Das Mädchen aus Mantua
stirnrunzelnd.
Galeazzo grinste. »Weil Frauen nie wissen, was sie wollen. Vielleicht haben sie im Winter schon längst andere Verehrer. Solche mit richtigen Häusern und ordentlichen Betten und warmen Öfen.«
William bemerkte Timoteos umwölkte Miene. Der Gedanke an fremde Verehrer schien ihm höchst suspekt, während Galeazzo eine derartige Aussicht mit der ihm angestammten Gelassenheit nahm.
»Wir bauen einen Kamin in die Hütte«, sagte Timoteo mit fester Stimme.
»Hoffentlich nimmst du dir nicht zu viel vor«, sagte William, und sie alle wussten, dass er nicht die Hütte meinte.
Am nächsten Tag
Celestina ging zu der Apotheke, wo sie schon des Öfteren Salben und Kräuterzubereitungen gekauft hatte, mit denen sie ihre Tante behandelte. Die Warzen und Hämorrhoiden sowie das Kopfweh und die Rückenschmerzen verschwanden nicht davon, aber wenn damit eine Linderung erreicht wurde, musste es schon als Erfolg betrachtet werden.
Am meisten Sorge machte Celestina die immer wieder in Schüben auftretende Übelkeit, verbunden mit Erbrechen und später gefolgt von Durchfall. War sie anfangs noch davon überzeugt gewesen, dass ihre Tante bestimmte Nahrung nicht vertrug, so hatte sie von dieser Annahme mittlerweile abrücken müssen. Auf ihre Veranlassung hin war Marta dazu übergegangen, jeden noch so kleinen Bissen sorgfältig zu notieren und Reste davon aufzubewahren, damit Celestina sie untersuchen und gegebenenfalls davon kosten konnte. Darunter fielen auch sämtliche Getränke, einschließlich derer, die Onkel Lodovico aus seinen selbst gezogenen Kräuterbeständen zubereitete. Damit war auch die Theorie über eine etwaige Vergiftung kaum länger haltbar, wenngleich Celestina deswegen nach wie vor ein ungutes Gefühl hatte.
Die Apotheke wurde von einem alten Mann geführt, dessen Augen halbblind waren vom Star. Doch er fand alles, was er benötigte, mit zielsicherem Griff in einem seiner deckenhohen, von Tiegeln, Säckchen, Kästchen und Gläsern überladenen Regale. Hinter dem Ladentisch stapelten sich diverse Kisten und Fässchen, aus denen es nicht immer vertrauenerweckend roch, und von der Decke hingen in langen Büscheln trockene Kräuter unterschiedlicher Herkunft.
Celestina ließ sich von dem Apotheker eine Salbe gegen Warzen anrühren und fragte außerdem nach einem Mittel gegen Übelkeit. Während er nach den entsprechenden Zutaten suchte, vertraute er Celestina an, dass er sich nach langem Zögern dazu durchgerungen habe, sich doch endlich den Star stechen zu lassen.
»Hier in Padua praktizieren nur Stümper«, sagte er. »Deshalb laufe ich schon seit Jahren halbblind durch die Gegend. Ich zog bereits in Erwägung, nach Venedig zu reisen, dort soll es einen sehr guten Starstecher geben, der noch nie ein Auge ruiniert hat. Dann kam Meister Filiberto des Wegs, ein Chirurg, von dem man Wunderdinge hört.«
Celestina erinnerte sich sehr gut an den Wunderarzt, die Plakate hingen zum Teil immer noch aus. »Ich sah ihn unlängst auf der Piazza beim … ähm, Praktizieren. Allerdings nicht beim Starstechen.«
»Auf der Piazza schneidet er nur den Narrenstein heraus. Den Starstich macht er nicht vor Publikum, es heißt, er brauche dazu absolute Ruhe. Zuschauer mag er dabei nicht um sich haben.«
Celestina dachte, dass dies möglicherweise als gutes Zeichen zu werten sei; anderenfalls hätte sie dem Apotheker dringend von einer Inanspruchnahme dieses Filiberto abgeraten.
»Nun, dann wünsche ich Euch viel Glück für die Operation«, sagte sie.
Der Apotheker verzog das faltige Gesicht. »Daraus wird wohl nichts mehr. Der Wanderarzt wurde gestern übel verdroschen. Er liegt im Spital.«
»Da war wohl jemand sehr wütend auf ihn.«
Der Apotheker nickte. »Ihr seid doch die Witwe eines berühmten Arztes, und wie ich hörte, war auch er ein Meister im Starstechen. Nun wollte ich Euch fragen, ob Ihr mir jemand anderen empfehlen könnt, der für diese Kunst berühmt ist und dem Ihr Euer eigenes Auge anvertrauen würdet.«
Sie nannte ihm den Namen eines Starstechers in Ferrara und eines weiteren in Venedig; von diesen beiden hatte Jacopo das Handwerk gelernt und sie mehrfach lobend erwähnt.
»Wobei ich leider nicht dafür einstehen kann, dass beide noch leben«, sagte sie einschränkend.
Der Apotheker erklärte, sich danach erkundigen zu wollen, insbesondere in Venedig, dorthin wolle er ohnehin bald reisen, da sein Bruder dort lebe.
Er bedankte sich für ihren Rat und reichte ihr die gewünschte Ware.
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