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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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bereits ausgezogen, er hing über seinem angewinkelten Arm. Das Wams aus dunkelgrünem Samt betonte seinen kräftigen Oberkörper, die bauschigen Hosen steckten in glänzenden hohen Stulpenstiefeln. Das blütenweiße Hemd war mit einem schmalen Spitzenkragen versehen, einziges Zugeständnis an den modischen Manierismus spanischer Herkunft. Die Rechte mit dem Barett locker vor der Brust, verneigte er sich vor Lodovico. »Bertolucci, ich grüße Euch«, sagte er formell. Am abgehackten Ton seiner Stimme war zu spüren, dass er nervös war, und die einstudiert wirkende Abfolge seiner Bewegungen zeigte, dass er sich lange auf diesen Auftritt vorbereitet hatte.
    Celestina zuckte zusammen, als er seine Blicke auf sie heftete, sie wäre am liebsten wie Guido und Marta fluchtartig von hier verschwunden, doch diese Option schied selbstredend aus – er war ja ausschließlich ihretwegen hier.
    »Was führt Euch in mein Haus, Caliari?«, wollte Lodovico wissen. Er hatte sich erhoben, blieb aber beim Tisch stehen. Seine Miene signalisierte Verbindlichkeit, doch auch Wachsamkeit. Er war auf der Hut.
    Chiara betrachtete den Besucher misstrauisch, während die alte Immaculata ihn mit so bohrenden Blicken traktierte, als wolle sie in seinen Kopf dringen, um zu sehen, was dort vorging. Gentile hingegen gab sich abwartend, doch auch bei ihm nahm Celestina eine unterschwellige Spannung war. Er war längst nicht so gleichmütig, wie er sich gab.
    Arcangela, wie üblich die Neugier in Person, musterte den Besucher mit sichtlichem Wohlgefallen. Ihrem dafür empfänglichen Auge entging keineswegs, was für eine gute Figur er in seiner Festgewandung machte.
    Hieronimo blickte Lodovico fest an. »Ich möchte um die förmliche Erlaubnis bei Euch nachsuchen, Eure Nichte zu umwerben.« Röte stieg in seine Wangen, und er musste sich kurz sammeln. »Meine Absichten sind ehrbar, deshalb lege ich sie offen dar.« Er gewahrte die spöttischen Blicke von Gentile und zog kaum merklich den Kopf ein; vermutlich erinnerte er sich in diesem Moment an die Schlägerei auf der Piazza – und wer sie angefangen hatte.
    Steif fuhr er fort: »Mir ist bewusst, dass es zwischen unseren Familien … sagen wir, gewisse Animositäten gibt …«
    »Wir hassen euch mehr als Pest und Cholera«, warf Großtante Immaculata ein. Ein durchtriebenes Grinsen stand in ihrem Gesicht, als hüte sie ein amüsantes kleines Geheimnis.
    »Wie überaus treffend deine Formulierungen doch manchmal sind, werte Großtante«, sagte Gentile.
    Hieronimo räusperte sich. »Ähm … ja, in der Tat. Dessen ungeachtet meine ich, es wagen zu dürfen, um Monna Ruzzini zu werben.«
    »Ihr wollt Celestina heiraten?«, fragte Lodovico überrascht. Offenbar hatte er angenommen, das Interesse des Besuchers richte sich auf die andere Nichte, Arcangela.
    »Er hat von werben gesprochen, Onkel Lodovico«, sagte Celestina eilig. »Das ist nicht dasselbe.«
    »Werben ist eher so etwas wie zusammen spazieren gehen«, stimmte Arcangela sofort zu. »So eine Art Vorstufe zu ernsteren Plänen.« Sie besann sich. »Eine Vor-Vorstufe. Höchstens.«
    »Nun, ich bin einverstanden«, sagte Lodovico.
    »Dass er mich heiratet?«, entfuhr es Celestina.
    Ihr Onkel hob die Schultern. »Wir reden doch von Werben nicht im Sinne von Heiraten, sondern im Sinne von Spazieren, oder? Meinetwegen könnt ihr es gleich tun.« Er bedachte sie mit einem augenzwinkernden Lächeln. »Spazieren gehen, meine ich.«
    Chiara sah ihren Vater an, als könne sie die Welt nicht mehr verstehen. Großtante Immaculata grinste noch breiter, als habe ihr jemand einen guten Witz erzählt. Gentile saß zurückgelehnt da, die Beine übereinandergeschlagen und das Kinn in die Hand gestützt, als müsse er diese Sache erst gründlich überdenken, um sich ein Urteil zu bilden.
    »Vater, das geht aber doch nicht!«, begehrte Chiara auf. »Celestina kann doch nicht einfach allein mit einem fremden Mann spazieren gehen!«
    Hieronimo schien Einwände erheben zu wollen, doch Arcangela kam ihm zuvor. »Von allein kann keine Rede sein«, sagte sie munter. »Ich gehe natürlich mit. In gebührendem Abstand werde ich den beiden folgen und auf die strikte Einhaltung aller sittlichen Normen achten.«
    »Und ich begleite dich, werte Nichte.« Gentile erhob sich. »Wir sollten gleich aufbrechen. Es regnet gerade einmal nicht, das muss ausgenutzt werden. Lasst uns unsere Umhänge holen!«
    Celestina wusste kaum, wie ihr geschah. Auf all das war sie nicht

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