Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
blauen Auge davongekommen. Die Fünf in Mathe hatte er durch eine gute Deutschnote ausgeglichen, und aus dem Lateinfünfer war ein Vierer geworden.
»Deine Versetzung hat aber auch eine schöne Stange Geld gekostet.«
»Du hast es ja nicht bezahlt«, hatte Rüdiger gesagt. »Was kann ich dafür, wenn die Pauker schamlos die Konjunktur ausnutzen und Nachhilfestunden immer teurer werden?«
Trotzdem hatte Florian überlegt, ob nicht vielleicht doch eine kleine Anerkennung fällig wäre. »Er hat sich Mühe gegeben und ist versetzt worden, da hat er sich eine Belohnung verdient. Ob wir ihm was für sein Auto schenken? Etwas, das er sich nie selber kaufen würde?«
»Ja, Benzin!«, hatte Tinchen gesagt.
Schließlich hatten sie sich auf eine Grillparty geeinigt. Alle Freunde, die noch nicht verreist oder sonst wie abkömmlich waren, sollten eingeladen werden, dazu Tinchens Bruder Karsten und ein paar Studienkollegen von Clemens. Der einzig unsichere Faktor blieb das Wetter.
»Mach dir deshalb keine Sorgen, Tine«, meinte Florian, »am Wochenende sollen wir dreißig Grad kriegen.«
»Bist du sicher?«
»Der Elmar Gunsch hat es eben gesagt. Fünfzehn Grad am Samstag und fünfzehn Grad am Sonntag.«
Clemens versprach, rechtzeitig zurück zu sein, um sich noch an den Vorbereitungen beteiligen zu können, lud Frau Künzel nebst Kinderschar und Dackel in den Mercedes und fuhr nach Bayern. Er war auch pünktlich wieder zu Hause – fünf Minuten, bevor die ersten Gäste kamen. »Die haben mich nicht weggelassen, ich musste unbedingt übernachten. Und was auf den Straßen los ist, könnt ihr euch gar nicht vorstellen! Man merkt, dass die Ferien begonnen haben. Überall sind die normalen Routen gesperrt und die Umleitungen geöffnet.«
»Stimmt«, pflichtete ihm Karsten bei. »Auf der Autobahn war die Hölle los. Alle hundert Kilometer eine Baustelle, und davor ein ellenlanger Stau. Warte lieber noch ein paar Tage, bevor du losbretterst. Willst du wirklich nach Spanien? Und da campen?«
»Weißt du was Besseres?«
»Von Camping habe ich schon lange die Nase voll. Drei Wochen lang unzureichend ernährt, untergebracht und bekleidet – nein danke, nie wieder! Im September fliege ich auf die Seychellen.«
»Kapitalistensöhnchen!«
»Nee, Fernsehlotterie! Ich schreib’ dir auch ’ne Ansichtskarte!«
Tinchen schob sich an den beiden vorbei. In der einen Hand balancierte sie ein Tablett mit rohen Steaks, in der anderen einen Stapel Pappteller. »Könnt ihr euch nicht mal um die Getränke kümmern? Ich bin schließlich kein Krake.«
Die Stimmung im Garten hatte einen ersten Höhepunkt erreicht. Beim Anzapfen des Bierfasses war der Spund herausgeflogen, und Florian musste sich erst einmal umziehen.
»Wo ist meine graue Cordhose, Tine?«
»In der Wäsche.«
»Und die braune?«
»Noch nicht gebügelt.«
»Was soll ich denn jetzt anziehen?«
»Die Jeans.«
»Da ist der Reißverschluss kaputt.«
»Dann nimm eine Sicherheitsnadel.«
»Wo sind die?«
»Weiß ich nicht.«
Florian musste feststellen, dass sich die Abwesenheit von Oma Gant bereits bemerkbar machte. Er hatte nur noch drei saubere Hemden im Schrank, überhaupt keine T-Shirts mehr, und die Socken reichten günstigstenfalls bis Donnerstag. »Ein Glück, dass ich bloß zwei Füße habe, sonst wären sie morgen schon alle.« Weil er nichts anderes fand, zog er seinen Jogginganzug an und statt der durchnässten Turnschuhe Badelatschen. Da sparte er wieder ein paar Strümpfe.
Der Krach im Garten nahm zu. Übertönt wurde das Gejohle der Jugendlichen von Rockmusik. Rüdigers Stereoanlage, deren Lautstärke er noch durch zwei zusätzlich montierte Boxen um etliche Fon gesteigert hatte, beschallte freigebig auch noch die Nachbargrundstücke. Michael Jackson in Quadrophonie.
Auf der Terrasse wurde getanzt. Als geübter Discotänzer mischte sich Florian unters Volk, musste aber schnell einsehen, dass Badepantoffeln mit nur einem schmalen Plastikriemchen obendrüber nicht geeignet waren. Nach einer Kollision mit einem Paar Clogs der Größe 44 ging er wieder ins Haus, um seine Zehen zu kühlen und Hansaplast drumzuwickeln. Auf dem halben Weg nach oben klingelte das Telefon. Er humpelte zurück und nahm den Hörer ab. Wem die empörte Stimme am anderen Ende der Leitung gehörte, ahnte er nur, verstehen konnte er so gut wie gar nichts.
»Moment mal, ich muss erst die Tür zumachen!« Dann hörte er sich eine Minute lang geduldig an, was Frau Kaiserling zu sagen
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