Das Maedchen mit dem Stahlkorsett
einer antiken Skulptur. Finley wusste den Anblick durchaus zu schätzen, hatte aber nicht dieses eigenartige Flattern im Bauch, das sie oft in Griffs Nähe verspürte.
Sie war froh, dass sie einen kurzen Rock, ihr Korsett, ein Unterhemd und Stiefel trug. So hatte sie viel Bewegungsfreiheit.
Jasper lehnte lässig an einem Seilspanner, als täte er den ganzen Tag nichts anderes. »Sie haben gewettet«, flüsterte er verschwörerisch und deutete auf Emily und Sam.
»Wirklich?«, staunte Finley. »Ich dachte, das wäre nur eine freundschaftliche Trainingsrunde.«
»Ich auch«, meinte Jasper. »Es scheint, als hätten deine Freunde andere Vorstellungen.«
Es gefiel Finley, dass er sie in den Kreis der Freunde einbezogen hatte, auch wenn sie nicht so naiv war, es ganz und gar für bare Münze zu nehmen. Im Augenblick war sie nur ein Gast, eine Streunerin, die Griffin aufgelesen hatte, weil er sie verletzt und danach Schuldgefühle entwickelt hatte. Es war ihr lieber, wenn sie sich die Achtung der anderen verdiente, statt sie einfach geschenkt zu bekommen.
Jasper bandagierte erst seine und dann ihre Hände mit dünnem Stoff. »Das schützt die Knöchel«, erklärte er und riss einen Streifen mit den Zähnen ab. »Außerdem saugt es den Schweiß auf.«
»Oder das Blut«, ergänzte sie.
Jasper blickte sie an. In den Haselnussaugen blitzte echte Belustigung. »Oder das Blut«, bestätigte er. »Hoffentlich vergießen wir nicht zu viel davon.«
Finley zuckte mit den Achseln. »Meine Wunden verheilen schnell.«
Jasper lachte. »Meine nicht.«
Sie nickte in Richtung der Zuschauer. »Emily kann das in Ordnung bringen.«
Der Cowboy sah sich rasch über die Schulter um. »Emily kann alles in Ordnung bringen.« Zum ersten Mal, seit sich Finley in diesem Haus befand, hatte er vollkommen ernst geklungen. Und es war unverkennbar, dass sich Emily über das Lob freute, während Sam dunkelrot anlief.
Ein Liebesdreieck , dachte Finley. Wie dramatisch. Sie blinzelte. Sarkasmus lag ihr gewöhnlich nicht. Griffins Experiment hatte tatsächlich gewirkt: Ihre beiden Seiten fügten sich zusammen.
Sobald sie bandagiert und bereit war, zeigte Jasper Finley die Grundlagen des Kung-Fu und Jiu-Jitsu. Er führte ihr verschiedene Grundstellungen vor, die wirkungsvollere Angriffe ermöglichten, erklärte ihr, wie sie es zuwege brachte, sich selbst nicht stärker zu verletzen als den Gegner, und wies sie darauf hin, wie wichtig die Beinarbeit war. Jetzt offenbarte er ihr auch, dass seine besondere Fähigkeit darin bestand, sich extrem schnell bewegen zu können. So schnell, dass es einem vor den Augen verschwamm. Finley hatte keine Angst, sie war nur aufgeregt und wollte sehen, was Jasper vollbringen konnte. Ebenso dringend wollte sie herausfinden, was in ihr selbst steckte.
Sie begannen langsam, Jasper gab ihr immer wieder Anweisungen und lockte sie aus der Reserve, während sie durch den Ring tänzelten. Wenn Finley etwas richtig machte, lobte er sie, und wenn sie Fehler machte, hielt er inne und erklärte es ihr.
»Achte immer auf deine Verteidigung«, ermahnte er sie. »Ein gemeiner Gegner zielt auf die Punkte, die dich am schnellsten auf die Bretter schicken – den Kopf, den Bauch und den Unterleib.«
Kaum hatte er ihr die Stellen genannt, da überkam Finley ein boshafter Impuls. Sie ließ einen Schwinger auf seinen Bauch los – so hinterhältig, seine tiefer liegenden Körperteile zu attackieren, war sie dann doch nicht. Jasper hatte es anscheinend geahnt, denn er wich blitzschnell aus. Immerhin grinste er sie an.
»Genau«, sagte er. »An diese Körperteile musst du denken, wenn dir ein Kerl auf die Pelle rückt. Pass nur auf, dass er dich nicht zu früh durchschaut.« Wie um dies zu beweisen, tippte er ihr mit den Knöcheln gegen das Kinn. »Jetzt hätte ich dich erwischt.«
Ein paar Minuten später atmeten sie etwas schneller, und Finley bekam das Gefühl, endlich den Rhythmus dieses eigenartigen Tanzes begriffen zu haben. Ihr Ohr brannte von einem Schlag, dem sie nicht rechtzeitig ausgewichen war, doch auch Jaspers linke Wange glühte nach einem ihrer Hiebe, die das Ziel gefunden hatten.
»Los jetzt, Mädchen!«, rief Emily. Der Blutrausch verstärkte ihren irischen Akzent. »Schick ihn auf die Matte!«
Finley grinste ihren Gegner an, der auf die gleiche Weise reagierte. Er griff an, doch sie duckte sich instinktiv und drosch ihm die Faust in den angespannten Bauch. Die asiatischen Kampfformen waren vergessen und einer
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