Das Mädchen aus Mantua
Morgen brachte. Es gab durchaus Tage, an denen er sich jung und leichtsinnig genug fühlte, irgendwelche verrückten Pläne zu schmieden, denn er wollte weg von hier, mehr als alles andere. Doch sich Dinge auszudenken und sie in die Tat umzusetzen, war zweierlei. Letztlich würde ihm wohl der Mut fehlen, da machte er sich nicht viel vor.
Doch das, was er mit ihr hatte, würde er so schnell nicht aufgeben, daran zweifelte er keinen Augenblick. Wenn es hart auf hart käme, wäre er möglicherweise doch zu Schritten imstande, vor denen er unter normalen Umständen zurückgeschreckt wäre. Vielleicht sogar dazu, für immer fortzugehen, falls dadurch gewährleistet wäre, dass er mit ihr zusammenbleiben konnte.
Er warf sich den Umhang über die Schultern und schlich sich aus dem Zimmer. Kurz verharrte er und lauschte, ob sich sonst noch jemand aus der Familie zu einem nächtlichen Ausflug entschlossen hatte, doch im Haus war es still. Weder seine abenteuerlustige Nichte noch der unselige Guido schienen den Schlaf gegen das Spiel mit dem Feuer tauschen zu wollen, jedenfalls nicht in dieser Nacht.
Die Schuhe in der Hand, eilte er die Treppe hinab. Unten in der Halle schrak er zurück, denn wie ein weißes Gespenst kam ihm die Alte entgegen. Sie hielt eine flackernde Öllampe hoch. »Ach, du bist es.« Ihre Miene war verkniffen, doch was sollte sie sagen? Sie besaß kein Druckmittel gegen ihn. Er wusste mehr über sie als umgekehrt. Außerdem mochte es eines Tages sein, dass sie auf sein Wohlwollen angewiesen war.
Das hinderte sie jedoch nicht daran, ihm vor die Füße zu spucken und verächtlich zurück zur Treppe zu schlurfen, mit der einen Hand die Lampe und mit der anderen den Becher mit dem Aufguss umklammernd, den Marta gleich zu sich nehmen würde. Es würde ihr nicht gut bekommen. In der Frühe würde Celestina wieder alle Hände voll zu tun haben.
Er verdrängte den Gedanken daran und verließ eilig das Haus.
Unruhig ging sie in der Kammer auf und ab, und als die Tür aufging und Gentile erschien, ließ sie ihrem Ärger freien Lauf.
»Du bist zu spät!«
»Nein, das bin ich nicht. Es ist Mitternacht, hast du nicht gerade das Läuten gehört?«
Sie stieß ihn vor die Brust, als er sie in seine Arme ziehen wollte. Doch dann gab sie nach und erwiderte seinen Kuss mit wildem Hunger. Sie hatte ihn vermisst!
Brodata hasste es, auf diese Weise von ihm abhängig zu sein, doch mit ihrer Unabhängigkeit war es nicht weit her, wenn er sie berührte. Sie wollte dann nur noch von ihm gehalten werden, sich in seiner Wärme verlieren.
An der Wand stand ein bequemes Bett, doch sie hatte nichts dagegen, als er sie gegen die Wand drängte, ihr die Röcke hochschob und sie im Stehen nahm. Keuchend empfing sie seine harten Stöße, genoss die Wonne, die sie dabei empfand, ebenso wie die unzüchtigen Worte, die er ihr ins Ohr raunte und die ihre Lust noch steigerten.
Vor dem Höhepunkt packte er ihre Hinterbacken, hob sie hoch und schwang sie herum. Sie hörte sein Ächzen, als er sie zum Bett trug. Sie kamen beide in die Jahre …
Dieser störende Gedanke verflog sofort, als er sie auf das Bett legte und weiter in sie stieß, ohne innezuhalten, bis ein erlösender Schauer sie durchlief. Sie bohrte ihm die Nägel in den Rücken, länger und fester, als es unter dem Einfluss der Leidenschaft entschuldbar gewesen wäre; damit tat sie ihm weh, das wusste sie, doch sie wollte , dass er Schmerzen litt, denn ihre Erfüllung besänftigte sie nicht, sondern schürte ihre Wut, weil ihr dabei bewusst wurde, wie sehr sie ihn brauchte. Ihn selbst. Nicht nur das, was er mit ihr tat. Sie fühlte sich ausgeliefert und verletzlich, und er sagte nichts, um ihr diese Gefühle zu nehmen. Er hielt sie lediglich in den Armen, streichelte ihr Haar, küsste ihr Ohr oder ihre Lippen, auf diese leichte, beinahe beiläufige Art, die alles oder nichts bedeuten konnte.
Sie hätte gern die Kerze gelöscht, damit sie sein Gesicht nicht sehen musste, denn das verstörte sie noch mehr. Unerwünschte Gefühle erwachten in ihr, wenn sie sah, dass das Leben ihn gezeichnet hatte, dass er nicht mehr jung war und seine besten Jahre hinter sich hatte. Es rührte etwas in ihr an, diese Lebensspuren zu sehen, die im Widerspruch zu dem Ausdruck in seinen Augen standen. Dort las sie jungenhaften Übermut, unbekümmerte Freude an diesem Beisammensein und an seiner Fähigkeit, ihr Lust zu bereiten.
Warum hatte sie ihn nicht vor zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren
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