Das Luzifer Evangelium
hat mir nie einen Anlass gegeben, ihm zu misstrauen.«
»Man hat mich gestern gegen acht Uhr aus Ägypten zurückgerufen. Die Dokumente sind entweder gefälscht oder das Resultat einer Bestechung.«
»Gefälscht? Aber …«
»Die Behörde für Kulturerbe und die ägyptische Polizei haben bereits Ermittlungen eingeleitet.«
»Ermittlungen? Gegen mich?«
»Glücklicherweise ist es mir gelungen, einen Skandal abzuwenden. Zwei Vertreter des Ägyptischen Museums in Kairo treffen heute mit dem Nachmittagsflug in Rom ein, um die Handschrift zurück nach Ägypten zu bringen. Sie sind bereit, einen Strich unter die Angelegenheit zu ziehen, da wir aus eigener Initiative zur Aufklärung beigetragen haben, bevor ein Schaden entstehen konnte.«
Der Dekan lächelte, offensichtlich zufrieden mit seinem heldenhaften Einsatz.
»Aber …«, Giovannis Atem ging schwer, »das ist doch nicht meine oder unsere Handschrift. Sie gehört Luigi Fiacchini.«
»Falsch. Sie gehört den Ägyptern.«
» Dottore. Darf ich Sie erinnern, dass ich – mit Ihrer Genehmigung – als fachkundiger Agent für Fiacchini gehandelt habe?«
»In gutem Glauben, Nobile, es ist wichtig, dass wir daran festhalten, die ganze Zeit über in gutem Glauben gehandelt zu haben. Dass wir uns von falschen Urkunden haben täuschen lassen, kann man uns schwerlich anlasten.«
»Genau genommen ist das aber doch ein Konflikt zwischen Luigi Fiacchini und den ägyptischen Behörden! Wir müssen die Universität außen vorhalten.«
»Ein richtiger Gedanke, Nobile.«
»Hören Sie! Ich werde die Handschrift persönlich zu Luigi Fiacchini bringen, damit die Ägypter sie bei ihm abholen können.«
»Die Ägypter sehen das anders. Die Handschrift wurde von einem Vertreter der Vatikanischen Pontificia Università Gregoriana aus dem Land ausgeführt, nämlich von Ihnen, professore . Darum sind wir dafür verantwortlich, bis sich die Handschrift wieder sicher in ihrer Obhut befindet. Erst dann werden sie sich mit Fiacchini beschäftigen. Sie haben angedeutet, dass Fiacchini schon früher in Transaktionen verwickelt war, die jetzt einer genaueren Untersuchung unterzogen werden.«
»Aber …«
»Schauen Sie nicht so bestürzt. Für uns oder für Sie persönlich wird das keine Konsequenzen haben. Ich habe den Ägyptern versichert, dass Sie ein ehrenwerter und seriöser Forscher sind, der von einem Vertreter des – sagen wir mal eher kommerziellen – Bereichs der Branche über den Tisch gezogen wurde.«
»Mein Gott.«
»Entspannen Sie sich, Professor Nobile, immer mit der Ruhe. Sie haben meine volle Unterstützung und Rückendeckung. Es wird Ihrem curriculum vitae nicht schaden.«
»Ich …«
»Machen Sie sich keine Gedanken. Natürlich werden Sie mit unmittelbarer Wirkung Ihren Kontakt und Ihre Zusammenarbeit mit Luigi Fiacchini beenden. Ich habe diesem Burschen, ehrlich gesagt, nie recht über den Weg getraut.«
»Ich habe den Ägyptern in seinem Auftrag einen ziemlich hohen Vorschuss bezahlt.«
»Das ist sein Problem.«
»Wenn er weder die Handschrift noch das Geld bekommt, wird er mich und die Universität zur Verantwortung ziehen.«
»Das soll er nur versuchen. Ha! Das soll er nur versuchen!«
»Er kann ziemlich skrupellos sein.«
»Falls er Streit sucht, schlagen Sie ihm vor, Sie und mich und seine Heiligkeit Papst Paul VI. gleich mit anzuzeigen!«
Giovanni legte die Hände vors Gesicht. Ihm war schlecht. Es fehlte nicht viel, und er hätte sich auf dem persischen Teppich des Dekans erbrochen.
»Nehmen Sie sich das doch nicht so zu Herzen, Professor, ich weiß, dass Sie unschuldig sind und keinerlei Verantwortung dafür tragen. Desto höher schätze ich die Ernsthaftigkeit, mit der Sie an die Sache herangehen.«
»Herrgott, o mein Gott.«
»Unser Herrgott hat uns glücklicherweise allen beigestanden.«
»Wo befindet sie sich?«
»Die Handschrift? Keine Sorge. Ich habe sie persönlich in meinen Tresor gelegt …« Er zeigte mit einem Nicken in Richtung eines feuerfesten Schwab-Sicherheitsschrankes mit Zahlenschloss. »Dort wird sie liegen, bis die ägyptischen Kollegen sie abholen.«
»Oh, mein Gott.«
»Professor, ich bitte Sie. Wie ich schon sagte, es wird sich bestens um die Angelegenheit gekümmert. Sie haben nichts zu befürchten.«
Giovanni schloss die Augen und versuchte, sich zu sammeln. Der Dekan lehnte sich mit selbstgefälliger Miene auf seinem Bürostuhl zurück.
»Ich weiß, dass es Ihnen merkwürdig vorkommen muss«, sagte Giovanni, und
Weitere Kostenlose Bücher