Das Mädchen aus Mantua
William nach dem Pedell.
»Richtig, du musst dich ja einschreiben. Komm mit, ich zeige es dir.«
Erleichtert folgte sie ihm in einen Gang, wo er vor einer der Türen stehen blieb und klopfte. »Soll ich mit hineingehen? Ich weiß noch, wie mir zumute war, als ich mich eingeschrieben habe. Mir scheint, dir ergeht es gerade nicht viel anders. Aber natürlich nur, wenn du willst!«
»O ja, sehr gern«, sagte sie mit tief empfundener Dankbarkeit.
Der Pedell war um die dreißig und mit Glubschaugen und schlechten Zähnen geschlagen. Er stand vor einem Schreibpult und blätterte in einem Stapel Papiere. Als Celestina ihm ihr Anliegen mitteilte, hörte er gar nicht richtig hin, sondern musterte mit missmutiger Miene den Engländer. »Das neue Schwein muss heute noch weg«, teilte er ihm mit.
»Oh, ich …«, stammelte Celestina, die einen peinlichen Moment lang annahm, er meine sie.
»Ich weiß, es ist leidlich frisch, aber trotzdem kann nicht geduldet werden, dass es über Nacht in der Anatomie bleibt. Es wird heiß heute, und sobald man das Vieh aufgeschnitten hat, wird es Scharen von Fliegen anziehen. Beim letzten Mal hat es wirklich heftig gestunken. Es gab diverse Eingaben beim Rektorat.«
»Vornehmlich von den Juristen, möchte ich vermuten.«
Der Pedell nickte. »Sie bilden nun einmal die einflussreichste Fakultät der Universität. Kurzum, ich habe Weisung, mich darum zu kümmern. Keine aufgeschnittenen Schweine mehr über Nacht. Da ich Euch nun schon hier treffe, mögt Ihr es gleich an diesen triefäugigen Kahlkopf weitergeben, wie heißt er gleich?«
»Gianbattista.«
»Richtig. Ich weiß auch nicht, wieso ich immer seinen Namen vergesse. Und Eurem Professor sollte man es auch sagen.«
»Ich richte es ihm aus.«
Der Pedell wandte sich Celestina zu. »Wie war gleich Euer Name, junger Mann? Ich fürchte, ich habe es schon wieder vergessen.« Er zeigte mit dem Finger auf William. »Seinen vergesse ich nicht, weil er so fremdartig ist. Seltsamerweise kann ich mir solche Namen am besten merken.«
Celestina nannte ihm ihren Phantasienamen und sah nervös zu, wie er in einem anderen Papierstapel herumwühlte, bis er ein Blatt zum Vorschein brachte.
»Ah, da ist es ja. Messèr Marino da Rapallo aus Mantua.« Anerkennend zog er die Brauen hoch. »Von einem der Professoren zur Inscribation in der medizinischen Fakultät empfohlen.« Er zog einen dicken Folianten aus einem der Wandregale, klappte ihn auf und tunkte eine Schreibfeder in Tinte.
»Habt Ihr eine saubere Schrift?«
Celestina bejahte.
»Das sind mir die liebsten Studenten.« Er reichte Celestina die Feder. »Bitte sehr. Tragt Euch in das Matrikelbuch ein. Name, Datum und Unterschrift.«
Nachdem sie den Eintrag – mit zitternder Hand – gemeistert hatte, musste sie den studentischen Eid leisten, der auf Latein gefasst war und vom Blatt abzulesen war.
Sie schwor, Ehre und Recht ihrer Natio zu wahren, den Statuten zu gehorchen, den Würdenträgern der Universität die ihnen gebührende Ehrerbietung zu erweisen, sich in Rechtsstreitigkeiten zunächst an die Universität und dann erst an die Stadtverwaltung zu wenden und sich schließlich in Glaubensdingen zurückzuhalten, da auch solche Studenten in Padua willkommen waren, die nicht dem päpstlichen Glauben anhingen. »… et testimonium accipere eiorum immunitatis«, schloss sie.
»So sei es«, sagte der Pedell. »Ihr könnt ab sofort an den Vorlesungen teilnehmen. Vollzogen ist die amtliche Aufnahme übrigens durch die notarielle Ausfertigung des Scholarbriefs. Er wird Euch noch vor Beginn der Ferien zugestellt. Wo habt Ihr Euer Quartier?«
»Äh, ich kann mir den Scholarbrief auch abholen.«
»Dadurch entfällt aber nicht die dem Pedell zustehende Zustellgebühr«, sagte der Pedell säuerlich. »Eine halbe Krone. Und die Einschreibgebühren sind natürlich auch noch fällig. Die betragen statutengemäß zwanzig Soldi für die Armen der Universität, vier für den Rektor und sechs für den Notar.«
Celestina war erleichtert. Das entsprach der Summe, die ihr von den anderen Studenten genannt worden war, es würde ihre Barschaft schmälern, aber nicht aufzehren. Richtig teuer wurde dann erst wieder die Promotion. Um sich diese leisten zu können, würde sie noch von irgendwoher Geld auftreiben müssen. Oder eben doch das Stipendium annehmen, sofern es ihr denn überhaupt angetragen würde.
Was die Zeit bis dahin betraf, so würde sie sich schon über Wasser halten. Schließlich hatte sie
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