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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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vielleicht musste er der deutschen Revolution auf seine Weise helfen. Aber Zacharias schauderte es. Musste man überall, wo die Arbeiter aufstanden, eine Tscheka schaffen und den roten Terror ausrufen? War der Preis einer solchen Revolution am Ende nicht zu hoch? Immer wieder gingen ihm diese Fragen durch den Kopf, seit er sich eingelassen hatte auf die Tscheka. Wer eine Revolution will, darf nicht auf halbem Weg stehenbleiben. Wenn die Konterrevolution siegt, wird sie grausam Rache ü ben. Wer zögert, die Revolution mit allen Mitteln zu Ende zu bringen, trägt eine Mitschuld daran.
    Natürlich war es Sonja, die ihn abholte. Es wäre nicht nötig gewesen. Warum sagen die mir nicht einfach die Adresse, und ich gehe hin. Ich kenne mich aus in Berlin, besser als die Russen.
    Friesland war schlecht gelaunt. Diesmal bot er Zacharias nichts an. Sonja stand an der Wand im Wohnzimmer einer Wohnung, die offenbar lange nicht benutzt worden war. Wo man hinfasste, stiegen Staubwolken auf. Zacharias hustete.
    »Wir haben morgen eine Sitzung der Zentrale. Ich werde dort fordern, nach bolschewistischer Art vorzugehen, ohne dieses Wort auszusprechen, da ich weiß, die Genossin Luxemburg würde rot anlaufen wie ein Krebs und einen Schreianfall bekommen.«
    »Warum erzählen Sie das mir, ich bin nicht Mitglied der Zentrale.«
    »Aber Sie sprechen oft mit der Genossin Luxemburg.«
    »Kaum über Politik.«
    Friesland schüttelte den Kopf. Er verstand nicht, wie man sich in solchen Zeiten über etwas anderes unterhalten konnte. »Dann sollten Sie schleunigst damit anfangen. Sie waren doch mit bei den Eisenbahnern. Hinterher hörte man, es sei ein Triumph gewesen für Luxemburg. Wie sehen Sie das?«
    »Es war einer. Aber es wurde nur ein Brandherd gelöscht, im Reich gibt es Tausende davon.«
    »Sieht das auch die Genossin Luxemburg so?«
    »Ja.« Zacharias verschwieg, dass er sie zitiert hatte.
    »Und was gedenkt sie dagegen zu tun?«
    Zacharias zuckte die Achseln.
    »Das sollten Sie wissen, weil wir es wissen müssen. Menschenskind, Zacharias, ich habe Sie als zuverlässigen Genossen in Erinnerung, enttäuschen Sie mich nicht.«
    Die Klinke der Wohnungstür klapperte, dann öffnete sich die Tür. Schritte in der Diele. Sie starrten auf die offene Wohnzimmertür. Darin stand nun Radek. »Störe ich?« Er lächelte verschmitzt und schaute die Anwesenden der Reihe nach an.
    »Sie sollten nicht zusammen mit uns gesehen werden, Genosse Radek«, sagte Friesland. Doch sein Tonfall verriet, dass für Friesland Radek die Autorität in Berlin war.
    »Aber wir kennen uns doch alle gut. Die schöne Genossin Sonja und dieser Genosse hier, wie hieß er noch …«
    »Zacharias«, sagte Zacharias.
    »Ach ja, stimmt. Wir kennen uns aus dem Adlon. Dort hat mich dieser unsägliche Polizist verhaftet. Wie ich erfuhr, sitzt er übrigens im Keller des Polizeipräsidiums. Unser Genosse Eichhorn, Nachfolger seines Nachfolgers als Polizeipräsident, hat es mir erzählt. Aber es lohnt sich nicht, den Herrn Lohmeier zu besuchen. Bei uns in Russland würde man nicht lange überlegen, was man mit diesem Herrn zu tun hat, nicht wahr, Genosse Zacharias?«
    Zacharias nickte.
    Friesland rieb sich die Augen. »Wir reden gerade über die Genossin Luxemburg.«
    Radek lächelte. »Das ist doch ein schönes Thema.«
    »Wir müssen sie überzeugen oder zwingen …«
    Da lachte Radek. »Zwingen, die? Da ist ein Esel nachgiebiger. Aber natürlich nicht so klug.«
    »Diese Regierung braucht vor allem Sicherheitsorgane. Die Rote Armee muss erst eine Armee werden, aber Luxemburg genügt es, wenn die Massen bewaffnet sind. Und einen Geheimdienst will sie gar nicht. Dabei müssen wir den Feind infiltrieren und liquidieren. Dazu brauchen wir einen Geheimdienst mit bewaffneten Einheiten. Wie die Tscheka in Russland.«
    »Das werdet ihr der Genossin Luxemburg schwerlich nahebringen können. Ich schon gar nicht. Über die Liebe, die sie mir gegenüber hegt, spottet die kommunistische Welt. Selbst die Genossen in Moskau reißen schon ihre Witze. Also, heiraten wird sie mich, glaube ich, nicht mehr in diesem Leben.«
    Friesland starrte ihn unwillig an. Ihm stand nicht der Sinn nach Radeks Späßen, aber Radek war der ranghöchste russische Funktionär in Westeuropa.
    »Natürlich brauchen wir in Deutschland eine Tscheka. Am besten wäre es, der Genosse Dserschinski käme ein paar Wochen nach Berlin, um den Genossen hier zu erklären, wie ein sozialistischer Geheimdienst aufgebaut

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