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Das Maedchen mit dem Stahlkorsett

Titel: Das Maedchen mit dem Stahlkorsett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kady Cross
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verdammte Maschine?«
    Sie erbleichte – noch viel stärker als gewöhnlich –, doch sie hatte keine Angst. Er wusste nicht, ob sie so dumm war, oder ob sie ihn tatsächlich besser kannte als jeder andere. Jedenfalls hatte sie keine Angst vor ihm. Um ihn schon, aber nicht vor ihm.
    »Dein rechter Arm«, flüsterte sie und sah ihn mit ihren grünen Augen an.
    War es Scham, die er dort entdeckte? Und Erleichterung? Ja, sie war erleichtert, ihm endlich alles offenbaren zu können. Wer war nur auf die Idee gekommen, ihm die Wahrheit zu verschweigen? Sie selbst oder Griff?
    »Die linke Seite deines Schädels und die meisten Rippen wurden mit Metall verstärkt, weil die Knochen stark zersplittert waren.«
    Sam ließ ihr Handgelenk los. Ihm wurde übel, er wollte sich zurückziehen, doch sie hielt ihn auf. »Deine linke Wade und der rechte Oberschenkelknochen haben Versteifungen bekommen. Außerdem dein rechtes Schlüsselbein.«
    Entsetzt starrte er sie an. So viel? So arg hatte ihn die Maschine verletzt? Wie hatte er das überlebt? Dann blickte er ihr in die Augen und begriff die Wahrheit.
    Er hatte nicht überlebt.
    »Was sonst noch, Emily?«, flüsterte er heiser. »Was hast du sonst noch ersetzt?«
    Trotzig hob sie das Kinn, denn ihr tat keineswegs leid, was sie ihm angetan hatte. »Ich würde es jederzeit wieder tun, Sam. Ich bereue nicht, dich gerettet zu haben, ganz egal, wie sehr du mich dafür hasst. Ich würde es wieder tun.«
    » Was hast du sonst noch ersetzt? «, schrie er sie an, so laut, dass es das Haus bis in die Grundmauern erschütterte.
    Emily zuckte zusammen, wich aber nicht zurück. Sie richtete sich auf und erwiderte seinen Blick.
    »Dein Herz«, antwortete sie sachlich. »Ich habe dein Herz ersetzt.«

Vier
    VIER
    F inley band sich gerade die Schärpe umden bestickten roten Kimono, den ihr ein Zimmermädchen gebracht hatte, als ein lauter Knall das ganze Haus erzittern ließ. Rasch spähte sie aus dem Fenster und sah den großen Kerl – Sam – durch den Garten zu dem Pfad stampfen, der zu den Ställen führte. Als sie kurz danach die Füße in passende Pantoffeln schob und sich zugleich Haarnadeln in die Frisur steckte, hörte sie ein lautes Grollen. Ein weiterer Blick aus dem Fenster zeigte ihr Sam, der auf einer der schweren zweirädrigen Maschinen, die Griffin und er am Vorabend benutzt hatten, aus dem Stall raste.
    Warum war er auf einmal so wütend? Und wie stark war er eigentlich, dass er ein so großes Haus erbeben lassen konnte, indem er nur eine Tür zuschlug? Einen wie ihn konnte sie nicht besiegen. Nicht einmal, wenn ihre dunkle Seite die Kontrolle übernahm.
    Der Gedanke bereitete ihr Unbehagen. Dieses Haus, diese Leute mit ihrer freundlichen Gelassenheit, das alles war zu schön, um wahr zu sein. Ihrer Erfahrung nach war niemand grundlos freundlich. Immer wollten sie etwas, immer hatten sie ein Motiv.
    Allerdings konnte sie sich nicht ewig in diesem Zimmer verstecken. Da sich irgendjemand mit ihrer Kleidung aus dem Staub gemacht hatte, musste sie wenigstens vorübergehend mitspielen. So konnte sie auch herausfinden, was diese Leute von ihr wollten, und das war besser, als herumzusitzen und zu warten. Ein naiver Teil von ihr wollte nach wie vor nur das Beste über den hübschen reichen Knaben denken. Griffin, so hatte Emily ihn genannt.
    Sie fand ihn interessant, diesen jungen Kerl, der das Ungeheuer in ihr nur mit ein paar Worten und verhangenen Augen gebändigt hatte. Gestern Abend hatte er ihr geholfen und sich, soweit sie es sagen konnte, keine Freiheiten bei ihr herausgenommen. Außerdem war ihre Zimmertür nicht verschlossen. Das durfte sie doch hoffentlich als gutes Vorzeichen werten.
    Als sie den Raum verließ, staunte sie zunächst über das prächtige Innere des Hauses, das sie zum ersten Mal bei vollem Tageslicht sah. Der Kerl musste tatsächlich sehr reich sein.
    Ein Putzautomat in der Größe eines Kleinkinds kümmerte sich um den Axminster-Teppich, mit dem Flur und Treppenhaus ausgelegt waren. Die dicken Bürsten fegten den Abfall weg und deponierten ihn im abnehmbaren Staubkasten. Dies war eine der wenigen Maschinen, die sie seit ihrer Ankunft bemerkt hatte – nicht, dass sie bisher viel von dem Haus gesehen hätte. Jedenfalls schien es ihr, als arbeiteten hier mehr menschliche als mechanische Diener – eine Annahme, die durch das Zimmermädchen, das sie ein Stück weiter hinten im Flur entdeckte, bekräftigt wurde.
    Als sie die Treppe hinunterstieg,

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