Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
schönes Gefühl in ihr wachsen, und gleichzeitig wollte sie sich nach Griffin umsehen. Beobachtete er sie?
»Suchen Sie Ihren Herzog?« Das klang überhaupt nicht mehr neckend, sondern eher, als müsste er sich große Mühe geben, desinteressiert zu wirken.
Finley erwiderte seinen Blick und entdeckte tatsächlich etwas wie Schmerz in den dunklen Tiefen seiner Augen. Hatte sie ihn tatsächlich verletzt? »Jack, ich …«
»Keine Sorge, Schätzchen. Ich weiß, wie es in der Welt läuft.«
Dann wirbelte er sie so schnell und anmutig auf der Tanzfläche umher, dass ihr schwindlig wurde und sie sich fühlte, als könnte sie gleich von der Erde abheben und davonschweben. Plötzlich aber hielt er inne. Sie prallte gegen ihn und hätte fast das Gleichgewicht verloren. Nur seine starken Arme hielten sie aufrecht.
Er blickte ihr tief in die Augen. »Finley Jayne, ich spiele dieses Spiel mit, weil ich glaube, dass Sie es wert sind, aber Sie sollten es nicht übertreiben. Haben Sie verstanden? Eines Tages müssen Sie sich entscheiden.«
Mit einem leeren Gefühl im Bauch starrte sie ihn an. Sie hatte verstanden, war zugleich aber auch verwirrt. Wofür hielt er sie eigentlich? Sie öffnete den Mund und wollte widersprechen oder sich verteidigen, brachte aber kein Wort heraus. Unter der Maske lächelte Jack ironisch. Dann war der Walzer vorbei, und er führte sie von der Tanzfläche. Zwischen ihnen herrschte drückendes Schweigen.
»Es tut mir leid«, sagte Finley schließlich.
Jack betrachtete sie. »Was denn, Schätzchen?«
Sie zuckte zusammen, als er so freundlich fragte. »Dass ich Ihnen wehgetan habe, womit auch immer.«
»Mir wehgetan? Ich bin Jack Dandy, meine Liebe. Ich bin einer der kältesten, finstersten Schweinehunde in ganz London, wussten Sie das noch nicht? Mir tut nichts weh, also zerbrechen Sie sich deshalb nicht den hübschen kleinen Kopf.«
Finley fühlte sich entsetzlich und wandte sich ab. Wie es der Zufall wollte, fiel ihr Blick auf Griffin.
Griffin wollte sich sofort umdrehen, als sich ihre Blicke kreuzten, doch er konnte es nicht. Wie gebannt starrte er Finley an und hatte das Gefühl, etwas zu beobachten, das ihn nichts anging und das er nicht sehen sollte.
Im Augenblick lief es zwischen Finley und Dandy anscheinend nicht so gut. Er war kleinmütig genug, um sich ein wenig darüber zu freuen, konnte der Tatsache, dass Finley traurig war, jedoch nichts abgewinnen. Gern wäre er zu ihr gegangen und hätte sie Dandy weggenommen, doch er hatte eine Begleiterin, die seine Aufmerksamkeit verlangte. Es wäre unhöflich, die junge Zirkusartistin einfach stehen zu lassen, und außerdem sollte gleich die Hauptattraktion des Abends beginnen.
Da spürte er es – eine Störung im Äther. Wie ein leichter Wellenschlag oder ein Kribbeln im Nacken, das ihm einen Schauer über den Rücken jagte. Er sah sich um und entdeckte einen dürren kleinen Automaten mit einem Serviertablett, der auf Finley und Dandy zuhielt. Die Bewegungen waren ruckartig, aber zielstrebig, als hätte er sich noch nie auf diese Weise bewegt. Er langte nach Finley …
»Nein!«, rief er und sprang los. Jeder Gedanke an Höflichkeit und Schicklichkeit war verflogen. Er drängte sich durch die Menge, um sie möglichst schnell zu erreichen.
Zu spät. Der Automat hatte sie schon an der Kehle gepackt.
Die Zeit schien sich zu verlangsamen, seine Wahrnehmung veränderte sich. Er sah die lodernden Auren der Menschen und die Umgebung durch den Schleier des Äthers. Finleys doppelte Aura flackerte hell und dunkel – ihr anderes Selbst kam zum Vorschein. Dandy wollte den Automaten abwehren, Jasper hatte schon die Pistole gezogen und stürmte zusammen mit Griffin los. Der Cowboy würde nicht schießen, wenn es nicht unbedingt sein musste. Es war viel zu leicht, einen Fehler zu begehen und Unbeteiligte zu verletzen oder zu töten.
Inzwischen hatte Finley den dürren Metallarm gepackt, der ihr die Kehle zudrückte. Ein normaler Mensch hätte nicht genug Kraft gehabt, doch Finley war kein normaler Mensch. Sie brach den Arm am Ellbogengelenk ab und riss sich die Hand der Maschine vom Hals.
Dann hielt sie den Metallarm an der Hand und am Handgelenk fest und prügelte damit auf die Kontrolltafel des Automaten ein. Die übrigen Besucher kreischten und rannten los wie verschreckte Gazellen. Sie hatten Angst, die nächsten Opfer der Maschine zu werden, und stürmten blindlings zum nächsten Ausgang.
Finley hatte die Maschine inzwischen mit deren
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