Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
auch out. Als frisch gebackener cand. med. hatte er bei diesen Küken bestimmt genug Chancen.
Also drehte Florian wieder um und hämmerte gegen die Tür. »Ich wollte nur wissen, wo das große Küchenmesser ist.«
Clemens’ Augen funkelten Mordlust. »Sei froh, dass ich es nicht hier habe. Eine dusseligere Ausrede ist dir wohl nicht eingefallen?«
»Nein«, sagte Florian treuherzig, »aber die Steaks sind wirklich zäh.« Immerhin hatte er sich kurz im Zimmer umsehen können. Der weibliche Gast war nur Andrea, Clemens’ Freundin, die er in letzter Zeit so sträflich vernachlässigt hatte. »Ein blindes Huhn in der Hand ist wohl doch besser als ein Korn auf dem Dach?«
»Mach ’nen Abflug, dämlicher Hund!« Die Tür war zu!
Wesentlich beruhigter stapfte Florian wieder die Treppe hinunter. Nun blieb nur noch Karsten übrig, den er mit dem Heimtransport des abgefüllten Benjamin betrauen konnte. Überhaupt sollte man langsam Schluss machen mit der Party, es war schon nach Mitternacht.
Seinen Schwager fand er neben dem Bierfass, aus dem er gerade die letzten Tropfen herausschüttete. »Tut mir Leid, alter Junge, für dich reicht es nicht mehr.«
Florian winkte ab. Karsten war auch nicht mehr in der Verfassung, sich hinter ein Steuer zu setzen, und so würde er, Florian, wieder einmal den Chauffeur spielen müssen. Aber daran war er ja gewöhnt. Subalterne Dienstleistungen! Rasen mähen! Kamin sauber machen! Gestern hatte er sogar Wäsche aufgehängt! Fehlte nur noch, dass man ihn an den Herd stellte. Verdammte Hauswirtschaft!
»Du hast doch noch gar nichts gegessen, Flori.« Auf einem Pappteller reichte ihm Tinchen ein Steak. »Das Verbrannte kannst du ja liegen lassen.«
Er schüttelte nur den Kopf. »Komm mal mit!«
Sie stellte den Teller auf eine der Boxen, wischte die fettigen Hände an den Blättern vom Fliederstrauch ab und folgte ihrem Mann in den Garten. »Was willst du denn da? Die Gläser können wir auch morgen einsammeln. Jetzt treten wir höchstens drauf.«
Der Platz unter dem Kirschbaum war leer. Nur die Flasche lag noch dort. Viertelvoll.
»Hoffentlich ist er nicht alleine losgezogen. In seinem Zustand kommt der doch glatt unter die Räder.«
»Um diese Zeit«, zweifelte Tinchen. »Von wem redest du überhaupt?«
»Von Benjamin.« Schnell erzählte er, was vorgefallen war.
Tinchen beruhigte ihn. »Er wird nach Hause gefahren sein.«
»Gefahren? Der konnte ja nicht mal mehr laufen.«
»Eben drum.«
Während sie zur Straße rannten, überlegte Florian, ob man ihn wohl für etwaige Folgen dieser Party verantwortlich machen könnte. Plötzlich blieb Tinchen stehen. »Benjamin hat kein Auto.«
»Das hättest du auch gleich sagen können!« Nach Luft japsend lehnte sich Florian an den Zaun. »Am besten kämmen wir systematisch den ganzen Garten durch.«
Zum Glück blieb den übrigen Gästen die Suche verborgen. Einige tanzten, der Rest hockte im Gras und döste vor sich hin. Urban hatte alle Bundeswehraspiranten, die erst kürzlich gemustert worden waren, um sich geschart und gab ihnen gute Ratschläge. »Vor allen Dingen müsst ihr die Sache locker angehen und immer daran denken, dass sich am Soldatenleben seit urdenklichen Zeiten nichts geändert hat. Schon in der Bibel heißt es: Sie trugen seltsame Gewänder und irrten planlos umher.«
Mittlerweile war Florian bei den Himbeeren angekommen, fand aber nur ein zerknülltes Taschentuch und ein angebissenes Würstchen, das jemand auf einen Zweig gespießt hatte. Er pflückte es ab und steckte es nach kurzem Zögern in den Mund. »Der Mostrich fehlt.« Dann suchte er weiter.
Tinchen hatte genug von Brennnesseln und stachligen Ästen. Sie lief in die Garage, um aus dem Auto eine Taschenlampe zu holen. Als sie die Wagentür öffnete, fiel ihr eine leblose Gestalt entgegen und kippte im Zeitlupentempo zur Seite. »Hiilfe!!!« Mit beiden Händen hielt sie die Tür zu und blickte angestrengt in die Ecke zum Gartenschlauch, damit sie das aus dem Wagen baumelnde Bein nicht sehen musste.
Als Erster war Florian zur Stelle. Die anderen folgten.
»Hier ist ein Toter!«, stammelte Tinchen. Sie ließ die Tür los und klammerte sich an Karstens Hals.
»Wo?«
»Da! Im Auto!«
Mit einem Griff befreite er sich. »Ab morgen guckst du nur noch das Kinderprogramm!« Dann öffnete er die Wagentür und sah in das erstaunte Gesicht von Benjamin. »Is’n hier los?« Erst als er die Volksversammlung in der Einfahrt bemerkte, schien er sich wieder zu
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