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Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen aus Bernau: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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süße Saft die Gelenke hinunterrann. Vielleicht wäre es schön, im März seinen Hof mit den Händen umzugraben, statt die Hacke zu nehmen und vor Schweiß zu triefen. Vielleicht – aber die sonnendurchflutete Welt blieb Magda trotzdem fremd und schwer vorstellbar.
    »Wenn ich könnte, ginge ich dorthin«, sagte Utz. »Kämst du mit?«
    Magda trank Wein und sagte: »Ich glaub nicht, Utz. Ich wäre da nicht am richtigen Platz. Ja, ich weiß, bei uns ist es rau und trübe, und die Erde ist so zäh wie alte Binsen. Und dann sind da die Sümpfe und die verteufelt dunklen Wälder voll Gesindel – aber es ist doch das Land, das uns gemacht hat, oder? Ich hab keine zarten Rehbeinchen, um auf grünen Hügelchen herumzuspringen, sondern zwei Stampfer, um Brandenburger Kraut zu treten. Ich tauge nicht dazu, mit gespitztem Mündchen Artigkeiten auszutauschen, sondern schwatze, wie mir mein Schnabel gewachsen ist. Nein, ich käme nicht mit. Ich bin Brandenburgerin, und auch ein Wildschwein fragt sich ja nicht, ob es als Damenpferd besser dran wäre.«
    Kurz sah Utz sie an, als verstünde er nicht. Dann brach er in ein Gelächter aus, wie sie es selten bei ihm gehört hatte. »Weißt du was, mein Herz? Wenn ich nach Regensburg ginge, würdest du mir fehlen.«
    »Dann bleib eben hier!«, rief Magda. »Überhaupt, wer sagt dir denn, dass es dort nicht auch regnet, wo es doch schon Regensburg heißt?«
    Zu einer Antwort kam Utz nicht, weil sich ein Dritter zu ihnen gesellte. »Ich komme, um dich zu fragen, Magdalen, ob du nicht mit mir tanzen magst«, sagte Linhart und nickte ihr zu. Er trug ein reines Hemd aus feinem Leinen und hatte sich das wilde rote Haar, so gut es ging, geglättet.
    Magda wollte eine höfliche Floskel der Ablehnung stammeln, aber Utz antwortete an ihrer Stelle: »Das ist sehr löblich, Linhart. Meine Schwester hat gewiss längst genug davon, sich mit mir die Beine in den Bauch zu stehen.«
    »Habe ich nicht!«, protestierte Magda, aber den Tanz konnte sie jetzt nicht mehr zurückweisen. Ein wenig beklommen ging sie an Linharts Arm zurück zur Linde.
    »Hoppla!«, rief ihr Tänzer, sobald die Fiedel ihren wilden Auftakt begann und gleich darauf der Sackpfeifer und die Jungen mit den Tamburinen einfielen. Auf dem Tanzboden verstand der sonst so verdrießliche Linhart seine Sache, das musste Magda ihm lassen. Er wirbelte sie linksherum, dann fing er sie im Fluge auf und wirbelte sie nach rechts, dass ihr Hören und Sehen verging und sie vor Vergnügen japste.
    »Du tanzt ausgezeichnet, Magdalen.«
    »Das Kompliment bekommst du zurück.«
    Sein Fischatem störte sie nicht mehr, so wenig wie der leichte Regen. Seine Hände umfassten ihre Taille, warfen sie mit Schwung in die Höhe und fingen sie gleich darauf wieder auf. »Hoppla!« Sie lachten zusammen.
    Geschickt stellte er sie auf die Füße, doch als er sie nach der Linken drehen wollte, sprang ihr Diether in den Weg. »Lass meine Schwester los, Linhart von der Mauer. Fass sie nie wieder an, oder du hast einen Haken sitzen, dass du nicht mehr weißt, wie du heißt.«
    Linhart straffte die schmalen Schultern und umfasste Magdas Oberarm, als wäre sie sein Besitz. »Darf deine Schwester nicht selbst entscheiden, mit wem sie auf dem Maifest tanzt? Ich habe sie höflich gefragt, und dein Bruder Utz, der ja wohl älter ist als du, hatte nichts dagegen einzuwenden.«
    »Halt dein Drecksmaul, Linhart!« Diether griff nach Magdas anderem Arm, und einen Augenblick lang glaubte sie, die beiden wollten sie zwischen sich zerreißen. Dann trat Endres dazu und berührte seinerseits Diether am Arm. »Lasst gut sein. Gehen wir nach Hause. Auf solchen Festen trinkt so mancher mehr als er verträgt.«
    »Und wer bist du?«, erwiderte Linhart höhnisch. »Der Laufbursche von Propst Nikolaus, der uns Moral predigt?« Er ließ Magda los, krümmte den Rücken und stieß seinen Kopf wie eine Natter nach vorn. »Den Peterspfennig will ich, heraus mit dem Peterspfennig!«, ahmte er die geifernde Stimme des Propstes nach. »Ihr verkommenen Sünder, hört auf, euer Geld auf dem Maifest zu versaufen, und spendet es eurer Mutter Kirche, oder ihr brennt alle miteinander in der Hölle!«
    In Windeseile hatte sich ein Kreis um sie gebildet. Gelächter ertönte. Der Regen wurde stärker.
    »Ist schon gut, Linhart«, sagte Endres. »Für uns wird es Zeit – reden wir ein andermal darüber.«
    »Wer hat denn überhaupt mit dir geredet?«, fuhr Linhart auf. »Weißt du, wie satt ich es habe,

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