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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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es?«
    Sekundenlang war Florian sprachlos, aber dann schnaubte er los:
    »Tine, du hast ein selten dämliches Kind! Da erklärt man dem Gör eine Viertelstunde lang, wie ein Gewitter entsteht, und dann fragt sie, warum es donnert.« Der Psychologe setzte das selten dämliche Kind auf dem Nachttisch ab und suchte nach Ablenkung. Wenn er nicht sofort seine Hände beschäftigte, würde er seiner Tochter ganz unpsychologisch eine runterhauen. Endlich fand er ein zerdrücktes Päckchen Zigaretten, fingerte eine heraus, tastete die Bademanteltaschen nach dem Feuerzeug ab, fand keins. »Hast du Streichhölzer?«
    Tinchen hatte nicht. Sie holte den Föhn aus dem Schrank und sagte beiläufig: »Bei einem Gewitter gibt es doch immer die dicken schwarzen Wolken, nicht wahr, Julia? Wenn die da oben am Himmel zusammenstoßen, kracht es eben, und das macht sogar noch hier bei uns auf der Erde einen Heidenspektakel.«
    »Nu habe ich es verstanden«, strahlte Julia. »Wie Papi gestern mit dem Kopf an die Balkontür gerannt ist, hat es auch gebumst. Das hat sogar Onkel U-Bahn gehört.« Sie trollte sich. Im Hinausgehen hörte Florian sie sagen: »Du brauchst auch keine Angst mehr haben, Herr Schmitt, wenn es donnert, kommt das bloß von der Kondensmilch.«
    »Kon-den-sa-ti-ion!!!«, brüllte Florian hinterher. Dann sah er vorwurfsvoll seine Frau an. »Du untergräbst meine ganze Autorität! Wie kannst du dem Kind solch einen Blödsinn erzählen?«
    »Weil einer Fünfjährigen dieser Blödsinn mehr einleuchtet als dein pseudowissenschaftliches Geschwafel! Kondensation! Weißt du denn überhaupt, was das ist?«
    Erst zögerte er, dann grinste er versöhnlich. »Nicht so ganz genau. Giselas Brockhaus ist nämlich über zwanzig Jahre alt.«
    Sie zuckte nur die Achseln. »Wozu brauchst du ein Lexikon? Gewitter entstehen bekanntlich beim Zusammentreffen von Hochdruckgebieten mit Kaltluftfronten, feuchten Luftmassen und Feiertagen.«

    Im Esszimmer war der Tisch schon gedeckt. Nicht mit Meißen oder Rosenthal, nein, mit den geheiligten Sammeltassen, Erbstücke in dritter Generation und sonst nur hinter Glas zu besichtigen. Melanie legte gerade letzte Hand an die Dekoration. Unter ihren geschickten Händen verwandelten sich die Papierservietten in Schwäne und die endlich aufgeblühten Mandelzweige in kunstvolle Gestecke.
    »Wo hast du das gelernt?«, staunte Tinchen.
    »Nirgends. Mir macht so was ganz einfach Spaß.«
    »Mir auch, aber es kommt nichts dabei heraus. Als ich mal versucht habe, aus Zweigen und Gräsern Ikebana zu machen, hat mich Florian gefragt, weshalb ich die Gewürze ausgerechnet im Wohnzimmer zum Trocknen aufstelle.«
    Aus dem Nebenzimmer tönten Hammerschläge. »Was ist denn da los?«
    »Das sind bloß die Jungs. Die turnen seit einer Stunde da drinnen herum und verstecken Ostereier.«
    »Und dazu meißeln sie die Wände auf?« Vorsichtig schob Tinchen die Schiebetüren auseinander. Rüdiger wühlte im Besteckkasten und versuchte, ein Nest zwischen die Gabeln zu quetschen, während Urban auf einer Leiter stand und mit Heftzwecken einen Stanniolhasen an die Zimmerdecke nagelte.
    »Du hast deinen Darwin nicht richtig gelesen! Wir stammen von den Affen ab und nicht von den Vögeln. Wie um alles in der Welt sollen die Kinder da oben rankommen?«
    Er drehte sich um, wobei die Leiter bedenklich ins Wanken geriet; Tinchen griff zu, und der malträtierte Hase landete genau vor ihren Füßen.
    »Das ist jetzt schon der vierte, der kaputtgeht.« Urban sammelte die zerbrochenen Reste auf, wickelte das Papier ab und steckte sie in den Mund. »Noch einer und mir wird schlecht.«
    »Wie lange braucht ihr noch?«
    »Höchstens zehn Minuten.« Rüdiger klebte mit Tesafilm ein Marzipanküken in einer Gardinenfalte fest. »Immer bloß auf der Erde verstecken ist ja langweilig.«
    Tinchen schloss wieder die Tür. Aus dem Bücherschrank im Arbeitszimmer holte sie die Plastiktüte mit ihren eigenen Ostereiern. Für jeden hatte sie eine Kleinigkeit besorgt und beim Kauf festgestellt, dass der Preis jeweils in umgekehrtem Verhältnis zur Größe gestanden hatte. Das Seidentuch zum Beispiel, mit dem Melanie schon so lange liebäugelte, hatte ein Vermögen gekostet, so viel »Sonstiges« konnte sie ja gar nicht im Haushaltsbuch unterbringen.
    Auf diesem Haushaltsbuch, in dem die Ausgaben nur selten mit den Einkäufen übereinstimmten, hatte Martha bestanden. »Man muss wissen, wo das Geld bleibt«, hatte sie gesagt, aber das wusste Tinchen auch

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