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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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zusammenstürzen.«
    Wie um seine Worte zu bestätigen, ertönte in diesem Moment ein hässliches, knirschendes Geräusch, dem ein mächtiges Krachen folgte: Eines der wenigen Schülerhäuser, die noch nicht dem Erdboden gleich waren, zerfiel nicht weit von uns entfernt zu Trümmern und Staub. Wir hasteten weiter.
    »Zum Landeplatz!«, bestimmte Golondrin und versetzte mir einen Stoß zwischen die Schulterblätter, der mich in eine andere Richtung als die beförderte, in die Mikkoka flüchtete. »Dein Mana wird dich in Sicherheit bringen.«
    »Du meinst, mein Mana wird mich in die Ungewissheit tragen«, fluchte ich und dachte gar nicht daran, seiner Aufforderung Folge zu leisten. »Ich fliege nicht ohne Cocha!«
    Golondrin stöhnte auf. »Du wirst sterben, wenn du hierbleibst«, schnappte er. »Wenn du nicht verbrennst oder erschlagen wirst, wird der Staub deine Lungen lähmen!«
    »Ich gehe mit euch«, entschied ich, während ich stur neben ihm herhastete. »In eure Sicherheit.«
    »Wir versuchen, in die Felsen zu gelangen. Unsere Sicherheit ist dein sicherer Tod«, brüllte Golondrin. »Kratt wird dich umbringen!«
    »Ich werde ebenso sterben, wenn ich Cocha zurücklasse«, behauptete ich, und Golondrin kapitulierte vor meiner Sturheit und stürmte weiter voran. Aber Mikkoka machte auf dem Absatz kehrt, eilte zu mir zurück, vergewisserte sich kurz, dass ich mich nicht in unmittelbarer Nähe einer einsturzgefährdeten Ruine oder eines Feuers befand, und schlug mir mit aller Gewalt auf die Nase. Ehe ich begriff, wie mir geschah, kippte ich um wie ein gefällter Baum, und als ich mich benommen wieder aufrappelte, waren die beiden schon so weit weg, dass ich gerade noch sah, wie sich ihre Schemen im Staub auflösten.
    Ich folgte ihnen trotzdem, hielt dabei aber einen gewissen Abstand ein. Falls sich einer der beiden noch einmal umdrehte, würde er höchstens einen Schatten im Staub erkennen, aber kein Gesicht. Immer wieder machten sie Halt, um Schutt beiseitezuräumen und Verletzten zu helfen, und ich bewunderte sie für ihre Stärke und ihren selbstlosen Einsatz und hätte sie wirklich gern unterstützt. Aber dann hätten sie mich ja gesehen, und Golondrin hätte wieder auf mich eingeredet, und Mikkoka hätte mich wieder von den Füßen geboxt. Weil ich zwar ein paar irrlichternden Überlebenden begegnete, aber niemandem, der auf meine helfende Hand angewiesen war, besänftigte ich mein zunehmend schlechtes Gewissen damit, einen verletzten, staubverkrusteten Beutelwolfwelpen, der aus dem zerstörten Tierpark entlaufen sein musste, auf den Arm zu nehmen, und war aus zweierlei Gründen froh, als die beiden irgendwann durch einen breiten Riss, der in der Straße klaffte, in den Untergrund schlüpften: Zum einen, weil ich ihnen bald nicht mehr wie ein Dieb in der Nacht würde hinterherschleichen müssen, und zum anderen, weil ich wusste, dass sie nun zur Grotte eilen würden. Und wenn Cocha überlebt hatte und noch nicht dort war, dann würde er dorthin kommen, sobald es ihm irgendwie möglich war, so viel stand fest.
    Mikkoka hatte sich ein armlanges, an einem Ende brennendes Trümmerstück geschnappt, sodass es mir nicht schwerfiel, auf ihrer Fährte zu bleiben, während sie durch den Untergrund hasteten. Aber was soll ich sagen: Der Weg in die Grotte wurde dennoch zur Tortur – zumindest auf der Strecke, die unmittelbar unter der zerstörten Stadt lag. Der Spalt, durch den wir in den Stollen geschlüpft waren, schien sich durch ganz Silberfels zu ziehen. Ein beachtlicher Teil des unterirdischen Tunnelsystems lag frei. Immer wieder versuchten Staub und Schutt, uns zu bremsen, und einmal mussten wir sogar zurück ins Freie klettern, um einen anderen Zugang zu suchen, was besonders für mich mit dem kraftlosen Welpen unter dem Arm sehr mühselig war. Aber irgendwie schafften wir es.
    Golondrin und Mikkoka fanden den richtigen Weg, und als sie durch den Felsspalt in die Grotte schlüpften, wartete ich zwei, drei Atemzüge ab und spähte dann vorsichtig um die Ecke.
    Mein Beutelwolf nieste kräftig, und alle Augen richteten sich auf mich. Wobei alle mächtig viele waren. Zwar waren die meisten der Kranken bereits aus der Höhle am unterirdischen See dirigiert worden, weil es bestimmt nur eine Frage von Stunden war, bis die ersten Männer der Hilfstruppen, die vermutlich schon jetzt nach Silberfels strömten, auf die Stollen unter der Stadt aufmerksam wurden und sich auf der Suche nach durch die Dunkelheit irrenden

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