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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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dass du dich immerzu einmischst mit deinem Salbadern und deiner Frömmelei? Was geht es dich eigentlich an, warum machst du nicht, dass du allein nach Hause kommst, wenn dir der Hintern kalt wird? Mit Diether Harzer wäre ich schon einig geworden, wenn du nicht deine Nase hineingesteckt hättest. Ich habe nämlich keine unehrlichen Absichten bei seiner Schwester, sondern nur die allerbesten, aber das ist eine Sache zwischen ihm und mir.«
    Endres stand still und ließ die beleidigenden Worte auf sich niederprasseln. Sag’s ihm, beschwor ihn Magda stumm. Sag ihm, dass es dich sehr wohl etwas angeht, weil wir nämlich verlobt sind, wie ich selbst es ihm auch schon gesagt habe. Sie suchte seinen Blick, um ihn zum Sprechen zu bewegen, aber Endres sah zu Boden und schwieg. Wie sollte Linhart ihre Verbindung ernstnehmen, wenn Endres sich nicht zu ihr bekannte, wie sollte irgendwer in dieser Stadt sie ernst nehmen? Sie hatte ihn für seine stille Art geliebt und nie etwas Übles über ihn gedacht, aber jetzt musste sie die Lippen aufeinanderpressen, um ihm nicht entgegenzuschleudern, was sie von ihm hielt: Du Feigling, dachte sie. Wann wirst d u e n dlic h aufhören, dic h vor allem und jedem zu ducken?
    »Komm nach Hause«, sagte Endres schließlich nicht zu Magda, sondern zu Diether. »Lass dich hier nicht schon wieder auf Streit ein, ich bitte dich darum.«
    »Und warum bitte schön sollte ich?«, höhnte Diether. »Ganz Unrecht hat er ja nicht, der Linhart – weshalb mischst du dich überhaupt ein, wenn du dann den Mund nicht aufbekommst, um zu sagen, wo du bei dieser Sache stehst? Für meinen Großvater magst du der Held seiner Träume sein, aber für mich muss ein Kerl erst mal Mut beweisen, ehe ich ihn in den Himmel hebe.«
    Das Gelächter und das Getuschel verstummten. Magda hatte das Gefühl, als schlösse der Ring der Gaffer sich enger um sie. Gespannt wartete die Horde auf das, was jetzt geschehen würde. Ein echter, womöglich blutiger Kampf war besser als das lahme Mirakelspiel der Schausteller, und damit, dass Diether Harzer sich gegen seinen getreuen Schatten, den wackeren Endres, wenden würde, hatte niemand gerechnet.
    Endres hob den Kopf und sah Diether an. »Lass uns gehen, ehe ein Unglück geschieht«, sagte er leise. »Der Marktmeister kann uns an Ort und Stelle eine Buße aufbrummen, wenn wir seine Ordnung stören.«
    Was Diether bewegte, umzuschwenken, wusste Magda nicht. Gewiss nicht die Buße, die vom Marktmeister drohte, denn derlei forderte ihn eher noch heraus. Er ballte die Faust und vollführte einen Ausfallschritt in Richtung Linhart, dann aber wandte er sich zu Endres zurück, spuckte aus und ließ die Faust sinken. »Also meinetwegen. Aber du kommst auch mit.« Er verstärkte seinen Griff um Magdas Arm und zerrte sie mit sich von der Tanzfläche. Sie hätte sich wehren können, versuchen, ihn abzuschütteln, doch sie fühlte sich mit einem Schlag todmüde und wünschte nur noch, dass dieser Tag zu Ende ging.

8
    Die Ernte kam und fiel zwar von Neuem kärglich, jedoch nicht ganz so übel aus wie im Jahr zuvor. Vielleicht hörte das Wetter also allmählich doch auf, verrückt zu spielen, und von der Strafe Gottes würde nichts übrigbleiben als ein paar Gräuelgeschichten, um Kinder zu erschrecken. In jedem Fall würden die Brandenburger in diesem Jahr leichter über den Winter kommen. Im Hause Harzer war es für Jubel zu früh, doch es gab Geld, um Getreide zu kaufen, und zögernd breitete sich Erleichterung aus.
    Magda allerdings hatte seit dem Jahrmarkt zu Walpurgis das Gefühl, auf einem Ballen Stroh zu sitzen, der jederzeit Feuer fangen konnte. Dabei gab es offenbar keinen Grund, sich zu fürchten: Es war kein Brauverbot ergangen, Diether hatte bei seinen Eskapaden bisher keinen Schaden genommen, und Lentz war zwar noch immer in sich gekehrt, aber sein Zustand hatte sich zumindest nicht verschlechtert. Dennoch erschien der Frieden im Haus ihr trügerisch, und am Michaelistag begriff sie, warum.
    Sie waren wie gewöhnlich gemeinsam zur Messe gegangen, hatten hinterher noch im Kreis von Bekannten vor dem Kirchentor gestanden, um über Propst Nikolaus zu schimpfen, und sich dann auf den Heimweg gemacht. Hinter dem Kirchhof schloss Linhart sich ihnen an. Wie zum Maifest hatte er sich mit besonderer Sorgfalt gekleidet, trug ein Paar der engen Beinlinge, wie sie unter den Patriziern in Mode kamen, und seine Gesichtshaut war gerötet, als habe er sie geschrubbt.
    »Guten Morgen, Magdalen«,

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