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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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erschossen wurde, obwohl er gerade zurücktreten wollte.«
    »Nein«, sagte Liebknecht. »Er muss dich begleiten. Die Genossin Luxemburg hat zahlreiche Einladungen erhalten, dort zu sprechen, wo unsere Genossen die Macht ergriffen haben. Die Reisen sind gefährlich, wir sollten ihr nicht nur den Genossen Zacharias mitgeben, sondern einige weitere bewaffnete Genossen.«
    »Gut«, sagte Luxemburg, »dann muss ein anderer Däumig helfen.«
    »Ich werde das veranlassen«, sagte Liebknecht. »Wenn niemand Einwände hat, möchte ich die Sitzung schließen. Es wartet viel Arbeit auf uns.«
    »Da sind aber einige Fragen nicht geklärt.«
    »Die Wirklichkeit wird sie beantworten!« rief Rosa fröhlich.
    »Dem kann ich zustimmen«, knurrte Friesland. Er warf seine Unterlagen in eine abgewetzte Lederaktentasche und verließ den Raum mit schnellen Schritten und Pieck als Anhang.
    Zacharias sah ihnen nach. Die Sowjetfraktion, eigentlich gehöre ich doch dazu. Aber irgendwo auch wieder nicht. Bin ich zu dumm, meinen Auftrag zu verstehen? Berichten wie ein Agent, beeinflussen. Letzteres ist lächerlich: Zacharias steuert Luxemburg. Wie kann Dserschinski sich einen solchen Unsinn ausdenken? Wer mochte in der Führung der KPD noch alles für Moskau arbeiten? Pieck und Friesland, das war eindeutig. Sonja auch, aber die gehörte nicht zur Führung.
    Rosa stellte sich vor ihn. »Na, Genosse Zacharias, im Traum weit weg?« Sie lächelte.
    »Nein, nein«, stotterte er und ärgerte sich, dass sie ihn überrascht hatte.
    »Ach, das können Sie doch zugeben, das ist nichts Verwerfliches. Bitte stellen Sie bis morgen früh eine Begleitmannschaft zusammen. Der Genosse Däumig soll Ihnen ein paar gute Genossen ausleihen, damit mir auch bloß nichts passiert.« Es amüsierte sie, mit einer Eskorte zu reisen. »Ich glaube ja, wenn ich allein oder nur mit Ihnen führe, würden wir weniger auffallen, als wenn wir mit Tross und Thron ausziehen wie weiland der Kaiser. Aber Liebknecht besteht darauf, dann wollen wir ihm den Gefallen tun.« Sie klang erschöpft, aber gut gelaunt. »Und unterwegs erzählen Sie mir ein bisschen mehr über Russland, ja, Genosse Zacharias?«
     
    *
     
    Am nächsten Morgen fuhren sie in einer Kolonne von drei Fahrzeugen Richtung Hamburg. Vorne schützte ein gepanzerter Lastwagen mit acht Soldaten den Zug, hinten folgte ein weiterer Lastwagen gleicher Bauart und mit ebenso starker Besatzung. Ein Priamus hielt sich in der Mitte, auf der Rückbank saßen Luxemburg und Zacharias, vorne der Fahrer und neben ihm Jogiches. Zacharias verstand nicht, warum Jogiches sie begleitete, die Partei brauchte ihn doch in Berlin. Aber er fragte nicht, es ging ihn nichts an.
    »Sie haben die Diskussion gehört in der Sitzung der Zentrale. Was ist Ihre Meinung, Genosse Zacharias?« fragte Rosa.
    »Ich glaube, Radek hat recht.«
    »Auch ein Moskowiter«, brummte Jogiches.
    »Wenn man den Feind nicht bekämpft, kann man ihn nicht besiegen«, erwiderte Zacharias. »Und immerhin scheinen die Bolschewiki ihre Feinde zu besiegen. Jedenfalls sind sie noch nicht gestürzt.«
    »Ich hoffe, die Bolschewiki halten sich an der Macht. Auch wenn ich ihre Methoden ablehne. Aber alles andere wäre schlimmer, ein Rückfall in die Barbarei. Doch wir können in Deutschland keine Parteidiktatur errichten. Die Arbeiter würden uns hinwegfegen, wenn wir es versuchten. Die Russen sind es seit Jahrhunderten gewohnt, sich vor Zaren zu ducken. Vielleicht hilft es Lenin, wenn er den Sowjetzar spielt. Nur hat das wenig zu tun mit dem Sozialismus, der die Menschen doch befreien soll, nicht knechten.«
    »Ausgerechnet Dserschinski«, warf Jogiches ein, ohne sich umzudrehen.
    »Ja, dass er die Geheimpolizei leitet, hätte ich nicht geglaubt, wenn es mir einer vor kurzem erzählt hätte.«
    »Vielleicht zeigt es, dass die Bolschewiki tatsächlich nicht ohne Terror überleben?« sagte Zacharias.
    »Hat es einen Sinn, an der Macht zu bleiben, wenn man das nur mit Terror schafft?« erwiderte Rosa.
    »Kann man das vorher wissen? Wie stark der Terror sein muss? In Wahrheit ist es eine Steigerung. Am Anfang schlägt man hier und dort zu, weil Feinde auftreten. Dann treten mehr Feinde auf …«
    »Und man schafft sich Feinde durch Terror, Genosse Zacharias. Die Menschewiki, wenigstens deren linker Flügel, hätten gewonnen werden können. Aber die Rechthaberei und der Terror, die ja die gleichen Wurzeln haben, haben die Bolschewiki einsam werden lassen. Die Linken

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