Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest
nicht so schnell mit irgendwelchen Fremden an. Für alles, was sie tun, gibt es einen Grund. Was wollen sie von Ihnen?«
»Sie luden mich auf eine Kreuzfahrt ein.«
»Erzählen Sie mir alles, Winter, wortgetreu. Alles, woran Sie sich erinnern.«
Er erzählte eine redigierte Zusammenfassung.
Sie sah ihn finster an. »Ihr Onkel Omar hat Ihnen praktisch nichts hinterlassen? Die beiden wollen von Ihnen bestimmt erfahren, wie er seine Geschäfte gemacht hat.«
»Aber ich hatte nichts damit zu tun, wie er zu seinem Geld kam. Von seinen Geschäften hatte ich keine Ahnung. Er bestimmte, welche Fächer ich auf dem College belegen sollte. Als ich fertig war, begann ich für ihn zu arbeiten und machte von Anfang an immer das gleiche.«
»Was haben Sie gemacht?«
»Ich verschenkte Geld.«
»Was?«
»Sie haben schon verstanden«, wiederholte er hilflos. »Er hatte so etwas wie eine Zeitungsausschnitt- und Übersetzungsagentur. Ich stellte dann Nachforschungen an, und wenn meiner Ansicht nach alles stimmte und nichts an die Öffentlichkeit gelangen konnte, dann verschenkte ich das Geld.«
»Viel Geld?«
»Im Durchschnitt etwa drei Millionen Dollar im Jahr.«
»An Wohltätigkeitsorganisationen?«
»Manchmal. Manchmal auch an Einzelpersonen, die etwas aufbauen wollten oder an kleine Firmen, die in Schwierigkeiten geraten waren.«
»Warum verschenkte er das Geld?«
»Er nahm nichts besonders ernst und erklärte nie etwas. Er behauptete, er tue es, damit ihm das Glück hold bliebe. Er war ein fröhlicher kleiner Mann, dem nicht viel an ernsten Gesprächen lag. Er erzählte gern lange Witze, führte Kartenkunststücke vor und demonstrierte, wie er die Weste auszog, ohne vorher das Jackett abzulegen.«
»Haben Sie ihn oft getroffen?«
»Ungefähr einmal im Jahr. Er war immer allein unterwegs. Es machte die Leute nervös. Er hatte überall Appartements und Häuser, und es war schwer zu sagen, wo er sich gerade aufhielt. Aber mir ging die Arbeit nie aus, ganz gleich, wie lang er sich nicht rührte. Publicity in jeder Form war ihm verhaßt.«
»Sie lügen mich nicht an«, sagte sie. Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
»Nein. Solang er lebte, durfte ich niemandem erzählen, was ich für ihn tat. Aber jetzt spielt es keine Rolle mehr. Ich glaube, daß die Geheimnistuerei mit dem schlechten Ruf aus seiner Anfangszeit zusammenhing.«
»Sein schlechter Ruf?«
»Es liegt lang zurück. Meine Eltern ertranken bei einem Schiffsunglück, als ich sieben Jahre alt war. Von da an lebte ich bei Onkel Omar und Tante Thelma, seiner älteren Schwester. Zu mir war sie gut, aber Onkel Omar machte sie das Leben schwer. Wir wohnten in einem alten Haus in Pittsburgh. Onkel Omar unterrichtete Chemie und Physik an einer High School. Im Keller hatte er eine Werkstatt, in der er an seinen Erfindungen arbeitete. Es war der einzige Ort im ganzen Haus, an dem er glücklich war. Tante Thelma nörgelte immer über das Geld, das er für Werkzeuge, Ausrüstung und Material ausgab, und jammerte über die Stromrechnungen. Als ich elf Jahre alt war, kündigte er mitten im Schuljahr und fuhr nach Reno. Dort gewann er hundertsechsundzwanzigtausend Dollar. Die Zeitungen waren voll davon. Sie nannten ihn ein mathematisches Genie und ließen ihn nicht in Frieden. Alle Verrückten im ganzen Land machten ihm das Leben schwer. Er hinterlegte bei der Bank Geld für uns und verschwand für fast ein ganzes Jahr. Dann tauchte er in Reno wieder auf und verlor hunderttausend Dollar. Von da an interessierte er niemanden mehr. Danach brachte er uns nach Texas, wo er vor Brownsville, auf einer Insel im Golf ein Haus gebaut hatte. Tante Thelma erhielt ein Treuhandvermögen und wurde nach Pittsburgh zurückgeschickt. Ich blieb noch eine Weile bei ihm und kehrte dann ebenfalls nach Pittsburgh zurück. Damals verfolgte er bereits Geschäftsinteressen auf der ganzen Welt. Er unterstützte mich und bezahlte meine Ausbildung; nach meinem Abschluß, gab er mir einen Job. Aber - er hinterließ mir nichts, und ich habe keine Ahnung von seinen Geschäften. Ich habe ihn nicht einmal gut gekannt. Den Zeitungen nach beläuft sich die Hinterlassenschaft auf fünfzig Millionen Dollar. Mir hat er seine Uhr hinterlassen sowie einen Brief, der mir am vergangenen Mittwoch in einem Jahr ausgehändigt werden soll.«
»Haben Sie das Charla erzählt?«
»Ja.«
»Und Sie haben ihr erzählt, wie Sie Ihren Lebensunterhalt verdient haben?«
»Ich glaube schon.«
»Und während all
Weitere Kostenlose Bücher