Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)
kennt sie ja nicht einmal. Wenn ich das sage, weiß sie, dass ich nur Spaß mache … Aber wenn du das sagst … Du darfst das nicht sagen, merk dir das.«
Mercurio betrachtete das Schiff. Der Alte war wirklich davon überzeugt, dass es sie hören konnte. Und als es erneut ächzte, überlegte er, ob Zuan vielleicht recht damit hatte. »Ja gut, ich entschuldige mich«, sagte er. »Also, wie viel willst du?«
»Weißt du eigentlich, was es kosten wird, bis sie wieder seetüchtig ist?«, fragte Zuan immer noch mit erhobenem Stock.
»Wie viel?«
»Wie zum Henker soll ich das denn wissen!«, schrie der Alte. »Ich bin schließlich kein Reeder!« Er spuckte aus. Mosè wich ihm aus, um nicht getroffen zu werden. »Hundert Lire Tron … vielleicht auch tausend … Was zum Teufel weiß denn ich! Ich habe ja noch nicht einmal zehn Lire je auf einem Haufen gesehen!«
»Also, was soll das Schiff kosten? Zehn Lire?«
»Willst du mich übers Ohr hauen, Junge?«
»Nenn mir deinen Preis, alter Mann.«
Zuan fuchtelte wieder mit dem Stock durch die Luft, als würde ihm das beim Nachdenken helfen. »Warte hier«, sagte er zu Mercurio. Er ging zum Schiff und legte eine Hand auf den Kiel. Dann drehte er sich um. »Komm her, du Trottel!«
»Ich?«, fragte Mercurio überrascht.
»Nein, nicht du«, erwiderte Zuan verärgert. »Mosè, du Bastard einer getigerten Katze, du Ausgeburt des Teufels, komm sofort her!«
Mit eingezogenem Schwanz trottete Mosè zu dem alten Mann und setzte sich neben ihn. Allerdings sah er dabei stur in eine andere Richtung.
Als Zuan sich wieder Mercurio zuwandte, sagte er mit kindlichem Trotz: »Elf Lire Tron. Ich will sehen, ob du mithältst, Junge.«
Mercurio sagte nichts. Er holte die Münzen hervor, die er eingesteckt hatte, zählte elf ab und reichte sie dem alten Mann.
Zuan sperrte verblüfft die Augen auf. Er reckte seinen faltigen Hals und starrte auf die Münzen in Mercurios Hand, als wären es gefährliche exotische Tiere. Er wagte nicht, sie zu berühren. »Ich hab nicht einmal genügend gute Zähne im Mund, um überprüfen zu können, ob sie auch wirklich aus Gold sind«, sagte er.
»Die sind aus echtem Gold, das schwöre ich dir.«
Zuan schüttelte ungläubig den Kopf. »Was willst du denn mit dem Schiff?«
»Ich will jemanden von hier fortbringen.«
»Einen Menschen kannst du auch auf einem Maulesel fortschaffen, Junge.«
»Vielleicht muss ich ja weit weg. Ich suche eine freie Welt.«
Zuan wiegte sich hin und her. Er schien zu überlegen. »Ja, dann brauchst du wirklich ein Schiff. Vielleicht musst du ja weiter reisen, als jeder von uns es sich vorstellen kann.« Er betrachtete Mercurio. Dann richtete er den Finger auf ihn. »Du musst noch blöder sein als ich, so wahr mir Gott helfe. Das stimmt doch, oder, Mosè?« Der Hund bellte laut.
»Also, gilt unser Geschäft?«, fragte Mercurio.
Zuan breitete die Arme aus. »Ausgerechnet mir musste das passieren«, grummelte er und starrte die Münzen an, als seien sie das leibhaftige Unglück. »Behalt die erst einmal. Wenn hier bekannt wird, dass ich elf Lire habe, erlebe ich den heutigen Abend nicht mehr.«
»Einverstanden, ich bewahre sie für dich auf.«
»Nein«, ertönte da eine Stimme hinter ihnen. »Die bewahre ich auf.«
Mercurio und der Alte fuhren herum. Mosè knurrte böse.
»Halt deinen Hund zurück, oder ich schlitz ihm die Kehle auf«, sagte Scarabello, während er aus seinem schwarzen Boot stieg.
Zuan packte Mosè beim Halsband. »Schön brav, du Dummkopf.«
»Wo wir gerade über wohlerzogene Hündchen reden … Willst du nicht deinen Herrn begrüßen?« Scarabello baute sich vor Mercurio auf und streckte ihm die schwarz behandschuhte Hand entgegen. »Gib sie mir.«
»Warum?« Mercurio wich einen Schritt zurück.
»Das ist mein Geld.«
»Nein. Das ist meins«, widersprach Mercurio, der vor Anspannung am ganzen Körper zitterte. »Ich habe es ehrlich verdient, und deshalb ist es mein Geld.«
Scarabello starrte ihn an und kniff unmerklich die Augen zusammen. »Du gehörst mir. Und ein Drittel von allem, was du verdienst – und das Wie schert mich dabei reichlich wenig –, schuldest du mir.«
»Nein«, sagte Mercurio.
Scarabello blieb ganz ruhig und sagte nichts weiter dazu. Er ging an Mercurio vorbei zur Werft. Dort blickte er sich suchend um und entdeckte schließlich einen schweren Hammer mit einem langen Griff, mit dem man sonst Pflöcke einschlug. Er nahm ihn, trat an den Schiffskiel, hob den Hammer hoch
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