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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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einfach ordentlicher.«
    Timoteo hielt es nicht für nötig, ihn darauf hinzuweisen, dass er auf dem Schlachtfeld mehr über die Behandlung von Verletzungen gelernt hatte als in den Vorlesungen, und daran würde sich bis zu seiner Promotion auch nichts ändern.
    Dabei war Fabrizio unter den Professoren insofern eine Ausnahme, als er nicht nur auf reines Buchwissen Wert legte. Er führte seine Studenten auch an die Betten der Kranken, damit sie dort ihre Kenntnisse erproben und erweitern konnten. Dort lernten sie es, auf Atemgeräusche zu lauschen, knöcherne Fehlbildungen oder Knoten zu ertasten, unterschiedliche Gerüche von Urin zu unterscheiden, Färbungen von Haut und Schleimhaut zu deuten.
    Doch Arme einzurenken oder Wunden zu nähen, lernten sie nicht. Dergleichen war eines feingeistigen und wissenschaftlich gebildeten Arztes nicht würdig. Zwar kannte man seit dem Wirken von Vesalius die genaue Anatomie des menschlichen Körpers, denn dieses Wissen, erworben durch das Sezieren von Leichen, bildete einen Grundpfeiler ärztlicher Kunst – der Behandlung von Krankheiten. Richtiger Krankheiten, etwa solche, die durch eine Störung der Säfte oder ein Ungleichgewicht der inneren Organe verursacht wurden.
    Für Verletzungen hingegen waren andere zuständig. Ordinäre handwerkliche Verrichtungen wie das Schienen von Knochenbrüchen, das Herausreißen von Zähnen, das Versorgen von Wunden sowie das Amputieren von Gliedern oblagen den Badern und Wundärzten, und beim Heer den Feldschern, die meist nicht einmal lesen konnten.
    Es waren viele Scharlatane unterwegs, denen jegliche theoretische Ausbildung fehlte. Ein Volk von wandernden Zahnreißern, Bruchbrennern, Starstechern und Steinschneidern zog durch die Lande. Sie priesen ihre Dienste oft als Marktschreier in den Städten an, und die Leute, die auf sie angewiesen waren, konnten sich freuen, wenn die Helfer wenigstens halbwegs ihr Handwerk verstanden.
    Nicht zum ersten Mal missfiel Timoteo diese Aufteilung. Wie sehr würde es Verletzten zugutekommen, wenn sich jemand ihrer annahm, der den menschlichen Körper in allen Einzelheiten und bis ins Innerste studiert hatte! Der sich mit der Anatomie aufgrund mehrjähriger wissenschaftlicher Erfahrung auskannte und somit der Praxis entscheidende Kenntnisse aus der Theorie zugrunde legen konnte! Waren Verletzungen denn nicht meist viel schlimmer für den Betroffenen als eine Krankheit?
    Timoteo konnte nicht umhin, so zu denken, denn nur zu gut erinnerte er sich daran, was ihm selbst geschehen war. Die entsetzlichen Schmerzen. Die stümperhaften Bemühungen des Feldschers, der schon am frühen Morgen betrunken gewesen war und dessen Hände so sehr gezittert hatten, dass er kaum das Skalpell führen konnte. Die dreckigen Hände des Mannes, die schmierigen Fäden, die er in die Wunde einlegte, um sie zum Eitern zu bringen.
    Timoteo konnte von Glück sagen, dass er diese Tortur überlebt hatte, von dem Fieber, das rasch hinzukam, ganz zu schweigen. Hätten seine Kameraden nicht am dritten Tag eine Frau aus dem nahen Dorf geholt, die sich auf Kräuterheilung verstand, wäre es wohl mit ihm vorbei gewesen. Sie hatte die Wunde gesäubert, mit einer Paste bestrichen und mit sauberem Leinen verbunden, und dann hatte sie den Feldscher gegen sich aufgebracht, indem sie behauptete, dass jeder weitere Versuch, die Verletzung absichtlich zum Eitern zu bringen, tödlich enden werde.
    »Es ist erwiesen, dass Eiter gut und segensreich ist«, hatte der Feldscher gelallt.
    »Dann bestellt einen Priester.«
    Der Feldscher hatte in trunkenem Zorn mit dem Stock gegen die alte Frau ausgeholt und gebrüllt, dass er das Bein absägen werde, was wiederum Timoteo dazu brachte, trotz seiner Fieberschwäche die Pistole auf ihn zu richten und ihm zu befehlen, sich fortzumachen. Danach hatte er den Kerl nicht mehr in seine Nähe gelassen. Ein paar Tage später stand fest, dass er zwar sein Bein behalten würde, aber nie wieder Waffendienst leisten konnte. Ein neues Tätigkeitsfeld musste her. In jenen Tagen hatte er entschieden, Arzt zu werden.
    »Ich verstehe das nicht«, jammerte Marta, verstört ihr Gesicht im Handspiegel betrachtend. Sie lag auf dem türkischen Diwan und zitterte vor Angst. »Welche Sünde habe ich nun schon wieder begangen, dass Gott mich mit einer neuen grässlichen Krankheit straft?« Ihre Stimme klang undeutlich, was auf die geschwollene Zunge zurückzuführen war. Geschwollen waren auch ihre Lippen und ihr Gesicht. Hinzu kam

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