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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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Gastspiel erlaubte. Schon bald musste ich mir das Tuch, das ich um den Nacken trug, auch um die Ohren wickeln, damit sie nicht einfroren und abbrachen. Und schließlich um das halbe Gesicht, denn nach drei Wochen hielt der Winter Einzug, über Nacht und mit aller Gewalt.
    Hätten wir die letzte Nacht unserer Reise an die Ostküste im Freien verbracht, wären wir womöglich im Schlaf erfroren, denn die Temperatur stürzte binnen weniger Stunden weit unter den Gefrierpunkt. Sämtliche Gewächse erstarrten wie vor Schreck, und der schneidende Wind knickte ihre plötzlich steifen, harten Blätter von den Zweigen. Dichte, graue Wolken klebten am Himmel, und alles – auch ich – war von einer dünnen Frostschicht überzogen, an der man regelrecht kleben blieb, wenn man sie berührte. So etwas hatte ich noch nie erlebt! In den Jahren zuvor hatte es ein paar sehr ungemütliche Winter gegeben, aber Bodenfrost kannte ich bis dato nur aus Büchern und aus Erzählungen alter Menschen, die noch Jahrzehnte später vernichtete Wintersaaten und darauffolgende Hungersnöte beklagten.
    Wir waren in einem Gänsestall untergekommen, was an Komfort kaum zu unterbieten, aber ein wenig wärmer und vor allem windgeschützter war als unsere beiden Zelte, die eigentlich nur zwei große Laken waren, die wir über stets neu improvisierte Gerüste warfen. Ohne Karren und mit nur einem Esel konnten wir ja nur das absolut Notwendigste mitführen, wenn wir überhaupt noch irgendwie vom Fleck kommen wollten.
    Jedenfalls: Kaum hatte ich an diesem voraussichtlich letzten Morgen auf Lijm den ersten Schritt in die mörderische Kälte außerhalb des Stalls getan, wünschte ich mir nichts mehr, als umzukehren und es meinem Beutelwölfchen gleichzutun, das sich noch immer zwischen aggressivem Federvieh und ätzendem Gänsedung im schimmligen Stroh wälzte. Ich hatte ja keine Schuhe mehr – bloß die zunehmend löchrigen Leinenbinden schützten meine blutigen Füße notdürftig vor Kies, Kälte, Dornen und Holzsplittern!
    Mikkoka nötigte mich jedoch zum zweiten und dritten Schritt, indem sie mir einen Stoß zwischen die Schulterblätter verpasste, der mich in noch immer gebückter Haltung aus dem Stall stolpern ließ.
    »Du stehst im Weg, Küken«, erklärte sie.
    Tronto, der sich kurz vor mir ins Freie gewagt hatte, fing mich mit seinen verwarzten Händen auf, was nett gemeint, aber noch unangenehmer war, als vornüber im Dreck zu landen. Darum hielt sich meine Dankbarkeit in Grenzen, und statt das Wort an ihn zu richten, wirbelte ich herum, schoss auf Mikkoka zu, holte aus, um nach ihr zu schlagen, konnte mich aber irgendwie noch beherrschen.
    »Lasst es sein, ihr beide. Das hat doch keinen Sinn«, seufzte Tronto, der mein rechtes Handgelenk in der Luft ergriffen hatte und sich einbildete, dass ich mir ohne seinen Einsatz die Finger an diesem Bazillenherd beschmutzt hätte, was mir aber nie eingefallen wäre. Unwillig riss ich mich los.
    »Warum hasst du mich eigentlich so sehr?«, fauchte ich Kratts Schwester an, die mir ruhig gegenüberstand und mich mit einer Mischung aus Verachtung und Triumph maß.
    »Ich hasse dich nicht, ich kann dich nur nicht ausstehen«, erwiderte Mikkoka und schritt hochnäsig an mir vorbei, um nach den anderen Ausschau zu halten, von denen aber weit und breit nichts zu sehen war. Das war nichts Außergewöhnliches. Die Männer schwirrten oft in aller Frühe aus, um Proviant oder Wasser für den Tag zu beschaffen, und Anna schnarchte noch zwischen dem stinkenden Geflügel.
    »Aha. Was für ein Unterschied!«, schnaubte ich und versuchte, nicht allzu hektisch von einem Fuß auf den anderen zu hüpfen, was ausgesehen hätte, als litte ich, das vermeintlich verwöhnte Mädchen, allzu sehr unter der eisigen Kälte, oder als müsste ich dringend pinkeln. Was beides zutraf.
    »Ja. Und zwar in der Wertigkeit«, gab Mikkoka zurück. »Ich müsste mir schon ziemlich viele Gedanken über eine bestimmte Person machen, um sie zu hassen. Das bist du mir aber überhaupt nicht wert, Prinzessin.«
    »Prinzessin. Aha.« Nur Primitive haben Könige und Prinzessinnen, aber dir muss ich wohl nicht erklären, dass sie mich damit schon wieder beleidigte. Ich schluckte eine angemessene Erwiderung herunter, denn inzwischen litt ich wirklich unter ihren ständigen Anfeindungen, und ich wollte diesen ewigen, sinnlosen Streit endlich beilegen.
    »Gut«, sagte ich darum nur. »Aber ich will nicht mit dir streiten. Der Klügere gibt nach.«
    »Was

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