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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Reliquie des Apostel Paulus verschwunden waren – war die technische Abteilung in einen Sicherheitstrakt umgezogen, der durch Wachen, Gitter und Code-Schlösser geschützt war. Umberto hatte sich den ganzen Abend für die Arbeit mit dem Manuskript freigehalten, doch Giovanni war ziemlich sicher, dass sein Kollege auch noch die folgende Nacht damit verbringen würde. Von der technischen Abteilung ging er die Treppe hoch in sein Büro. Er musste noch an dem Vortrag über die Rolle der Vögel in der Dämonologie arbeiten, den er der ornithologischen Vereinigung zugesagt hatte. Hastig überflog er die letzte Seite seines Textes:
    In den Büchern Mose werden Gottesabbilder in Form von Vögeln am Himmel verurteilt. Vermutlich war das ein Versuch, die Abgötterei, wie sie von eingewanderten Volksstämmen aus Mesopotamien betrieben wurde, zu begrenzen. Der bekannte Archäologe Layard hat bei der Ausgrabung von Steintafeln in der Nähe von Nimrod mehrere Beispiele heiliger Vögel gefunden, die der babylonischen und assyrischen Religion zuzuordnen sind. Diese Vögel wurden für eine Art von Dämonen gehalten, die eine mystische Macht über die Menschen hatten. Im königlichen Palast im alten Babylon gab es heilige, magische Vogelfiguren aus Gold. Sowohl den Phöniziern als auch den Philistern war die Taube heilig. Es gibt zahlreiche Beispiele für religiöse Vogelkulte.
    Folgendes ist besonders interessant: Die Philister verehrten einen Gott der Fruchtbarkeit, den wir als Baal oder Beelzebub kennen. Ba’al Zebûb kann sowohl als »Herr der Fliegen« als auch »als Herr über alles, was fliegen kann« übersetzt werden. Die Israeliten betrachteten Baal als große Bedrohung und Herausforderer Jahwes. Ihre Propheten wandten sich mit aller Schärfe gegen die Abgötterei, und auch noch heute heute noch werden die Vogelgötter Baal und Beelzebub mit Dämonen und Teufelskulten in Verbindung gebracht.
    *
    Als er von der Arbeit nach Hause kam, saß Luciana auf einem Stuhl im Flur. Sie wirkte angespannt.
    »Hast du einen anstrengenden Tag gehabt?«, fragte er.
    »Silvana ist von der Schule nicht nach Hause gekommen!«
    Giovanni warf einen Blick in die Küche. Seine Tochter hätte vor einer halben Stunde eintreffen sollen. Er versuchte, Luciana zu beruhigen. »Sie kommt bestimmt bald«, wiederholte er mehrmals. Seine Versicherungen perlten an ihr ab. Er holte den Flacon mit dem Parfüm, den er ihr in Kairo gekauft hatte. Bella bellte. Luciana rieb sich einen Tropfen auf die Handballen und schnupperte dreimal daran. »Angenehm«, sagte sie so abwesend, dass er sich fragte, ob sie den Duft überhaupt wahrgenommen hatte.
    »Für Silvana habe ich eine Alabasterfigur, die Horus darstellt.«
    »Wen?«
    »Du weißt schon, den Gott mit dem Falkenkopf.«
    »Da wird sie sich freuen.«
    »Vielleicht kannst du ja das Parfüm anlegen, bevor wir heute ins Bett gehen?« So nah an einen Flirt war er in den ganzen letzten Monaten nicht mehr herangekommen. Vielleicht war das auch der Grund dafür, dass sie ihn derart verständnislos ansah.
    » Arabian Nights «, fuhr er fort. »Das Parfüm heißt Arabian Nights .«
    »Wirklich?«
    »Es heißt, es sei von einer Konkubine gemischt worden, die sich Nacht für Nacht die Gunst ihres Sultans sichern wollte.«
    »Gunst?«
    »Sicher nur ein billiger Verkaufstrick.«
    »Was kann mit ihr passiert sein?«
    »Liebling, sie hat sich bestimmt nur ein bisschen verspätet.«
    »Silvana nicht.«
    »Jeder Mensch verspätet sich mal.«
    »Auf dem Rückweg von der Schule? Sie ist zehn Jahre alt, Giovanni.«
    »Vielleicht hat der Unterricht länger gedauert? Oder sie hat mit einer Klassenkameradin gespielt und die Zeit vergessen? Vielleicht ist irgendwo ein Unfall passiert, und sie sieht den Rettungssanitätern zu?«
    »Ein Unfall, mein Gott!«
    »Nicht mit Silvana, sie passt schon auf sich auf. Du kennst sie doch.«
    Trotzdem übertrug sich Lucianas Unruhe auch auf ihn. Silvana war ganz einfach nicht der Typ, der die Zeit vergaß. Sie war pflichtbewusst und fast schon selbstaufopfernd gehorsam. Sie kam immer direkt von der Schule nach Hause. Immer.
    »Ich kann draußen nach ihr sehen.«
    »Ja, würdest du das tun?«
    Er pfiff nach Bella, die sich zu fragen schien, ob ein Spaziergang in der Stadt besser war als ein Nickerchen auf dem warmen Teppich. Mühsam rappelte die Hündin sich auf, wedelte ein paarmal mit dem Schwanz und legte sich wieder hin.
    *
    Er ging die sechs Häuserblocks zur Schule. Alles wirkte normal. Auf

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