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Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest

Titel: Das Mädchen, die goldene Uhr und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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Jahre älteren Jungen mit wutverzerrtem Gesicht. In seiner Starre glich er einem Baseballstar, der soeben den großen Wurf getan hatte.
    Kirby schob die Blechschaufel mit der Hand ein Stück beiseite. Der dicke Junge trug eine Badehose und ein ausgebeultes T-Shirt. Kirby streckte die Hand aus, umfaßte eine der Möwen und zog sie vorsichtig herunter. Mit der Möwe in der Hand ging er zu dem dicken Jungen und zog ihm das T-Shirt vom nackten Bauch weg. Das T-Shirt ließ sich wie Maschendraht biegen. Kirby schob die Möwe unter das T-Shirt und bog das Leibchen am unteren Ende nach innen.
    Zwei Minuten.
    Er beeilte sich zum Pavillon, zog die Schuhe an und nahm die gleiche Position ein wie vorher; er hatte immer noch Zeit zur Verfügung. Einem spielerischen Einfall folgend nahm er eine Zigarette und steckte sie vorsichtig zwischen Bonny Lees geöffnete Lippen. Der silberne Zeiger bewegte sich näher und näher ...
    Der Morgen war so hell, als hätte jemand das Licht eingeschaltet.
    Sie sprang überrascht auf und nahm die Zigarette aus dem Mund. »Was, zum Teufel, ist das!«
    »Ein Trick, den mir mein Onkel beigebracht hat«, antwortete er. Er drehte sich um und besah sich den Strand. Möwen tauchten. Eine bunte Schaufel war harmlos in den Sand getrudelt. Ein dicker Junge gebärdete sich wie verrückt, sprang herum und brüllte, bis eine Möwe laut schreiend davonschoß und ein paar weiße Federn zu Boden schwebten. Die Fußabdrücke im Sand hatten ihre Vollkommenheit eingebüßt und der Abdruck im Wasser war verschwunden.
    Bonny Lee wirkte gespannt. »Tricks können lustig sein, aber der hat mir überhaupt nicht gefallen, Kirby. Mir wird ganz kalt und komisch dabei.«
    Er setzte sich neben sie auf die Betonbank. »Entschuldige.«
    »Im Ernst, Kirby, zuerst bist du in Weltuntergangsstimmung, dann lachst du wie ein Irrer und jetzt fängst du mit einem unheimlichen Zaubertrick an. Ich habe geglaubt, daß ich weiß, woran ich mit dir bin, aber jetzt ...«
    »Es ist plötzlich etwas Wichtiges geschehen, Bonny Lee.«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    »Ich möchte eine Art Experiment machen. Schau auf die Bank, genau auf die Stelle zwischen uns. Schau ganz genau hin. Dann sag mir, was geschieht und was du dabei empfindest.«
    »Du machst mich fürchterlich nervös, Schatz.«
    »Bitte, Bonny Lee.«
    Er versetzte sich wieder in die rote Welt; diesmal bewegte er den silbernen Zeiger weiter zurück als zuvor. Er drehte ihn ganz herum, bis er wieder bei zwölf stand und sich nicht weiterbewegen ließ. Das war demnach die Grenze der roten Welt, eine Stunde subjektiver Zeit. Er legte die Uhr hin und ließ sie langsam und vorsichtig los. Nichts geschah. Es war also nicht notwendig, Kontakt zu halten, während er sich in der roten Zeit befand. Er entdeckte eine zerbrochene Muschel, hob sie auf und legte sie auf die Bank, so daß Bonny Lee sie sehen mußte. Er nahm die Uhr in die Hand und preßte den Daumen auf die Aufziehwelle. Der silberne Zeiger schnellte einmal herum auf zwölf, und Kirby befand sich wieder in einer Welt voll Licht und Bewegung.
    Sie erschrak. Ihr Gesicht war unter der Sonnenbräune grau geworden. Sie schloß die Augen, schluckte, streckte die Hand aus und berührte die zerbrochene Muschel. Sie schob sie weiter weg und erschauderte. Als sie dann sprach, schwangen Tränen in ihrer Stimme mit. »Du mußt mit diesen Tricks aufhören, Kirby, bitte.«
    »Was ist geschehen?«
    »Du hast es doch gesehen, zum Kuckuck! Du hast es selbst getan! Plötzlich liegt diese zerbrochene Muschel da. Sie ist nicht hier gewachsen oder heruntergefallen - sie war einfach da. «
    »Wie hast du dich gefühlt?«
    »Entsetzlich!«
    »Ich meine, was hast du gespürt?«
    »Was soll ich denn gespürt haben? Ich schau auf die Bank, wie du gesagt hast, und dann ...« Sie brach ab und funkelte ihn zornig an. »Jetzt weiß ich's, du unheimlicher Bastard! Du hypnotisierst mich! Man tut so etwas nicht, wenn der andere nicht einverstanden ist. Und ich bin nicht einverstanden. Schluß damit, verstanden?«
    »Ich hypnotisiere dich nicht, und jetzt sei nicht mehr eingeschnappt. Ich möchte etwas anderes versuchen. Wenn es funktioniert, wird es dir vielleicht anfangs Angst einjagen, aber ...«
    »Schluß damit, Kirby!«
    »Hast du nicht gesagt, daß du mir helfen willst?«
    »Das schon, aber ...«
    »Und du liebst mich?«
    »Stimmt, aber ...«
    »Dann laß mich noch etwas versuchen. Es wird dir nichts dabei geschehen, das schwöre ich dir. Und wenn es

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