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Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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plötzlich einen versteinerten Ausdruck angenommen.

92
    E s war fast Mitternacht. Sie hatte gewusst, dass er kommen wür de. Etwas an seiner Art unten beim Admiral hatte ihr verraten, dass er seine Fragen nur vor den anderen zurückgehalten hatte.
    Er hatte nicht einmal geklopft, sondern war einfach hereingekommen. Als er wahrnahm, dass sie nur mit einem leichten Umhang über ihrem Hemd und geöffnetem Haar am Feuer vor dem Kamin stand, zögerte er kurz. Doch dann schloss er hinter sich die Tür.
    Er verschränkte die Arme übereinander und sah sie an. »Stimmt es, was du dem Admiral vorhin erzählt hast?« In seiner Stimme lag eine gefährliche Ruhe.
    Madeleine zog den Umhang um ihre Schultern enger. Sie fröstelte plötzlich trotz des Feuers. »Du glaubst mir nicht?«, entgegnete sie, statt ihm zu antworten.
    Seine grüngrauen Augen fixierten sie. »Ich kenne die Guise. Mein Bruder Jacques würde noch leben, wenn es sie nicht gäbe. Weißt du, wem ich die Narbe hier verdanke? Ihnen!« Etwas Dunkles loderte in seinem Blick, als er einen Schritt auf sie zukam. »Ich weiß, dass die Guise ebenso mächtig und skrupellos wie gefährlich und grausam sind, aber eins sind sie ganz bestimmt nicht – dumm! Es fällt mir schwer zu glauben, dass eine Gefangene, die ihnen wichtig war, auf diese Weise entkommen konnte!«
    Sie fühlte sich mit einem Mal wie ein in die Enge getriebenes Tier. »Willst du mir unterstellen, dass ich lüge, dass ich gar nicht bei den Guise war?«, erwiderte sie, und dabei wurde ihr bewusst, wie oft es zwischen ihnen schon diesen Wechsel von Fragen und Gegenfragen gegeben hatte, weil sie ihm nicht die Wahrheit sagen konnte.
    Er schwieg, und etwas an der unausgesprochenen Frage, die in seinen Augen lag, ließ sie begreifen, dass er ihr tatsächlich nicht glaubte. Madeleine merkte, wie ihr gegen ihren Willen die Tränen kamen. »Geh!«, bat sie ihn.
    »Nein!« Er wollte nach ihrem Arm greifen, doch sie wich aufgebracht zur Seite und drehte ihm den Rücken zu, sodass er nur noch den Stoff ihres Umhangs und des Hemds zu fassen bekam. Ein unschönes reißendes Geräusch war zu hören, und Madeleine spürte einen kalten Luftzug an ihrer Schulter. Hastig versuchte sie den Stoff wieder hochzuziehen, aber es war schon zu spät.
    Fassungslos starrte Nicolas sie an. Seine Hand sank nach unten. »Mein Gott, Madeleine«, kam es tonlos über seine Lippen.
    »Geh!«, stieß sie erneut hervor und hasste sich für die Tränen, die über ihre Wangen liefen.
    »Es tut mir leid. Ich wusste nicht …«, sagte er gebrochen.
    »Nein, ich will dein Mitleid nicht! Erspar mir diese Demütigung«, fuhr sie ihn an.
    Er blickte sie ungläubig an. Etwas in seinen Augen veränderte sich. Er baute sich vor ihr auf. » Mitleid? Verdammt, weißt du, was in den letzten Monaten in mir vorgegangen ist? Ich dachte, du wärst tot!«, brach es aus ihm heraus.
    Überrascht erkannte sie, wie wütend er war. Dann riss er sie plötzlich an sich und küsste sie.
    Es lag nichts Sanftes in diesem Kuss, sondern etwas Besitzergreifendes und Forderndes, ja beinah Zorniges und gleichzeitig so unerwartet Leidenschaftliches, dass es ihr den Atem nahm. Eine schmerzhafte Sehnsucht erfasste sie, als sie die Arme um ihn schlang und ihre Lippen die seinen suchten und seinen Kuss erwiderten. Sie fühlte durch den dünnen Stoff ihres Hemds seinen festen Oberkörper und seine Arme und spürte, wie seine Hände von ihrer Taille hinab zu ihren Hüften glitten und sie enger an sich zogen. Ihr Atem raste, als sich seine Lippen von ihrem Mund lösten.
    »Madeleine!«, murmelte er rau, bevor sein Mund weiter hinunter zu ihrer nackten Schulter wanderte.
    Eine brennende Erregung ergriff sie, die so stark war, dass sie erschrak und sich ihm gleichzeitig entgegendrängte. Ihre Finger fuhren durch sein Haar, über seine breiten Schultern und seinen Rücken, und sie nahm den herben Duft seiner Haut wahr.
    In seinen Augen zeigte sich ein dunkler hungriger Glanz, als er ihr ungeduldig den Umhang von den Schultern streifte und die Schnüre ihres Hemds löste. Sie stand nackt vor ihm. Einen Moment lang sah er sie einfach nur an. Dann hob er sie hoch und trug sie zum Bett.
    Ohne den Blick von ihr zu nehmen, entledigte er sich seiner eigenen Kleidung. Sein Körper, dem man die langen Jahre im Kampf und Krieg ansah, war sehnig und muskulös und sie kam sich im Vergleich zu ihm beinah zerbrechlich vor. Der Schein des Feuers spiegelte sich auf seiner bronzefarbenen Haut, als er

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