Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
Vom Netzwerk:
sieht aus wie Blut«, sagte sie und deutete auf den Fleck.
    »Nein, macht Euch keine Gedanken«, antwortete Giuditta sofort. »Das ist nur Tinte. Aber es ist schon seltsam, dass Ihr das erwähnt …«
    Benedetta bemerkte, dass Giuditta plötzlich abbrach und sich hilfesuchend nach ihrer Freundin umsah. Diese nickte ihr aufmunternd zu.
    »Beim ersten Mal, als ich diese Idee hatte …«, fuhr Giuditta dann fort, »war der Fleck wirklich aus Blut.«
    Benedetta wusste nicht, wovon sie sprach, doch sie spürte, wie ihr ein Schauder der Erregung durch den ganzen Körper lief. Das Glück war ihr gewogen. Jetzt musste sie es nur noch beim Schopf packen, und sie hatte gewonnen.
    »Wisst Ihr, was ich denke?«, sagte sie schmeichlerisch. »Das Schicksal wollte Euch beschenken.«
    »Wie meint Ihr das?«, fragte Giuditta.
    Benedetta drehte sich zu Octavia um. Jetzt war der geeignete Moment gekommen, sie für ihre Zwecke zu benutzen. »Ihr wisst, wovon ich rede, nicht wahr?«
    Lächelnd kam Octavia näher. »Vielleicht …«, gab sie vor. »Aber erklärt es lieber selbst …«
    Vielen Dank, du dumme Kuh!, dachte Benedetta.
    »Also, ich weiß nicht, was Ihr meint …«, sagte Giuditta.
    »Die Konkurrenz ist groß.« Benedetta warf Octavia einen verschwörerischen Blick zu.
    Octavia nickte stumm.
    »Ach, kommt schon, spannt mich nicht länger auf die Folter. Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht«, drängte Giuditta. »Bitte, edle Dame, klärt mich auf.«
    Benedetta strich mit dem Finger über den Fleck in dem Kleid, das sie gerade gekauft hatte. »Eure Kleider sind wirklich schön … wenn auch nicht wirklich außergewöhnlich …« Wieder sah sie Giuditta an. »Um aus der Menge hervorzustechen, müssten sie etwas Besonderes haben.«
    »Was denn?«
    »Blut.«
    »Blut?«
    »Sagt einfach, dass diese Flecken tatsächlich Blut sind«, erklärte Benedetta und sah nach oben, als wäre ihr dieser Gedanke gerade erst gekommen. »Blut von Verliebten. So werden die Frauen Eure Kleider nicht nur kaufen, weil sie schön sind, sondern weil sie hoffen, darin zu lieben und geliebt zu werden. Sozusagen … verzauberte Kleider!« Und ohne eine Antwort abzuwarten oder ihnen die Zeit zu geben, darüber nachzudenken und vielleicht etwas dagegen einzuwenden, nahm sie das eingepackte Kleid und verließ den Laden Psyche, dessen erste Kundin sie gewesen war. Eilig lief sie auf die schwarze Gondel zu, die sie erwartete.
    Giuditta und Octavia blieben schweigend zurück und sahen sich unschlüssig an.
    »Blut von Verliebten!«, rief kurz darauf Ariel Bar Zadok hinter ihnen. »Was für ein Einfall! So eine Dame hätte ich gern als Geschäftspartnerin. Auch wenn sie Christin ist.«
    Giuditta und Octavia lachten laut und riefen beide im Chor: »Blut von Verliebten!«
    Und während ihre Freundin weiterlachte, wurde Giuditta wieder ernst und dachte an das Taschentuch, in dem sich ihr Blut mit dem Mercurios vermischt hatte. Und wieder erbebte sie innerlich vor Leidenschaft.
    »Blut von Verliebten«, seufzte sie verträumt.

57
    E r war erkannt worden, da bestand kein Zweifel. Aber aus irgendeinem Grund hatte derjenige ihn nicht angezeigt. Zumindest noch nicht.
    Shimon tat so, als hätte er nichts bemerkt und lief weiter. Aber aus dem Augenwinkel beobachtete er den Diener, dessen Leben er in jener Nacht verschont hatte, als er den Wucherer Carnacina ermordet hatte, der Ester das Haus wegnehmen wollte.
    Vielleicht hatte ihn der Diener nicht verraten, weil er den Schmuck seines Herrn an sich genommen hatte. Oder er hatte ihn aus Angst nicht angezeigt. Doch möglicherweise ging es auch um Erpressung, dachte Shimon, als er von seinem Versteck hinter einer Häuserecke sah, wie der Diener auf zwei finstere, tätowierte Männer zuging und ihnen bedeutete, Shimon zu folgen. Vielleicht, so überlegte Shimon, war der Diener ja noch gieriger als sein Herr. Er beschloss, das zu überprüfen.
    Er trat aus seinem Versteck hervor, und die beiden Tätowierten hefteten sich sogleich an seine Fersen in der Überzeugung, er hätte sie nicht bemerkt.
    Seit dem Mord an Carnacina hatte er nicht mehr ruhig geschlafen. Er träumte nie von Blut oder von seinen Verbrechen. Nur der Rosenstrauch tauchte regelmäßig in seinen Träumen auf. Und immer wenn er diesen Traum von dem bis auf die Wurzeln zerstörten Rosenstrauch hatte, erwachte Shimon mit Herzklopfen. Als hätte er eine Art Warnung erhalten, dass bald ein Unglück geschehen würde, dass sein Schicksal unwiderruflich auf ihn

Weitere Kostenlose Bücher