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Das Maedchen mit den Schmetterlingen

Titel: Das Maedchen mit den Schmetterlingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Coffey
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als sei ihr der Leibhaftige begegnet.«
    Am liebsten hätte Dermot Kates Onkel eine freche Antwort gegeben oder, noch besser, ihm bedeutet, dass ihn das einen Dreck anginge, aber er konnte sich beherrschen.
    »Nein, Jimmy. Eine kleine Reifenpanne, sonst nichts. Bin gleich wieder da.«
    Dermot entdeckte Seán im Massey’s, einem stillen Pub, der hauptsächlich von älteren Männern aufgesucht wurde, die die heruntergekommene Einrichtung und die dreckigen Gläser nicht störten. Der Besitzer war so kurzsichtig, dass er seine Kneipe nicht einmal mehr sauber halten konnte. Zum
Glück war es noch ganz ruhig. Am einen Ende des Tresens hockten zwei Männer, Seán saß alleine am anderen Ende. Vor ihm standen ein großer Whiskey und ein leeres Glas. Offensichtlich wollte er gerade die zweite Runde einläuten. Beiläufig schlenderte Dermot auf ihn zu und setzte sich neben ihn. Das Bier, das ihm der greisenhafte Barkeeper anbot, lehnte er ab.
    »Was willst du?«, schnauzte Seán ihn an.
    Er schien bereits betrunken zu sein, was Dermot unbegreiflich war.
    »Nicht so laut, Seán. Kate steht draußen. Sie macht sich wahnsinnige Sorgen um dich. Sie hat Tess mit Ben alleine gelassen und muss nach Hause. Was meinst du, kommst du mit mir mit? Deine Hand da muss versorgt werden.«
    Seáns Hand blutete nicht mehr, und das Handtuch, das er um die Wunde gewickelt hatte, klebte an dem getrockneten Blut. Er wollte aufstehen, taumelte rückwärts und konnte sich mit der unverletzten Hand gerade noch abstützen. Dermot, der davon ausging, dass Seán seiner Aufforderung folgen wollte, streckte ihm die Hand entgegen, als dieser das Gleichgewicht wiederfand und einen linken Haken auf Dermots Unterkiefer landen ließ. Dermot hatte nicht damit gerechnet und prallte gegen den Tresen. Die beiden Alten nahmen das kostenlose Unterhaltungsprogramm amüsiert zur Kenntnis und rührten sich nicht. Dermot wollte Seán festhalten und war erstaunt, welche Kräfte der schmächtige Mann entwickelte. Seán schlug wild um sich und zielte mit der verletzten Hand nach Dermot, der ihm mittlerweile den gesunden Arm auf den Rücken gedreht hatte. Seán verzog vor Schmerzen das Gesicht, und Dermot lockerte seinen Griff, woraufhin Seán seine Hand befreite und Dermot erneut einen Schlag versetzte, der ihn auf den verdreckten Kneipenfußboden streckte.
Dermot rappelte sich auf, nahm Seán ins Visier und schätzte die Lage ein. Mit Argumenten konnte er ihn nicht mehr zur Vernunft bringen, also musste er ihn überwältigen. Die Vorstellung, einem kranken Mann körperliche Gewalt anzutun, war ihm unangenehm, aber es blieb ihm nichts anderes übrig. Er warf sich auf Seán und schlug ihn mit einem harten Kinnhaken zu Boden.
    Als Dermot dem benommenen Seán wieder auf die Beine half, applaudierte einer der beiden Alten: »Genau, so ha’m wir das zu meiner Zeit auch gemacht, Junge. Morgen tut ihm bestimmt höllisch der Kiefer weh, bei Gott!« Dann griff er nach seinem Bier und widmete sich dem Schwarz-Weiß-Fernseher in einer Ecke unter der Decke. Das Angelus-Gebet hatte gerade angefangen, und gleich kamen die Sechs-Uhr-Nachrichten.
    Kate musste kreidebleich mit ansehen, wie Dermot den blutenden Seán in den Lieferwagen beförderete. Dermot begleitete die beiden nach Hause - er würde sich den Lieferwagen ausleihen müssen, um zurück ins Dorf zu kommen, und würde ihn dann morgen früh wieder zurückbringen. Eine weise Entscheidung, wie sich herausstellte, denn auf halber Strecke kam Seán langsam zu sich, fuchtelte mit den Armen und versuchte, ins Lenkrad zu greifen. Dermot musste an den Straßenrand fahren und Kate das Steuer überlassen, um sich zwischen Seán und sie zu setzen, in der Hoffnung, dass sein massiger Körper Seán von weiteren Dummheiten abhielt. Nach einigen genuschelten Widerworten nickte Seán in seinem Rausch ein, und Kate und Dermot fuhren schweigend weiter. Erst langsam wurde ihnen klar, wie verheerend die Situation jetzt war. Seán würde nie mehr gesund werden, und sie fragten sich beide, wie sie in Zukunft mit ihm zurechtkommen sollten.
    Auf dem Hof half Dermot Seán aus dem Auto, während
Kate ins Haus lief um Tess zu warnen. Sie wusste, wie sehr sich ihre Schwester vor Blut ekelte.
    Tess stand immer noch im Flur, seit fast einer Stunde, nur unterbrochen von einigen wenigen Versuchen, Ben zu beruhigen, der jetzt endlich auf dem Küchenboden eingeschlafen war. Mehrere Male war sie versucht, ihn zu zwicken, damit er Ruhe gab, aber sie wollte ihm

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