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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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weißt einen verdammten Scheißdreck über das Meer.« Er sah zu seinem Schiff. »Und du willst meine Karacke kaufen!« Er lachte wieder, doch es klang nicht spöttisch. Und auch nicht so traurig und wehmütig wie bei der ersten Begegnung.
    »Was will denn einer wie du überhaupt mit einem Schiff?«, fragte er.
    »Ich war einmal im Arsenal«, sagte Mercurio. »Und …« Er unterbrach sich mitten im Satz, denn er musste wieder an Battista denken, der durch sein Verschulden umgekommen war.
    »Und …?«, fragte der alte Seemann nach.
    Mercurio holte tief Luft. »Ich habe miterlebt, wie ein Schiff entsteht«, fuhr er fort. »Und ich habe erkannt, dass es nichts auf der Welt gibt, was so wie ein Schiff … für Freiheit steht.«
    Der alte Mann schaute ihn schweigend an. Dann nickte er beinahe unmerklich. »Du magst ja einen Scheißdreck vom Meer verstehen«, sagte er leise, »aber vielleicht bist du gar nicht so dumm, wie du aussiehst.« Dann wandte er sich wieder seinem Schiff zu.
    Mercurio bemerkte das Glitzern in seinen Augen, während er es betrachtete. »Kommt man mit dem da etwa bis in die Neue Welt?«
    Der Alte sah ihn ernst an. »Was du jetzt hier siehst, ist ein Badezuber, ein Wrack. Aber vor langer Zeit war das einmal eine große Dame. Und für mich ist sie das immer noch, weil ich sie so sehe, wie sie früher war.«
    »Also könnte man damit wirklich in die Neue Welt?«, fragte Mercurio wieder.
    »Was meinst du wohl, wie dieser eitle Hammel Kolumbus, Gott hab ihn selig, um Venedig vollends den Garaus zu machen … was meinst du, wie der in diese verfluchte Neue Welt gekommen ist? Mit einer Karacke und zwei Karavellen. Sein Flaggschiff, die Santa Maria, war eine Karacke! So groß wie die hier. Sechsunddreißig Fuß lang und zwölf breit. Eine Karacke, mein Junge!«
    Mercurio betrachtete das Wrack, das träge vor sich hin schaukelte. Er hörte das Holz knarren, und das Geräusch gefiel ihm. Das Schiff sprach zu ihm. Und in dem Moment kam es ihm so vor, als lachte es ihn an.
    »Weißt du denn, wie man in diese Neue Welt kommt?«, fragte er den alten Mann.
    Zuan wackelte mit dem Kopf, erstaunt über die Frage. »Ich bin alt …«, sagte er.
    »Aber würdest du den Weg dahin finden?«
    »Außerdem weiß ich nicht, wie Mosè das Meer verträgt, er war noch nie mit an Bord …«
    »Weißt du, wie man dahin kommt, ja oder nein?«
    »Verflucht noch mal, Junge! Nun, wo wir wissen, dass der Ozean kein Ende hat, kann jeder dorthin gelangen. Du musst einfach nur nach Westen segeln, und dann ist da die Neue Welt, zum Henker!« Aufgeregt spuckte er auf den Boden. Er fuchtelte mit dem Stock durch die Luft, als wollte er etwas sagen, doch dann bekam er kein Wort heraus und spuckte stattdessen erneut aus. Mosè bellte. Zuan sah zu ihm hinunter und fuhr ihn an: »Ach, halt doch die Klappe, du dämlicher Köter! Du hast dich ja noch nicht einmal in eine Gondel getraut!«
    Mercurio lachte und schaute dann wieder auf die Lagune hinaus. »Was für eine Insel ist das dort?«
    »Was ist das denn für eine Frage?«, empörte sich der Alte. »Das ist die Cavana von Murano.«
    »Was ist das?«
    »Du hast wirklich keinen blassen Schimmer, Junge«, grummelte der Alte. »Ich wundere mich, dass du immer noch am Leben bist, wo du doch offensichtlich von nichts eine Ahnung hast. Das ist der Anlegeplatz für die Boote der Insel Murano, die etwas weiter dort drüben liegt. Jetzt kann man sie allerdings nicht sehen. Und das da ist die Insel San Michele, die so heißt, weil darauf eine Kirche steht, die dem Erzengel geweiht ist. Ich hoffe ja mal, du weißt wenigstens, wer der Erzengel Michael ist!«
    Mercurio sah den alten Mann verblüfft an. Ja, offenbar gab es einen Gott. Und anscheinend hatte der den Erzengel Michael dazu bestimmt, sich um ihn zu kümmern. Das Waisenhaus, in dem er groß geworden war, war nach ihm benannt und ihm geweiht worden. Nachdem er aus Rom geflohen war, war er in Venedig gelandet, aber eine Mutter und ein Heim hatte er in Mestre gefunden, dessen Schutzpatron ebenfalls der Erzengel Michael war. Und jetzt lag dieses Schiff der Insel mit dem Namen des Erzengels Michael gegenüber. Es gab keinen Zweifel. Dieses Schiff sollte ihm gehören.
    »Na schön, alter Mann, verkaufst du mir jetzt diesen Badezuber oder nicht?«
    Zuan schlug mit dem Stock nach ihm. »Nenn sie nicht so«, sagte er vehement.
    »Aber du …«
    »Ich darf das, aber du nicht!«, fuhr ihn Zuan an und fuchtelte erbost mit dem Stock in der Luft herum. »Dich

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