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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hohlbein
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schüttelte entschieden den Kopf. »Vater hat genug Geld!«, hielt ich dagegen. »Und Gold und Edelsteine und Nahrung und Salpeter und Arbeitskräfte und Manas und Manis und …«
    »Natürlich wäre er in der Lage, Carthun weiterhin zu bezahlen. Selbst wenn er das Zehnfache für seine Dienste verlangte und ein dreimal so großes Haus für seine Familie«, bestätigte Sora. »Immerhin hat er ihn für mindestens drei Jahre im Voraus entschädigt, obwohl seine Zeit am Hof ohnehin nur einen Sommer später ablaufen würde. Nach der Konferenz muss ich einem Spezialisten zugewiesen werden oder nach Silberfels gehen, und Carthun kann von so vielem eine ganze Menge, ist aber auf nichts spezialisiert. Nein, auch das ist nicht der wahre Grund …«
    »Was ist es dann?«, drängte ich.
    »Unser Vater zürnt mir«, erklärte Sora, aber ich schüttelte schon wieder den Kopf. »Er nimmt mir Carthun zur Strafe.«
    »Das glaube ich nicht. Zumindest ist das nicht der Grund«, wandte ich ein. »Du hast selbst gesagt, er hat ihn schon entlassen, bevor wir ausgebrochen sind. Bestimmt hat Carthun etwas Dummes getan. Vielleicht hat er uns etwas Falsches oder Zweifelhaftes beigebracht. Erinnerst du dich an die Geschichte mit den Fröschen? Er hat behauptet, dass es Glück bringt, zur Mittagszeit einen blauen Frosch zu finden. So etwas sind Glaubensdinge, und Glaubensdingen erliegen nur Primitive …«
    »Ach, Schwester«, seufzte Sora und drückte mich so lange an sich, wie es seine zahllosen Blessuren erlaubten – also nicht sehr lange. »Irgendwann wirst du verstehen, was ihn so zornig macht. Bis dahin musst du mir einfach vertrauen.«
    Ich zog eine uneinsichtige Grimasse. Vor ein paar Tagen erst hatte meine Mutter ganz ähnlich dahergeredet, und das hatte mir ebenso wenig geschmeckt. Doch statt mich endlich richtig aufzuklären, verunsicherte mein Bruder mich noch mehr, indem er, wenngleich nur ganz kurz, sehr ernst wurde und hinzufügte: »Versprich mir nur eines, Chita. Wenn du es erfährst …« Er suchte meinen Blick und nahm mein Kinn zwischen die Finger, sodass ich ihm auf gar keinem Fall ausweichen konnte. »Bitte bleib meine Schwester. Kannst du mir das versprechen?«
    »Wieso sollte ich jemals …«, fuhr ich auf, aber Sora war offenbar nicht gewillt, mich an diesem Morgen auch nur einen einzigen Satz komplett aussprechen zu lassen.
    »Versprichst du es mir?«, wiederholte er, und es klang fast flehend, was für meinen großen, starken, tapferen Bruder sehr, sehr ungewöhnlich war. Ich war völlig verwirrt, hob aber die Hand zum Eid.
    »Ich verspreche es«, schwor ich, und Sora herzte mich erleichtert, ehe er scheinbar grundlos auflachte und in Richtung der anderen nickte, die im Hof der letzten Nachzügler harrten (wozu erstaunlicherweise auch Soras neuer Lehrmeister zählte).
    »Ich danke dir, Lieblingsschwester«, sagte er und hinkte vor mir her in den Hof zurück. Ich reagierte nicht gleich, denn ich war noch immer verwirrt. Darum winkte er mir voller Ungeduld. »Nun komm schon, mein kleiner, zarter Kaktus!«, neckte er mich über die Schulter hinweg. »Du willst doch wohl nicht das Handelsfest verpassen?«

7
    D as Handelsfest wollte ich wirklich nicht verpassen. Niemand wollte das. Im Palast blieben nur die nötigsten Kräfte und Wächter zurück, ebenso am Anleger. Jeder, der es irgendwie einrichten konnte, machte sich auf nach Kirm, in die nächste große Stadt also, zu der die einzige befestigte Straße führte. Als unser Karren durch das Tor im Wall ratterte, war das holprige Pflaster schon gerammelt voll. Bauern und Dorfbewohner, mittelbar oder unmittelbar Angestellte Hohenheims, die Großfamilien aus den Langhäusern und Reetdachdörfern, die die Landschaft um den Palast herum spickten, und sogar viele der Krieger mit ihren Frauen und Kindern – sie alle wollten den Prozessionszug sehen und an dem riesigen Fest teilnehmen, mit dem wir den blühenden Handel unter den Staaten Cyprias, aber auch den mit Klivien und einigen anderen Völkern, die zwar glaubten, aber eben nicht an uns, zelebrierten.
    Und natürlich das andere große Geschäft, das unseren großartigen, überaus fortschrittlichen Kontinent und die Inseln um ihn herum überhaupt erst zu dem gemacht hat, was er heute ist.
    Was meinst du?
    Das Geschäft mit den Opfergaben. Mit den Dingen, die du und deinesgleichen auf der ganzen Erdkugel uns überlassen. Gold, Edelsteine, hübsche Dinge aus seltenen Hölzern, Nahrung, Wein, Perlen und Tiere …
    Wir geben

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