Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)
haben die Frauen angegriffen, geschlagen und auf die Straße gesetzt. Und eine von ihnen … die sich gewehrt hat …«
Isacco sah den Kardinal auf dem Boden liegen. Sie war blass, und ihr purpurrotes Gewand glänzte an einer Seite. Es war feucht. Und aufgeschlitzt. Isacco begriff, dass es Blut war, rotes Blut auf rotem Grund. »Kardinal …«, sagte er zu ihr und kniete sich neben sie. »Was machst du denn für Sachen?«
»Zwei von denen … hab ich … die Treppe runter … Doktor«, brachte die hünenhafte Frau keuchend hervor. »Feige Säcke … Feige Säcke …«
»Sprich nicht weiter«, sagte Isacco. Während es aus dem grauen, wolkenverhangenen Himmel leicht zu nieseln begann, sah er sich um und zeigte dann auf die Bogengänge auf einer Seite des Platzes. »Tragen wir sie dort rüber«, wies er Lanzafames Männer an.
»Sie haben die Zimmer mit neuen Huren besetzt und bewachen das Stockwerk«, beendete Serravalle seinen Bericht.
»Sie bewachen es?«, brüllte Lanzafame und hob empört die Arme zum Himmel.
»Donnola, geh und hol meine Instrumente. Los, beeil dich«, befahl Isacco.
»Und wo sind die?«, fragte Donnola.
»Im fünften …« Isacco stockte. »Im fünften Stock.«
»Da sind Scarabellos Männer«, sagte Donnola erschrocken.
»Tragt den Kardinal unter die Bogengänge. Und drückt ihr etwas auf die Wunde. Aber fest«, ordnete Isacco an und ging dann auf den Torre delle Ghiandaie zu.
»Wo willst du denn hin, Doktor?«, fragte Lanzafame und hielt ihn auf.
»Ich muss meine Instrumente holen, oder der Kardinal stirbt«, erwiderte Isacco.
»Das kannst du nicht tun«, sagte Lanzafame. Er sah einen Betrunkenen mit einer Flasche Wein in der Hand in einer Ecke liegen, lief zu ihm hin und nahm sie ihm weg. »Keine Sorge«, sagte er zu Isacco. »Heute trink ich nichts, wie ausgemacht. Ich brauche die, um in den fünften Stock zu gelangen. Wo bewahrst du deine Instrumente auf?«
»Im letzten Raum am Ende des Ganges.«
»Gibt es da ein Fenster?«
»Ja.«
»Kann ich sie runterwerfen?«
»Sie würden bei dem Aufprall zerbrechen.«
Lanzafame rief Serravalle zu sich. »Ein Seil. Lang genug, damit ich die Tasche des Doktors mit den Instrumenten vom fünften Stock ablassen kann. Schnell.«
Serravalle, gewohnt, Befehle zu befolgen, rannte los und redete kurz mit seinen Männern, dann eilten sie in alle Richtungen davon.
»Kümmer dich um die Hure«, sagte Lanzafame zu Isacco. Als der Doktor sich entfernte, drehte der Hauptmann sich zum Turm um und ließ seinen Blick zum fünften Stock hinauf wandern. »Ich komme«, knurrte er mit rauer, finsterer Stimme, die eher dem Knurren eines wilden Tiers glich. Dann starrte er auf die Flasche in seiner Hand. Das Zittern begann gerade wieder. Wütend umklammerte er den Flaschenhals. »Nur heute«, sagte er und spürte bereits, wie er wieder schwach wurde. Glücklicherweise kam in dem Augenblick Serravalle zurück.
»Hier, Hauptmann«, sagte er und reichte ihm das Seil.
Lanzafame zog seine Jacke und sein Hemd aus und wickelte sich das Seil um die Hüfte. Dann zeigte er auf den Betrunkenen. »Zieh ihm die Jacke aus. Der hat so viel Wein im Leib, dass er schon nicht erfrieren wird.«
Als Serravalle den Mann entkleidet hatte, schlüpfte Lanzafame in die schmutzige Jacke des Betrunkenen und zog sie über dem Seil zurecht. »Das letzte Zimmer auf der Nordseite«, sagte er zu Serravalle. »Geh im vierten Stock ans Fenster. Ich lasse die Instrumente zu dir runter.«
»Ich werde da sein«, erwiderte Serravalle.
Lanzafame zog das Kurzschwert aus seinem Gürtel und reichte es Serravalle. »Sonst lassen sie mich nicht durch.«
»Gebt auf Euch Acht, Hauptmann.«
Lanzafame näherte sich dem Turm, ging hinein und stieg die Treppe hinauf. Kurz bevor er den fünften Stock erreichte, begann er wie ein Betrunkener zu schwanken.
»Verschwinde, oder ich jage dich mit Arschtritten davon«, sagte ein finsterer Kerl am Ende der Treppe.
»Hau doch selber ab, du Mistkerl. Ich will ficken …«
»Hast du denn Geld?«
Lanzafame kramte in seiner Tasche nach Münzen und zog die Geldstücke so fahrig hervor, dass ein paar von ihnen auf den Boden fielen.
Der Schurke kam ihm beim Aufsammeln zuvor und gab ihm nicht alle zurück, überzeugt, dass der Betrunkene es schon nicht bemerken würde. »Du kannst vorbei.«
Lanzafame tat so, als würde er stolpern, und ließ sich zu Boden fallen. Dann hievte er sich mühsam hoch und torkelte den Gang entlang.
»Der findet bestimmt nicht mal
Weitere Kostenlose Bücher