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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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nicht rein ist. Leg dich hin, du musst völlig erschöpft sein.«
    Isacco sank in seinen blutgetränkten Kleidern auf dem Strohlager zusammen und genoss die Wärme der Decke und des Ofens. Giuditta gab ihm ein Stück getrocknetes Rindfleisch. Isacco führte das Fleisch an den Mund. Doch ehe er es kauen konnte, war er auch schon eingeschlafen. Giuditta nahm ihm das Stück Fleisch aus dem Mund und legte die Arme um ihn.
    Bei Sonnenaufgang wachte Isacco auf. »Ich muss gehen«, sagte er zu seiner Tochter, stand auf und verließ den Wagen.
    Donnola war bereits da, er saß in eine Pferdedecke gehüllt auf der Leiter, und sein Kopf war auf den Koffer mit den Instrumenten gesunken. Als er Isacco bemerkte, sprang er auf, holte zwei Becher Wein und zwei Brotkanten, eine Schweinswurst und ein Stück Rindfleisch, und dann frühstückten sie.
    Anschließend bestiegen sie wieder den dritten Karren, um die am späten Abend unterbrochene Arbeit zu beenden. In der kurzen Zeitspanne war einer der Verwundeten verblutet.
    »Ich hätte ihn retten können«, sagte Isacco leise.
    Donnola verhüllte das Gesicht des Toten und befahl zwei Soldaten, den Verstorbenen zum Leichenkarren zu schaffen. »Die aus Venedig bringen wir zurück zu ihren Familien, damit sie ihnen ein christliches Begräbnis geben können.«
    »Amen«, sagte ein Soldat aus einer Ecke des Karrens leise.
    Die Männer auf dem nächsten Karren waren nicht so schwer verwundet. Isacco musste seine Säge nur bei einem einzigen Mann einsetzen und rettete ihm dadurch das Leben.
    Es hatte schon vor Längerem zur neunten Stunde geschlagen, als Isacco und Donnola ihre Arbeit auf dem letzten Karren beendeten. Erschöpft und betäubt von dem Geruch nach Blut und den Ausscheidungen der Verwundeten, gingen sie hinaus an die frische Luft. Es wurde bereits dunkel. Die untergehende Sonne konnte die dichte Wolkendecke nicht mehr durchdringen, und es stieg ein unangenehm feuchter Nebel auf. Das ganze Lager war in ein gespenstisch blasses Licht gehüllt. Die Karren und die Menschen wirkten wie von einem Schleier verhüllt. Keiner der Männer sang mehr.
    In dieser unheimlichen, dumpfen Stille hörte man plötzlich ein Stöhnen. Und gleich darauf einen Schrei: »Ha! Hab ich dich erwischt, verdammter Dieb!«
    Isacco und Donnola machten einen Schritt in die Richtung, aus der die Stimme kam.
    »Das ist der Koch«, stellte Donnola fest.
    »Lass mich los! Lass mich los«, schrie ein Junge. Doch seine Stimme klang eher wütend als ängstlich.
    Wenige Schritte entfernt vom Proviantkarren und dem bauchigen Fass mit dem gepökelten Rindfleisch, das davor im Freien stand, sahen Isacco und Donnola, wie ein dicker Mann nahe am Feuer einen dürren Jungen mit langem fettigem Haar und gelblicher Gesichtsfarbe am Kragen gepackt hielt.
    »Jetzt halt doch still!«, befahl der Koch dem Jungen. Doch der wand sich wie besessen und versuchte, verzweifelt um sich tretend, sich aus dem Griff zu befreien. Darauf versetzte der Koch ihm mit der freien Hand eine heftige Ohrfeige, und man hörte den Jungen aufstöhnen.
    »Was geht hier vor?«, fragte Hauptmann Lanzafame, der durch den Lärm aufmerksam geworden war.
    Giuditta erschien an der Tür des Proviantkarrens. Als sie den Vater ein Stück entfernt entdeckte, lächelte sie, blieb jedoch oben auf der Treppe stehen. Der Hauptmann hatte ihr befohlen, im Karren zu bleiben und auf keinen Fall im Feldlager umherzulaufen. Ein hübsches junges Mädchen unter all den Soldaten würde nur Schwierigkeiten bringen.
    »Mir war schon einmal so, als ob hier jemand herumstreicht, Hauptmann«, erklärte ihm der Koch. »Und nun habe ich endlich Gewissheit. Hier haben wir einen miesen kleinen Dieb.«
    Hauptmann Lanzafame sah sich den Jungen an, dem Blut aus der Nase tropfte. »Lass ihn los!«, befahl er dem Koch.
    Der dicke Kerl wollte etwas erwidern, doch dann gehorchte er schweigend und ließ den Jungen frei. Der lief sofort weg, aber Hauptmann Lanzafame hatte das vorhergeahnt. Er schnellte mit unglaublicher Geschwindigkeit vor, streckte einen Arm aus, als wollte er einen Fechthieb austeilen, und erwischte den Jungen damit an dem Bein, das er zum Laufen hochgerissen hatte. Der verlor daraufhin das Gleichgewicht, drehte sich einmal um sich selbst und fiel zu Boden. Der Hauptmann war sofort über ihm, packte ihn an der Brust und hob ihn mühelos hoch. Dann setzte er ihn so heftig wieder ab, als wollte er ihn in den Boden stampfen.
    »Rühr dich nicht!«, befahl er ihm mit gebieterischer

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