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Das Maedchen mit den Schmetterlingen

Titel: Das Maedchen mit den Schmetterlingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Coffey
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bloß helfen könnte! Früher, als sie sich noch mehr um Tess kümmern musste, hatte er Ben angezogen und gefüttert. Immerhin schienen die Schlaftabletten zu wirken.
    Während Kate Ben am Spülbecken unsanft die Hände und das Gesicht schrubbte, erschien Tess an der Tür, fix und fertig angezogen und abfahrtbereit. Sie hatte sich selbst die Haare gekämmt und mit einem weißen Haarband zurückgebunden. Sie machte einen gefassten Eindruck, und Kate beschloss, kein Öl ins Feuer zu gießen und sie nicht zu fragen, was dieser Ausbruch eben zu bedeuten hatte. Stattdessen setzte sie
ein Lächeln auf und brachte den kreischenden Ben zur Tür, setzte ihn in den Lieferwagen und wartete vergeblich auf Tess. Entnervt stürzte sie wieder ins Haus zurück. Tess war weder in der Küche noch im Badezimmer, auch nicht in ihrem Schlafzimmer. Kate suchte im großen Kleiderschrank und im Schränckchen auf dem Flur, wo Tess sich manchmal versteckte, aber vergebens. Sie kehrte ins Schlafzimmer zurück und warf einen Blick unter Tess’ Bett, dann lief sie in die Küche und sah aus dem Fenster in den Innenhof, wo sie ihre Schwester entdeckte, die gerade dabei war, einen Zettel am Traktor zu befestigen.
    Sie riss das Fenster auf. »Was soll das, Tess?«
    »Das ist von mir, Kate, für Dermot«, erwiderte Tess ungerührt.
    Kate suchte nach den richtigen Worten, in der Hoffnung, dass Tess nichts über ihre Beziehung geschrieben hatte.
    »Was steht denn da drauf, Tess?«
    »Das ist persönlich.«
    Kate musste vorsichtig sein, aufgrund der Verspätung war ihre Schwester nicht in der besten Verfassung, und sie wollte keinen Wutanfall riskieren.
    »Steht da etwas über mich drauf, Tess?«
    Tess schluckte. »Ja.«
    »Möchtest du mir wenigstens verraten, was da über mich steht?« Kate bemühte sich ihren Ärger zu verbergen.
    Doch noch bevor Tess antworten konnte, hörte Kate den Lieferwagen aufheulen, fuhr, zu Tode erschrocken, herum.
    »Oh Gott, nein!«, schrie sie und rannte los, so schnell ihre zitternden Beine sie trugen. Ihr dämmerte, was da gerade passierte. Noch einmal heulte der Motor auf, als würde jemand mit Vollgas beschleunigen. Sie erreichte die Haustür konnte gerade noch sehen, wie Seán mit einem brüllenden Ben auf
der Rückbank davonbrauste. Kate schrie, so laut sie konnte. Seán drehte sich um, winkte ihr zu und lenkte den Lieferwagen laut lachend in Richtung Hauptstraße.
    Vom Lärm aufgeschreckt stand Tess verstört und wie gelähmt im Hof, als Kate verzweifelt hinter dem langsam kleiner werdenden Lieferwagen herschrie.
    Tess versteckte sich im Wohnzimmer hinter dem Sofa. Sie hörte Kate telefonieren, schaukelte hin und her und summte leise und ängstlich vor sich hin. Kate hatte die Polizei verständigt und versucht, sich zumindest so weit wieder zu beruhigen, dass sie das Kennzeichen und eine Beschreibung des Lieferwagens durchgeben konnte. Dann rief sie Dermot an, der unbedingt sofort selbst losfahren und nach Seán suchen wollte, in der Hoffnung, ihn noch auf der Hauptstraße abzufangen. Schließlich hinterließ sie eine völlig panische Bitte um Rückruf auf Deirdre O’Connells Anrufbeantworter, und als sie nichts weiter tun konnte, brach sie wie ein Häufchen Elend zusammen und lag hemmungslos schluchzend auf dem Küchenfußboden.
    »Bitte, lieber Gott, lass nicht zu, dass er Ben etwas antut, bitte! Bitte, Gott im Himmel, bring Ben wieder gesund nach Hause! Bitte, Mammy, wenn du mich hörst, hilf Ben! Oh Gott, was soll ich bloß machen? Was soll ich bloß machen?«
    Tess kroch aus ihrem Versteck, ging in die Küche und nahm ihre in Tränen aufgelöste Schwester in den Arm. So saßen sie auf dem Küchenfußboden, ohne ein Wort zu sagen. Nach einer Weile wurde es Tess in Kates Umklammerung unbehaglich, obwohl ihr klar war, dass Kate diese Umarmung brauchte. Sie befreite sich und kehrte wieder in ihr Versteck hinter dem Wohnzimmersofa zurück, wo sie ausharrte, bis das Polizeiauto unter ohrenbetäubendem Sirenengeheul vorfuhr.

    An der Hauptstraße lenkte Seán den verbeulten Lieferwagen nach links, Richtung Knockbeg. Kate dachte bestimmt, dass er nach rechts unterwegs ins Dorf war. In Knockbeg würde garantiert niemand nach ihm suchen, weil sie alle glaubten, dass Kates Idiot von Bruder, Sohn einer Hure und Gott weiß von welchem Vater, zum Saufen direkt in sein Heimatdorf fahren würde. Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, war, dass sein Bruder auf dem Rücksitz saß. Was sollte er mit Ben machen, solange er im

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