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Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht

Titel: Das Mädchen mit dem zweiten Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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dieser Armee ernannt. Das Beunruhigende daran war nicht nur, dass Henri d’Anjou jegliche militärische Erfahrung fehlte, sondern dass er darüber hinaus stark mit dem erzkatholischen Lager um den Kardinal de Lorraine sympathisierte.
    Vardes’ Blick blieb wieder an dem letzten Satz hängen. Alle Vorbereitungen sind zu treffen … Auch ohne dass Coligny, der ihm diese Zeilen gesandt hatte, es näher ausführte, war ihm die neue Bedrohung bewusst, mit der sich diese Situation plötzlich gegen sie selbst kehren konnte. Ein Heer von fremden Söldnern unter katholischer Führung befand sich im Land. Er dachte an den von ihnen allen gefürchteten Verdacht, dass man das Edikt von Amboise, das ihnen seit dem Friedensschluss vor vier Jahren eine begrenzte Ausübung des protestantischen Glaubens gestattete, widerrufen könnte.
    Anzeichen dafür gab es genug. Er riss seinen Blick von dem Stück Papier los. Er musste mit Ronsard und den anderen sprechen, bevor sie sich auf dem schnellsten Wege nach Châtillon begeben würden, wo der Admiral sie erwartete.

44
    M adeleine befreite die letzten Kirschen mit einem geschickten Schnitt von ihren Steinen und warf sie in die große Schüssel neben sich, in der sich bereits ein Berg der roten Früchte türmte. Sie sollten später für einen Kuchen verarbeitet werden. »So, das war’s«, sagte sie zu der Magd gewandt.
    Catherine nickte. »Danke!«, erwiderte sie und rang sich sogar ein Lächeln ab. Das Eis zwischen den beiden jungen Frauen war etwas gebrochen, nachdem Madeleine bei ihrer Rückkehr in die Küche der Magd nochmals ihre Hilfe angeboten hatte, die diese schließlich zögernd angenommen hatte. »Madame Maineville wird das aber bestimmt nicht gerne sehen!«, hatte Catherine zuvor eingewandt.
    »Sie muss es ja nicht erfahren«, hatte Madeleine zurückgegeben, sich einfach ein Messer genommen und angefangen zu arbeiten. In den letzten beiden Stunden hatte sie Berge von Gemüse geputzt und mehrere Schüsseln Kirschen entsteint.
    Madeleine blickte auf ihre verschmutzten Finger, an denen der rote Fruchtsaft klebte.
    »Draußen im Hinterhof steht ein Wasserfass, da kannst du deine Hände waschen«, sagte Catherine und deutete, während sie den Brotteig knetete, mit dem Ellbogen zu einer Tür auf der anderen Seite der Küche.
    »Danke!« Madeleine erhob sich und trat nachdenklich nach draußen. Ihr seltsames Gespräch mit Nicolas de Vardes geisterte ihr noch immer durch den Kopf. Nachdem sie in die Küche zurückgekehrt war, hatte sie durch das Fenster beobachtet, wie ein Reiter ihm im Hof einen Brief überreicht hatte. Die angespannte Miene des Boten verriet, dass es keine guten Nachrichten waren, die er zu übermitteln hatte.
    Während sie ihre Hände in das kalte Wasser tauchte, fragte sie sich, was in dem Schreiben wohl gestanden hatte.
    »Madeleine?«
    Sie hatte Ronsard nicht herankommen hören und drehte sich überrascht um, als er plötzlich vor ihr stand.
    Er schenkte ihr ein Lächeln, bevor er mit hochgezogenen Brauen ihr Dekolleté und das Oberteil ihres Kleides musterte.
    Madeleine blickte verwirrt an sich herunter und entdeckte, dass sich am Ausschnitt und auf ihrer Haut feine rote Sprenkel zeigten.
    »Ich hoffe doch sehr, dass es sich nicht um Blut handelt«, sagte Ronsard spöttisch, während seine Augen sich erneut auf ihr Dekolleté hefteten.
    »Aber nein. Das sind nur Kirschen«, erklärte sie verlegen, während sie ihre nassen Hände unauffällig hinter sich an ihrem Rock trocknete. Angesichts von Ronsards stets eleganter Erschei nung im seidenen Wams und mit gekräuseltem weißen Hemdkragen war ihr ihr eigener Aufzug doppelt peinlich.
    »Kirschen?«, erwiderte er. Dann lächelte er. »Du siehst gut aus. Etwas Schlaf und einige vernünftige Mahlzeiten scheinen Wunder zu wirken. Du bist kaum wiederzuerkennen!«, stellte er fest. Er beugte sich etwas zu ihr und wischte ihr mit einer aufreizend langsamen Bewegung einen der roten Spritzer, die sich auf ihre Wange verirrt hatten, mit dem Finger ab.
    Madeleine starrte ihn an – sie begriff durchaus, dass er nur mit ihr spielte und in der gleichen Weise mit ihr flirtete, wie er es auch mit Catherine und den anderen Mägden zu tun pflegte. Er gab ihnen das Gefühl, sie würden auf einer Ebene stehen, doch das taten sie nicht. Philippe de Ronsard war ein Edelmann von Stand – sie dagegen nur eine junge Frau einfacher Geburt. Unwillkürlich wich Madeleine ein Stück von ihm zurück. Er schien zu merken, was in ihr

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