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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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scheußlichen Angelegenheit, die er im Zusammenhang mit einem toten Hund erlebt hat. Dieser Gianbattista hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Galeazzo noch tagelang nach Hundekadaver stank. Das Wams, das er an diesem Tag getragen hatte, musste er anschließend drei Mal waschen lassen.«
    »Ah, er ist also der Glückliche, mit dem du dich triffst«, sagte Celestina.
    Arcangela machte nicht den Versuch, es abzustreiten. »Pass bitte gut auf dich auf«, beschwor sie ihre Stiefschwester.
    »Das tu ich doch immer. Kommst du?«
    Auf leisen Sohlen verließen sie das Gemach. Arcangela begleitete Celestina nach unten. Sie öffnete die Pforte und spähte in die Nacht. »Die Luft ist rein.« Hastig küsste sie ihre Stiefschwester auf die Wange. »Gibt auf dich acht!« Leise schloss sie die Tür.
    Celestina lief ohne zu zögern los. Das Nachtlicht, das sie bei sich trug, warf einen matten Schein, gerade genug, um ein Stück der vor ihr liegenden Gasse zu sehen. Bei jedem Schritt horchte sie in die Dunkelheit, bereit, bei dem kleinsten Geräusch sofort als Schatten mit ihrer Umgebung zu verschmelzen. Doch niemand war zu sehen. In der Stunde nach dem ersten Nachtläuten waren unter der Woche so gut wie keine Menschen in der Stadt unterwegs, und das Haus der Bertolucci lag abseits der belebteren Plätze.
    Auf dem Weg zum Palazzo Bo begegneten ihr zwei Nachtwächter. Celestina hörte ihre Schritte, bevor sie zu sehen waren, und versteckte sich hastig hinter einem Mauervorsprung, bis sie vorübergegangen waren. Anschließend erreichte sie ihr Ziel ohne weitere Zwischenfälle. Gianbattista wartete an der vereinbarten Stelle, nicht am Hauptportal, sondern an einem Seiteneingang. Er trug einen schwarzen Umhang mit einer Kapuze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Nur die bleiche, schnabelähnliche Nase schaute heraus. Celestina schauderte bei dem Anblick. Er sah aus wie der wandelnde Tod. Und er roch auch so. Ihm entströmte der Gestank verwesender Körper. Celestina hielt die Luft an und wandte das Gesicht ab. In der von Schnaps- und Essendünsten erfüllten Schenke waren ihr weder sein Körpergeruch noch sein Aussehen so erschreckend erschienen wie hier in dieser dunklen Gasse.
    »Alles in Ordnung?«, wollte er wissen, während er die Kapuze zurückschob. Sein Haar war kurz geschoren, fast bis auf die Kopfhaut. Das hagere Gesicht mit den hervorspringenden Kieferknochen und den eingesunkenen Wangen ähnelte nun noch mehr einem Totenschädel. Das gewinnende Lächeln, mit dem er Celestina bedachte, machte es nicht besser, im Gegenteil, mit gebleckten, lückenhaften Zähnen sah er noch schauriger aus.
    »Alles bestens«, stammelte sie. »Danke, dass Ihr gekommen seid!«
    Du bist verrückt , sagte sie sich grimmig. Wie konntest du allen Ernstes glauben, dieses Unterfangen sei zu meistern?
    Wortlos streckte er ihr die offene Hand hin, und ebenso wortlos zählte sie die vereinbarte Anzahl Münzen hinein. Er ließ das Geld in den Falten seines Umhangs verschwinden und öffnete die Tür, während er Celestina informierte, dass durch diesen Eingang auch immer die Karren mit den Leichen und Tierkadavern geschoben würden.
    »Und natürlich auch wieder hinaus«, flüsterte er. »Wenn wir mit ihnen fertig sind.«
    Celestina nickte beklommen. Sie folgte ihm durch einen dunklen Gang und dann über eine Treppe hinauf zum ersten Stock, während er mit flackerndem Windlicht vorausging. Über einen weiteren Gang gelangten sie durch eine knarrende Tür in einen großen Raum.
    »Der Vorbereitungsraum«, flüsterte Gianbattista.
    Es stank erbärmlich. Celestina hielt die Luft an, während sie die vom Kerzenschein gespenstisch erhellte Umgebung betrachtete. Einige mit Tüchern abgedeckte Tische standen dort. Auf ringsum angebrachten Borden standen Bücher, aufgereiht neben anatomischen Präparaten aus Wachs. An den Wänden hingen Drucke von Schaubildern, unter ihnen Abbildungen aus der berühmten Fabrica von Vesalius.
    Dann wurde ihr ein Anblick zuteil, bei dem sie zurückfuhr: In einer Ecke stand ein Skelett auf einem Sockel, die einzelnen Knochen sorgfältig miteinander verdrahtet. Auf einem Tisch daneben lagen weitere Knochen, darunter ein Schädel, dessen leere Augenhöhlen sie anstarrten.
    Doch das war nichts gegen das, was sie noch erwartete.
    Gianbattista hob ein Laken von einem der Tische, und darunter kam ein Hundekadaver zum Vorschein, die Pfoten steif in die Luft gereckt. »Wir nehmen meist Hunde, sie sind leichter zu bekommen, und sie

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