Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen in den Wellen

Das Mädchen in den Wellen

Titel: Das Mädchen in den Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Barbieri
Vom Netzwerk:
wütend waren, was meist für Ella galt.
    »Das weißt du doch, El, wenn der Sommer vorbei ist.«
    »Mir gefällt’s hier. Ich würde auch bleiben«, sagte Annie.
    »Und was ist mit deinen Freundinnen?«, erkundigte sich Nora.
    »Die können mich hier besuchen. Außerdem finde ich auf der Insel neue.« Sie schwieg kurz. »Und Tante Maire braucht uns.«
    »Sie ist bis jetzt ganz gut ohne uns zurechtgekommen«, sagte Ella.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Annie. »Du warst doch nicht da. Sie muss einsam gewesen sein.«
    »Und Dad?«
    »Der kann auch herziehen.«
    Nora hörte dieses »Dad« nicht gern, wusste aber, dass sie ihre Töchter nicht daran hindern konnte und sollte, über ihn zu sprechen. Sie würde sich schon bald entscheiden müssen, ob sie Malcolm eine zweite Chance geben oder sich von ihm trennen würde. Der Gedanke machte sie so nervös, dass sie Kaffee über ihre Bluse verschüttete. »Scheiße!«
    »Ausdrucksweise!«, rügte Ella sie mit einem boshaften Lächeln.
    Nora tupfte den Fleck ab. Das erinnerte sie an einen Morgen ein paar Wochen zuvor, als sie eine volle Tasse Kaffee nach Malcom geworfen und die braune Farbe sich auf seinem makellos weißen Hemd ausgebreitet hatte. Beim Warten auf ihn hatte sie Kanne um Kanne Kaffee getrunken. Das Koffein und die Wut hatten sie die ganze Nacht über wach gehalten. Die Mädchen waren in die Schule gegangen, ohne etwas zu ahnen. Sie hatte ihn gedeckt, behauptet, er sei früh in die Arbeit gefahren.
    »Herrgott, Nora!« Malcolm hatte sich das Hemd vom Leib gerissen und auf den Küchenboden geschmissen. Die Haut an seiner Brust war rot gewesen. »Du hast mich verbrüht!«
    »Jetzt weißt du, wie sich das anfühlt«, hatte sie gesagt. So schlimm war seine Verletzung nicht. Und das Hemd? Das hatte sie erst einmal liegen gelassen.
    »Muss ganz schön starker Kaffee gewesen sein«, hatte der Mann in der Reinigung später gesagt, weil der Fleck nicht herausgegangen war. Dieser braune Fleck war so etwas wie ein Beweis für Malcoms Fremdgehen gewesen, er stand für den größer werdenden Fleck, den er auf ihrem Leben hinterlassen hatte.
    Der Fleck jetzt würde sich herauswaschen lassen. Nora schlüpfte aus der Bluse und stellte sich im BH an die Spüle.
    »Könntest du nicht wenigstens ein T-Shirt anziehen?« Ella rümpfte die Nase.
    »Wir sind hier doch unter uns«, sagte Nora. »Außerdem ist ein BH nicht viel anders als ein Bikinioberteil.«
    »Komm, Annie-pan, wir gehen. Der Anblick von Moms Liebesgriffen ist nicht gerade erhebend.«
    »Das war nicht nett, El.«
    »Hat ihn das vergrault? Dass sie hübscher ist als du?«, fragte Ella und erschrak selbst über das, was sie gerade gesagt hatte.
    Nora wusste, wo ihre Haut schlaff war von den Geburten und vom Alter. Nein, sie würde sich nicht Botox spritzen oder von einem Schönheitschirurgen operieren lassen. Sollte die Zeit ruhig ihr Werk verrichten. Sie hatte sich jede Falte ehrlich erworben und sah gut, wenn auch nicht perfekt, aus. Das musste sie nicht. Weder für Malcolm noch für irgendjemanden sonst.
    Aber die Worte ihrer Tochter … Sie drückte die feuchte Bluse an ihre Brust, kalte Wassertropfen rannen ihren Bauch hinab.
    »Wer?«, fragte Annie.
    »Die Frau, mit der Dad zusammen ist.«
    »Quatsch. Mom ist wunderschön«, erklärte Annie. »Sie gehört uns. Und Dad auch. Er muss nur wieder zu uns finden.«
    »Und wessen Schuld ist es, dass er weg ist?«, fragte Ella, als Nora den Raum verließ, um ein sauberes Oberteil zu holen.
    Ja, wessen Schuld war es?
    Annie schob sich vermittelnd zwischen Nora und Ella, als sie nach draußen gingen. Nora hätte ihre ältere Tochter am liebsten geschüttelt. Weißt du denn nicht, wie sehr ich mich bemüht habe, dich nicht anzulügen? Merkst du nicht, wie schwierig es ist, dich vor weiterem Kummer zu schützen? Ist dir nicht klar, dass er dich, wenn du in Boston bei ihm leben würdest, wie du dir das manchmal wünschst, enttäuschen würde? Ja, er kann dieser erstaunliche Mensch sein, den wir alle kennen; aber nicht für uns. Nicht mehr. Doch sie schüttelte Ella nicht, denn das hätte bedeutet, dass sie die Beherrschung verlor. Das konnte sie ihnen nicht antun. Sie würde alle Sticheleien Ellas ertragen und sie, wenn nötig, disziplinieren; sie mussten diese schwierige Phase überstehen.
    »Mama, schau!«, rief Annie aus. Schmetterlinge landeten auf ihren Armen. »Ich bin eine Elfenkönigin wie Oma Maeve.«
    »Wahrscheinlich riechen sie die Milch vom Frühstück,

Weitere Kostenlose Bücher