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Das Maedchen mit den Schmetterlingen

Titel: Das Maedchen mit den Schmetterlingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Coffey
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Ohr. »Ich rate Ihnen dringend - auch zum Wohle Ihrer Angehörigen -, nicht mehr ihre Nase in meine Angelegenheiten zu stecken. Haben Sie mich verstanden?«, flüsterte er.
    Sam trat einen Schritt zurück und versuchte, seine Hand aus McCrackens Umklammerung zu lösen. Er überlegte, ob er ihm nicht schlagfertig übers Maul fahren sollte, aber ihm war klar, was es bedeutete, wenn dieser Rechtsanwalt, der sich mit dem Gesetz auskannte, ihn bedrohte: Er hatte etwas Wichtiges zu verbergen, etwas sehr Wichtiges und vielleicht sogar sehr Gefährliches.
    »Ja, ich hab verstanden«, sagte er leise und wollte nur noch mit heiler Haut das Büro verlassen. Nachdenken konnte er später wieder.
    »Gut«, erwiderte McCracken langsam und lockerte ebenso langsam seinen Griff um Morans Hand. Er machte die Tür auf, gab den Weg frei und sah Moran hinterher, der sich vor dem Verlassen des Gebäudes noch einmal gehetzt umwandte.
    Irgendetwas in McCrackens Auftreten hatte den Dubliner, der sich eigentlich nicht so leicht einschüchtern ließ, völlig verstört. Sam hatte das Gefühl, auf irgendetwas gestoßen zu sein, wusste aber nicht, was. Als er auf die Straße hinaustrat, war ihm übel und ein wenig schwindelig, und er blieb einen Augenblick stehen, um das schmutzige Wasser des Liffey zu seinen Füßen zu betrachten. Es war kurz vor drei, und eigentlich sollte er für Talbot noch einen Artikel über illegale Müllkippen
verfassen. McCracken hatte ihn bedroht, kein Zweifel, was ihn aber keineswegs abschreckte, sondern im Gegenteil in eine angespannte Erregung versetzte. Die ganze Geschichte war vermutlich noch viel spektakulärer, als er gedacht hatte.
    Sam beschloss, noch auf einen Drink in Dublin zu bleiben, und setzte sich in eine abgelegene Nische im Finnegan’s, um sich alles in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. McCracken hatte ihm Angst eingejagt, und er musste mehr über den Mann erfahren, mit dem er es hier zu tun hatte. Nach den Ereignissen im Büro des Rechtsanwalts hätte er eigentlich seine Arbeit an der Geschichte einstellen und Talbot mitteilen müssen, dass seine Recherchen im Sand verlaufen waren, aber er beschloss, weitere Nachforschungen über McCracken anzustellen. Er musste sich vergewissern, dass McCracken ihm nicht trotzdem die Hölle heiß machte, auch wenn er den Artikel nicht weiterverfolgte. Möglicherweise war das Ganze sogar ein Bluff, was er eher bezweifelte. Sam verfügte immer noch über ein paar Kontakte nach Dublin, besonders in die nicht ganz so gesetzestreuen Kreise, in denen er aufgewachsen war. Er bog in die Moore Street ein, eine Straße, in der er alles gelernt hatte, was man über das Leben wissen musste, eine Straße, wo er seine erste Brieftasche geklaut hatte, nur um eine Tracht Prügel von seinem Vater zu beziehen, an die er sich bis heute lebhaft erinnern konnte. Sein Vater hatte ihn auch gezwungen, die Brieftasche unter heftigem Erröten seinem Besitzer wieder auszuhändigen. Die vertraute Umgebung deprimierte ihn. Er blickte in die bekannten Gesichter von Menschen, die trotz härtester Arbeit bei Wind und Wetter genauso arm waren wie früher, immer auf der Hut vor der Polizei, um rechtzeitig unterzutauchen, wenn sie keine Händlerlizenz vorweisen konnten. Am Ende der Straße traf er, wie
erwartet, auf seinen alten Freund Rabbit Flanagan, der seinen Spitznamen vermutlich seiner Fähigkeit zu verdanken hatte, blitzschnell zu verschwinden, wenn die Polizei auftauchte. Rabbit war von einem Ehepaar mit elf eigenen Kindern adoptiert worden. Aufgrund seiner großen Ähnlichkeit mit den übrigen Familienmitgliedern hielt sich hartnäckig das Gerücht, er sei das uneheliche Kind der ältesten Tochter, die in England Arbeit gefunden hatte und nie wieder aufgetaucht war. Moran vergeudete keine wertvolle Zeit mit Höflichkeiten und sah, wie Rabbits Blick wachsam hin und her wanderte, mit seiner wilden, roten Mähne wirkte er dabei geradezu komisch. Sam unterrichtete ihn über das Nötigste. Rabbit blickte sich um, ob sie auf der belebten Straße belauscht wurden, und Sam fand, dass sein Freund es mit dem Spionagedrama ein wenig übertrieb.
    »Mein Gott, Moran, lass die Finger weg von diesen Typen. Die hau’n dir eins in die Fresse, wenn du ihn’n in die Quere kommst!«, sagte Rabbit. Sein zwergenhafter Körper war hinter dem Verkaufsstand fast verschwunden.
    »Was für Typen meinst du überhaupt?« Immer, wenn Sam sich in dieser Gegend aufhielt, verfiel er wieder in seinen Dubliner

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