halten.
Bohn schaute wie gebannt aus dem Fenster.
»Ziehen Sie den Kopf ein, den brauchen Sie noch!«
Bohn zog den Kopf ein.
Zacharias kehrte zurück zu Rosa. Sie las, korrigierte manches, las wieder. Dann sagte sie: »Besser geht es nicht in der Eile. Können wir uns halten, bis die Extraausgabe erscheint?«
»Ich hoffe es.«
»So, Sie hoffen es.« Sie gab ihm die Blätter mit ihren Artikeln.
Er faltete sie zusammen und eilte hinaus in den Vorraum. Bohn saß in einer Ecke auf dem Boden. Er sah zerschlagen aus. »So, Genosse Bohn. Davon hängt vielleicht die Revolution ab. Wenn Sie sich aufhalten lassen, ist alles verloren. Laufen Sie um Ihr Leben. Ziehen Sie die an.« Zacharias zog sich aus und gab die Uniform Bohm. Dessen Kleidung war ihm zu klein, und die Uniform schlackerte an Bohns Körper. Er gab ihm die Seiten, und Bohn steckte sie in seine Hosentasche. Dann verriet er ihm die Parole des Feindes und zeigte ihm, in welcher Richtung er die Einkreisung wahrscheinlich durchbrechen könne.
»Warten Sie neben der Tür, bis ich Ihnen sage, dass Sie laufen sollen.«
Bohn nickte.
Zacharias schickte einen Soldaten in den obersten Stock. »Wenn wir hier unten anfangen zu schießen, dann sollen sie oben auch feuern wie die Teufel. Aber die sollen aufpassen, dass sie unseren teuren Genossen Bohn in der Uniform nicht treffen. Sagen Sie das weiter. Der ist unser Kurier.«
Zacharias wartete, bis der Mann die Treppen hochgestiegen sein musste. Dann ging er zum MG-Schützen und sagte: »Leg los.«
Das MG ratterte ohrenbetäubend, dann setzten die anderen ein mit Gewehrfeuer. Auch von oben schoss es. Zacharias zweifelte, dass sie einen von den Freikorpsleuten draußen trafen. Aber die würden in Deckung bleiben. »Lauf los!« brüllte Zacharias gegen den Lärm an.
Bohn duckte sich, rannte aus der Tür und verschwand im Nachbarhaus. Er hatte sich offenbar einen Weg ü ber legt. Seine Chancen waren gering. Gewiss war das Hauptquartier längst umstellt, und Bohn musste hoffen, im Häusergewirr nicht entdeckt zu werden.
Zacharias befahl, das Feuer einzustellen, sie mussten Munition sparen.
Immer wieder schlugen sich Kämpfer von anderen Schauplätzen durch ins Hauptquartier, viele waren verwundet. Rosa kam in den Vorraum und half Wunden zu verbinden. Liebknecht erschien und versuchte den Männern Mut zu machen. Aber die reagierten kaum auf seine Ansprachen. Da nahm Liebknecht das Gewehr eines Verwundeten und stellte sich neben ein Fenster. Jogiches stand an der rückwärtigen Wand und beobachtete das Geschehen. Was mochte er denken? Sein Gesicht zeigte keine Regung.
Zacharias ging zu Jogiches und flüsterte ihm ins Ohr, er, Liebknecht und Rosa sollten nach oben gehen. Als Soldaten taugten sie nichts, warum unnötig das Leben riskieren? Jogiches nickte, ging zu Liebknecht und sagte ihm etwas. Liebknecht schüttelte erst den Kopf, dann stellte er doch das Gewehr an die Wand. Die drei gingen ins Hinterzimmer. Nach kurzer Zeit kamen Liebknecht und Jogiches wieder heraus, Rosa war im Zimmer geblieben. Liebknecht und Jogiches verließen das Erdgeschoss.
Zacharias schickte auch Neuankömmlinge in die oberen Stockwerke. »Wenn wir auf einem Haufen sitzen, erwischen sie uns mit einer Granate. Schaut von oben, was die draußen treiben, und meldet es. Wenn sie zu dicht rankommen mit einem Geschütz, können wir es vielleicht unschädlich machen oder erobern.« Zacharias glaubte nicht, was er sagte. Aber er wollte den Genossen Mut machen.
Wie lange dauerte es, bis ein Extrablatt erschien? Wie lange vor allem, bis es wirkte?
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