Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
betonte er stolz.
»Warum denn?«
»Das erste Mal bin ich mit dem Munitionstransporter – das ist ein Achttonner – nach Marburg reingedonnert und habe zwei Kästen Bier geholt. Auf dem Rückweg hat mich der Spieß erwischt. Und das zweite Mal war ich dran, als ich meinen NATO-Hut auf dem Flohmarkt verhökern wollte.«
»Deinen Stahlhelm?«
Urban nickte bestätigend. »Exakt! Das war an einem Sonntag. Am Abend vorher hatten wir mächtig einen gebechert, und irgendwann hab ich gewettet, dass ich den Helm verscherbeln würde. Hat ja auch geklappt.«
»Und dann?«
»Nichts und dann. Mein Pech war, dass der Kommandeur höchstpersönlich auf der Suche nach einer alten Kaffeekanne war. Ausgerechnet am Stand neben mir hatte er eine entdeckt. Vierundzwanzig Stunden später saß ich im Bau.« Urban trank sein Bier aus und bestellte neues.
»Sollten wir nicht langsam Schluss machen?«
»Wieso? Wir fangen doch gerade erst an.«
»Ich muss aber heute Abend noch deinen Eltern gegenübertreten, und dazu brauche ich einen halbwegs klaren Kopf.«
»Na, wenn dich drei kleine Bierchen schon umhauen, dann weiß ich nicht, wie du bei uns eine Party durchstehen willst.«
»Wieso nicht? Was trinkt ihr denn da?«
»Cola mit Rum. Vor Mitternacht. Danach Rum mit Cola. Hast du mal ’ne Zigarette?«
Florian bedauerte. »Ich gewöhne es mir gerade ab.«
»Seit wann?«
»Seit ungefähr fünf Stunden.«
»Ach so, deshalb drückst du dauernd die Salzstangen im Aschenbecher aus! Na, lass mal, ich hole welche aus dem Automaten.«
Als er zurückkam, hatte Florian schon bezahlt. »Trink aus, und lass uns gehen.«
»Nur keine übertriebene Hast. Bei uns wird erst um 20.15 Uhr gegessen, nach der Tagesschau.« Urban ließ sich auf den Stuhl fallen und sah Florian fragend an. »Vorhin wolltest du doch noch irgendwas wissen, ich weiß bloß nicht mehr, was.«
Also setzte sich Florian wieder hin und spulte zum zweiten Mal seinen Fragenkatalog herunter.
»Gegessen wird so um zwei herum, wenn Rüdiger und Melanie aus der Schule kommen – vorausgesetzt, sie haben nicht auch noch am Nachmittag Unterricht. Oder Nachhilfe. Oder Arbeitsgemeinschaft. Oder Musikprobe. Oder Friseur. Oder –«, er stutzte plötzlich. »Ich glaube, die sind mittags nie da. Deshalb hat Frau Hahneblank ja auch für den Mikrowellenherd plädiert, weil man darin das Essen so schnell aufwärmen kann.«
»Wer, bitte sehr, ist das nun wieder?«
»Frau Hahneblank? Eigentlich heißt sie Schliers und ist unsere Putzfrau. Sie selbst bezeichnet sich allerdings als Haushälterin, und darum hat ihr Rüdiger diesen Spitznamen verpasst. Den kennt sie aber nicht.«
»Habt ihr die schon lange?«
»Seitdem wir unser gemütliches Reihenhaus aufgegeben und gegen diesen aufwändigen Schuppen eingetauscht haben, also seit sechs Jahren. Damals war sie ja noch ganz in Ordnung, aber jetzt kommt sie in die mittleren Jahre, wo sich ihre Haare langsam von schwarz zu grau wandeln, und nun wird sie unausstehlich. Am liebsten würde sie im Flur Filzpantoffeln aufreihen. Deshalb versteht sie sich auch mit Mutter so gut. Wenn es nach ihr allein ginge, hätte sie bei uns schon islamische Sitten eingeführt. Oder bist du noch nie in einer Moschee gewesen?«
Florian beteuerte sofort, mit den an diesen heiligen Stätten vorgeschriebenen Auflagen bestens vertraut zu sein, sie auch sehr hygienisch zu finden, für den europäischen Alltag jedoch ablehne.
»Schon aus optischen Gründen. Tinchen hat nämlich nie passendes Stopfgarn für meine Strümpfe.«
»Braucht sie auch nicht mehr, das hat Oma Gant. Die kommt schon seit Jahren zweimal in der Woche, bügelt die Klamotten und holt Flickwäsche ab. Wenn du dir bei ihr einen Stein ins Brett setzen willst, dann spendiere ihr ab und zu einen Pfefferminzlikör. Aber erst nach der Arbeit, sonst hast du doppelte Bügelfalten in der Hose.« Er machte einen langen Hals. »Was schreibst du denn da?«
Florian notierte bereits. Er hatte die zweite Mahnung für überfällige Kraftfahrzeugsteuer aus der Tasche gezogen und benutzte die Rückseite. 1. Putzfrau: Frau Schliers, genannt Hahneblank. 2. Bügeln und Wäsche: Frau Gant (Pfefferminzlikör). 3. Garten:
»Habt ihr auch jemanden für die Petersilie? Oder macht dein Vater das selber? Bei uns im Archiv gibt es eine ganze Menge Fotos bundesdeutscher Prominenz, die sich mit Vorliebe neben dem Rasenmäher aufbaut, eine Hand am Griff, und so dokumentiert, auf welch nützliche Weise sie ihre Freizeit
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