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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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warum?«, entfuhr es ihrer Stiefschwester. »Du wirst dort bestimmt nicht viel lernen, was du nicht schon weißt. Das hat Jacopo selbst gesagt. Ich erinnere mich noch, wie er einmal erwähnte, dass du jetzt schon mehr weißt, als er beim Studium an der Universität gelernt hat.«
    »Es gibt etwas, das ich nur dort lernen kann, denn woanders geht es nicht. Man muss das lernen, um ein richtig guter Chirurg zu sein. Die Anatomie in praktischer Anwendung. Die Sektion an Leichen.«
    Arcangela warf einen weiteren Blick auf die gekreuzigte Gestalt in Celestinas Lehrbuch. »Wenn du wüsstest, welche armen Geschöpfe dort um chirurgischer Erkenntnisse willen seziert werden, wärest du gewiss weniger begierig, daran teilzuhaben.«
    »Was meinst du damit?«
    »Es sind lauter Hingerichtete und … ähm, Selbstmörder. Verdammte und Gequälte!«
    »Das weiß ich doch längst. Aber in erster Linie sind sie tot. Keiner kann ihnen mehr wehtun. Zerschnitten werden nur ihre Körper. Die Seelen sind bei Gott.«
    »Oder beim Teufel«, sagte Arcangela. Beklommen musterte sie Celestina. »Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Vor allem nicht bei der Frage, ob dieser Kuttenträger vertrauenswürdig ist.«
    »Bis jetzt habe ich keinen Grund, das Gegenteil anzunehmen.«
    »Das hast du bei dem Kerl aus der Anatomie auch gedacht, diesem Gianbattista. Und wer hat dich dann mitten in der Nacht allein im Leichenraum stehen lassen?«
    »Das war eine verständliche Reaktion, er hatte Angst, entdeckt zu werden. Außerdem hat es sich rückblickend als Glücksfall erwiesen, denn sonst hätte Frater Silvano mich nicht dort finden und mir seinen Vorschlag unterbreiten können.«
    »Gerade dieser Vorschlag macht mir Sorgen.« Arcangela straffte sich und sagte mit Entschiedenheit: »Ich kann nicht dulden, dass du dorthin gehst. Nicht nach dem, was ich heute erfahren habe. Allmählich werden mir hier einige Zusammenhänge klar.«
    »Zusammenhänge?«, fragte Celestina. »Welche Zusammenhänge meinst du?«
    »Diese armen Anatomieleichen – sie sind unter äußerst zweifelhaften Umständen zu Tode gekommen. Jedenfalls mindestens vier davon.« Arcangela hob die Hand, als Celestina sie unterbrechen wollte. »Frag nicht, wer mir das erzählt hat, denn ich werde es dir nicht sagen.«
    »Das musst du nicht, denn ich weiß es auch so. Vitale Manzini. Schließlich ist er der Leiter der örtlichen Polizeitruppe. Und dein Geliebter.« Trocken schloss Celestina: »Jedenfalls der eine der beiden.«
    Arcangela wurde glühend rot. »Was sagst du da? O mein Gott! Du weißt es! Hast du mich gesehen?«
    »Nein, weder mit dem einen noch mit dem anderen, du hältst es geschickt geheim. Aber ich kenne dich gut genug, um gewisse Schlussfolgerungen zu ziehen. Der andere – er ist der Medizinstudent, nicht wahr? Galeazzo da Ponte. Ihn triffst du an den Montagen, und den Capitano freitags. Von ihm bist du vorhin gekommen.«
    »Wie kannst du das unterscheiden?«, stammelte Arcangela.
    »Freitags legst du das Parfüm auf. Und montags blätterst du gelegentlich in meinen Büchern.«
    Arcangela senkte unglücklich den Blick. »Ich weiß, ich bin schrecklich lasterhaft!«, stieß sie hervor. »Egal wie oft ich beichte, ich komme so oder so in die Hölle. Aber ich schwöre dir, ich liebe sie beide! Lieber würde ich mir ein Messer in die Brust stoßen, als auf einen von ihnen zu verzichten!«
    Sie wirkte so verzweifelt, dass Celestina das Gefühl hatte, sie trösten zu müssen. »Immerhin beichtest du dein betrügerisches Spiel. Im Gegensatz zu mir.«
    Arcangela lachte kurz. »Ich habe mir einen Beichtvater gesucht, der stocktaub ist. Und dessen Kirche sowieso am Weg liegt.«
    »Welche ist es? Vielleicht sollte ich auch dort beichten.«
    »Die Capella degli Scrovegni. Aber man muss Wartezeiten in Kauf nehmen, er ist ein sehr gefragter Seelsorger. Und was willst du denn groß beichten? Sich als Mann zu verkleiden ist eher ein Geheimnis als eine Sünde.« Arcangela wiegte zweifelnd den Kopf. »Fragt sich nur, wie lange noch, nachdem bereits Cousin Guido und dieser fragwürdige Mönch davon wissen. Beiden traue ich keinen Fingerbreit über den Weg.«
    »Den Mönch kennst du doch überhaupt nicht!«
    »Du etwa? Seit wann kennt man jemanden, den man drei Mal getroffen hat? Außerdem reicht schon Guido, um dein ganzes Unterfangen zu gefährden. Er neigt zu unbedachten Handlungen, und als Geheimnisträger ist er absolut ungeeignet.«
    »Ich lasse es darauf ankommen. Jetzt erzähl mir, was du

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