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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Was interessierten diesen Mann ihre Mädchenträume.
    Hieronimo Caliari betrachtete sie nachdenklich. »Und, habt Ihr Euren Globus je bekommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er blieb ein Traum. Später erkannte ich, dass er nur ein Symbol war für meine Wünsche nach dem Unbekannten. Nach den magischen Ländern am anderen Ende der Welt.« Sie hob die Schultern. »Irgendwann hatte ich andere Wünsche, die eher zu erfüllen waren.«
    »Welche waren das?«
    »Die einer jeden jungen Frau. Eheglück, ein Kind.« Sie lächelte angestrengt. »Wie Ihr wisst, war mir auch hier das Schicksal nicht hold.«
    »Davon hörte ich, und es tut mir sehr leid, dass Ihr in Euren jungen Jahren schon so schreckliche Erfahrungen machen musstet. Celestina … ich darf Euch doch so nennen, oder?«
    Sie nickte überrumpelt.
    »Celestina, solange man auf der Welt ist, gibt es auch immer wieder neue Wünsche, für die es sich zu leben lohnt. Es gibt Ziele, die man sich setzen kann. Oft sind das sogar Ziele, die jeden Einsatz wert sind.«
    Keinesfalls konnte er ahnen, wie treffend er ihre Situation damit beschrieben hatte. Voller Unbehagen senkte sie die Lider.
    »Sicher habt Ihr recht. Doch nun muss ich los. Meine Tante wartet auf ihre Medizin.«
    Er lächelte sie an und berührte höflich die Krempe seiner Mütze. »Es hat mich sehr gefreut, Euch zu sehen. Auf bald, Celestina.«
    Sie murmelte ein paar Abschiedsworte und ging weiter. Aus den Augenwinkeln erhaschte sie dabei einen Blick auf den kostbaren Sattel, den er sich so wünschte. Mit einem Mal fragte sie sich, wovon er wohl sonst noch träumen mochte.
    Als sie das Haus betreten wollte, sah sie ihren Onkel im Garten arbeiten. Er beugte sich über eines der Beete und jätete Unkraut. Celestina zögerte kurz, dann ging sie zu ihm hinüber und wünschte ihm einen guten Morgen.
    Er war in Hemdsärmeln und verschwitzt, und er wirkte nicht besonders erfreut über ihr Erscheinen, offensichtlich schätzte er es nicht, bei seiner Lieblingstätigkeit gestört zu werden.
    Sie betrachtete das Beet, an dem er werkelte, doch sie sah nichts Auffallendes. Allerdings war ihr Interesse an Pflanzen ohnehin mäßig, sie hatte bisher kaum Zeit gefunden, sich näher damit zu befassen, obwohl sie wusste, dass sie für ein medizinisches Examen zumindest Grundkenntnisse in Pflanzenheilkunde aufzuweisen hatte. Doch waren diese eher theoretischer Natur, dergestalt, dass Namen sowie Mengen und Mischungen auswendig zu lernen waren, und natürlich musste man wissen, welches Heilmittel zu welcher Krankheit passte. Alles Weitere war Sache des Apothekers, der die Medikamente entsprechend der ärztlichen Verordnung herstellte.
    Zweifellos wies sie auf dem Gebiet der Botanik beträchtliche Wissenslücken auf; sie kannte zwar die gängigen Pflanzen, die in nahezu jedem Garten blühten, sowie einige, die man in freier Natur fand. Doch über bestimmte Gewächse wusste sie eindeutig zu wenig, vor allem über jene, die sich nicht nur zum Heilen von Krankheiten eigneten, sondern auch dazu, einem Menschen den Garaus zu machen. Es kursierten genug Schauergeschichten, die eindrücklich davon kündeten, wie jäh manches hoffnungsvolle Leben durch Giftmord geendet hatte. Ganze Herrscherdynastien hatten ihre Macht darauf gegründet, etwa die Borgia in Rom, die der Überlieferung zufolge Heerscharen unliebsamer Widersacher mittels Gift ausgelöscht hatten.
    Mit einem Mal fühlte sich Celestinas Mund sehr trocken an, sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Ich möchte dich zu deinen schönen Rabatten beglückwünschen«, brachte sie schließlich lahm hervor. »Die Rosen sind verblüht, aber dafür sind diese Anemonen hier prächtig.«
    Er musterte sie argwöhnisch. »Warum sagst du nicht, was du wirklich willst?«
    Sie konnte nur hilflos schlucken.
    Er nickte, als hätte er es vorher gewusst. »Wenn es darum geht, was wir wirklich wollen, schlägt uns das Schicksal oft mit Schweigen, nicht wahr?«
    Celestina war nicht sicher, ob das nur ein Gemeinplatz war oder ob es sich vielleicht sogar auf sie selbst bezog.
    Sie holte Luft, dann sagte sie unvermittelt: »Eine Frage brennt mir schon lange auf dem Herzen.«
    Ein unstetes Flackern trat in seine Augen. »Dann stell sie doch.«
    »Was ist dran an den Gerüchten, du hättest Alberto Caliaris Frau umgebracht?«
    Überrascht erwiderte er ihren Blick; ihm war anzumerken, dass er mit einer Frage nach seinen Pflanzen gerechnet hatte, vorzugsweise nach giftigen. Diese Frage hätte sie

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