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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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und war mit ihm zusammen …«
    Da begriff Mercurio, was Giuditta getan hatte, als er sie vor einigen Tagen am Fenster ihrer Wohnung im Ghetto Nuovo beobachtet hatte.
    »Als ich älter wurde, habe ich das Ganze vergessen. Aber seit sie uns hier eingesperrt haben, wie du es nennst, habe ich mich erinnert, dass ich den Himmel berühren kann, dass ich auf den Sternen reiten und von hier fortkann, wann immer und wohin ich will, ohne dass mich jemand daran hindern könnte«, sagte Giuditta lächelnd.
    Mercurio sah sie an, das Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals. »Aber jetzt ist dein Vater doch bei dir … Wohin reist du dann?«
    Giuditta senkte errötend die Augen.
    Mercurio spürte, wie eine Welle inniger Zuneigung ihn überwältigte. Giuditta musste ihm gar nicht sagen, wessen Nähe sie ersehnte. Er hob ihr Gesicht an und strich ihr sanft und zärtlich über die dichten schwarzen Augenbrauen. »Dann warte ich morgen auf dich«, flüsterte er mit erstickter Stimme, bevor er sich ihren Lippen noch einmal näherte und sie küsste.
    »Giuditta!«, hörten sie auf einmal Isaccos Stimme aus der Wohnung.
    Die beiden schraken zusammen.
    »Giuditta!«, rief ihr Vater noch einmal laut. »Wo bist du?«
    Mercurio sprang auf. Giuditta machte ein ängstliches Gesicht. Doch er lächelte ihr ermutigend zu und küsste sie rasch. Dann lief er schnell die ersten Stufen hinunter.
    »Ich komme schon, Vater!«, sagte Giuditta mit leicht zitternder Stimme.
    »Was machst du denn da im Treppenhaus?«, fragte Isacco von drinnen.
    Giuditta blickte immer noch ängstlich drein, auf die Schnelle wollte ihr keine Ausrede einfallen. Da schnippte Mercurio mit den Fingern, und als sie zu ihm hinunterschaute, kräuselte er die Lippen und die Nase und bleckte seine Vorderzähne.
    Giuditta lachte. »Hier ist eine Maus, Vater!«
    »Und was ist daran so komisch?«, brummte Isacco, während er sich schlurfend der Tür näherte. »Hol den Besen und erschlag sie.«
    Mercurio ließ die Zunge heraushängen, verdrehte die Augen und breitete die Arme aus, als hätte man ihn zerquetscht.
    Giuditta unterdrückte ein Lachen. »Nein, sie ist zu niedlich.«
    »Eine niedliche Maus?« Nun war Isacco fast an der Eingangstür angelangt.
    Mercurio warf Giuditta einen Kuss zu.
    »Ja, sie ist so niedlich, dass ich mich in sie verliebt habe«, sagte Giuditta leise.
    Mercurio war gerade über die Treppe verschwunden, als Isacco im Türrahmen erschien. »Hör auf, solchen Unsinn zu faseln«, murrte er kopfschüttelnd. »Los, geh wieder ins Bett.«

60
    J etzt weiß ich, was Liebe ist!«, rief Mercurio leidenschaftlich, als er schwungvoll das Haus betrat und Anna sah, die gerade Holz auf die Glut legte.
    »Ich habe mich schon gefragt, wo du heute Nacht gesteckt hast …« Anna seufzte erleichtert auf, und ihr Gesicht entspannte sich. »Aber jetzt kann ich es mir denken«, sagte sie dann lächelnd, während sie die Milch umrührte, die in einem Topf über dem Feuer kochte. »Willst du etwas essen?«
    »Ich habe einen Bärenhunger«, erwiderte Mercurio und setzte sich an den Tisch.
    Anna schnitt ihm eine dicke Scheibe Brot ab, dann goss sie Milch in eine Schüssel und reichte sie ihm.
    Mercurio tunkte das Brot in die Milch und biss gierig hinein.
    Anna schnitt noch eine Scheibe ab und setzte sich ihm gegenüber. »Also? Wie ist die Liebe?«
    Mercurio strahlte sie mit milchverschmierter Oberlippe an.
    Anna sah in seine leuchtenden Augen und nickte. »Ja, das ist Liebe«, sagte sie. Dann kramte sie in der Tasche ihrer grauen Hanfschürze, die sie über ihrem rostbraunen Kleid trug. Man hörte Münzen klirren. Anna zog sie hervor und legte sie stolz auf den Tisch. »Drei Lire Tron aus Gold und neun aus Silber. Isaia Saraval war hier, er hat nach dir gefragt und die für dich dagelassen. Er meinte, du wüsstest Bescheid.«
    »Er hat eine Kette und einen Ring verkauft!«, jubelte Mercurio händereibend. »Jetzt werden wir reich, Anna!«
    Anna lächelte, dann legte sie noch mehr Münzen auf den Tisch. »Eine halbe Lira, drei Silberstücke und sechzehn Marchetti«, sagte sie freudig. »Wir werden reich«, wiederholte sie. »Das ist mein Lohn für das Fest.« Sie steckte die Marchetti wieder ein und wollte die anderen Münzen Mercurio geben. »Hier, nimm sie.«
    Mercurio sah, dass sie dabei vor Freude errötete. Er schob seine eigenen Münzen zu ihr zurück, zusammen mit denen, die ihm Anna geben wollte. »Verwahr du sie lieber.«
    »Aber sie gehören dir«, sagte Anna.
    Mercurio

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